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Fuhrpark elektrifiziert: Wie ein Pflegedienst das Lademanagement hinbekommt

21.07.2024 12:05 Uhr | Lesezeit: 3 min
Corina Höbel und Stephanie Wißmann (Geschäftsführerin) setzen auf Stromer.
© Foto: Annemarie Schneider

Der Pflegedienst hat fast seine komplette Flotte in einem Schwung auf E-Autos umgestellt. Die Krux dabei: Das Laden erfordert eine neue Form der Tourenplanung. Wie gut gelingt dies in der Praxis?

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Die öffentliche Aufmerksamkeit war der PAW (Protestantische Altenhilfe Westpfalz) - Ökumenische Sozialstation Kaiserslautern Ende 2021 sicher, als sie 18 von 22 Kleinwagen mit Benzinmotor im Fuhrpark durch Opel Corsa-e ersetzt hat. Die regionalen Zeitungen berichteten. Neugierige Anwohner und Kunden sprachen die Belegschaft auf die Elektrifizierungsoffensive an. "Wir waren der erste Pflegedienst in der Stadt, der auf E-Autos umgestellt hat", begründet Geschäftsführerin Stephanie Wißmann diesen Schritt.

Der Imagepush war für sie und Corina Höbel, die den operativen Part des Fuhrparks und die Tourenplanung managt, nur ein erfreulicher Nebeneffekt. Für die Transformation haben vielmehr die Förderungen, steigende Kraftstoffpreise und das Einsatzgebiet gesprochen, das sich auf die Stadt und einige Stadtteile konzentriert.

Die eingesetzten E-Corsa mit einer Akku-Kapazität von 50 Kilowattstunden (kWh) und mit 136 PS Leistung kommen auf eine offizielle WLTP-Reichweite von mehr als 300 Kilometer. Im Falle der Sozialstation reicht eine volle Ladung durchschnittlich für echte 280 Kilometer. Das genügt auch für die längste Tour einer Schicht. An vier Opel Adam (seit 2019 nicht mehr zu haben) mit Benzinantrieb hält die Geschäftsführerin der gemeinnützigen Gesellschaft allerdings als Pufferfahrzeuge fest.


Opel Corsa Facelift (2024)

Opel Corsa Facelift fahrend in Frankfurt mit Fahrer und Cockpitansicht Bildergalerie

Kosten-Nutzen der E-Autos

Die Stromer sind wie die vorherigen Verbrenner für vier Jahre mit einer Gesamtlaufleistung von 50.000 Kilometern bei der Deutschen Leasing geleast. Denn die Fachkräfte absolvieren seit Jahren konstant etwa 800 Kilometer täglich mit den Fahrzeugen. Das Paket schließt außerdem Wartung & Verschleiß, Räder und Reifen, Schadenmanagement, GEZ, Kfz-Steuer und Führerscheinkontrolle ein. Kfz-Versicherung sowie das Laden respektive Tanken verbleiben im Haus.

In die Finanz-Leasingrate der E-Pkw sind noch der Umweltbonus als Sonderzahlung sowie der Herstellerzuschuss als Nachlass eingeflossen. Trotzdem zahlt der Pflegedienst pro Fahrzeug für die Gesamtrate etwa 35 Euro mehr im Monat. Corina Höbel gibt zu bedenken: "Die Autos bieten aber mit den Kameras und vielen anderen Komponenten im Vergleich zu den jeweiligen Vorgängern eine deutlich höherwertige Standardausstattung." Zugleich dämpfen die neuen die Verbrauchskosten.

Stephanie Wißmann schätzt den Vorteil auf 15 bis 20 Prozent gegenüber Benzinern bei den aktuellen Kraftstoffkosten. Dabei hat sie die jüngste Preiserhöhung der Stadtwerke für den Strom einberechnet, die mit zusätzlich rund 100 Euro pro Monat zu Buche schlägt. Nichtsdestotrotz hofft die Geschäftsführerin, dass sich das Laden nicht weiter verteuert. Sie begründet: "Seit Ende 2021 hat die Steigerung bereits rund 40 Prozent betragen."

Holprige Anlaufphase

Überhaupt ist die bereitstehende Ladeinfrastruktur ein Aspekt, der den beiden Entscheiderinnen lange Kopfzerbrechen bereitet hat. Das begann mit der Anlieferung der Kfz, die direkt vom Transport-Lkw runter zum Einsatz kamen. Zu diesem Zeitpunkt waren die vier Ladestationen mit je zwei Ladepunkten zwar schon installiert, haben aber beim Laden für massive Schwierigkeiten gesorgt.

"Schuld daran war das Lademanagement, bei dem die Master-Box die Fahrzeuge während des Ladevorgangs ab- und nicht wieder angestellt hat", erzählt Höbel. Und die Fahndung nach der Fehlerquelle dauerte. Folge laut Höbel: "Die Wallboxen wurden bei einer Leistung von 11 kW pro Ladepunkt auf Stand-alone geschaltet, sodass wir die Fahrzeuge jeden Tag zu unterschiedlichsten Zeiten umstellen mussten, um genügend Strom gespeichert zu haben und einsatzbereit zu sein." Hintergrund: Die Pflegekräfte müssen nun im Zwei-Schicht-System mit unterschiedlich langen Wegen ständig die Autos wechseln.

Infolgedessen waren nicht nur die Geschäftsführerin und Höbel permanent am Umstecken, sondern auch die Ansprechpartner im Opel-Autohaus eilten zur Hilfe. Teilweise haben sie die Kfz mit in den Betrieb genommen und dort angeschlossen. "Die Dienstleistungen des Opel-Händlers waren der Grund, weshalb wir den E-Corsa gewählt haben. Und in dieser Situation hat sich gezeigt, dass es die richtige Entscheidung war", betont Höbel.

Erst nach etwa sechs Monaten kam man der Sache auf den Grund. "Man sagte uns, dass der Elektriker beim Verlegen alle Stromleitungen mit einem Kabelbinder zusammengelegt hat, was zu Störsignalen und dadurch zu Fehlschaltungen geführt hat", so Höbel. Für die Ladeinfrastruktur auf einem abgesperrten Parkplatz nur wenige Meter von der Zentrale, der von einem Wohngebäude überdacht ist, hat die Sozialstation etwa 24.000 Euro investiert. Da der Einbau auf einem angemieteten Areal stattfand, gab es keine Förderung. Zudem ist der maximale Platz für Ladestationen ausgeschöpft. "Der Zubau weiterer Wallboxen ist dort leider nicht mehr möglich", sagt Wißmann. Frei zugängliche Ladestationen schließt sie aus Sorge vor Sachbeschädigung aus. Daher ist weiterhin ein straffes Lademanagement gefordert.

Neue Tourenplanung

Gepaart mit dem Tohuwabohu zu Beginn der Umstellung hat das zu einer neuen smarten Tourenplanung geführt. Corina Höbel greift dazu auf das Flottenmanagement-Tool Free2move Connect Fleet zurück. Hierüber sieht die Bürokauffrau unter anderem den Standort des Fahrzeugs, dessen Lade- und Kilometerstand und ob es gerade geladen wird. Diese Punkte sind bei 18 E-Autos und insgesamt acht Ladepunkten wichtige Informationen für die Disposition. Weitere Faktoren: die jeweiligen Strecken der Pflegekräfte, welche im Zwei-Schicht-Betrieb früh respektive nachmittags zu absolvieren sind. Danach richtet sich der Plan.


PAW-Ökumenische Sozialstation Kaiserslautern

Die PAW (Protestantische Altenhilfe Westpfalz) - Ökumenische Sozialstation Kaiserslautern gGmbH wurde 1976 gegründet. Sie beschäftigt ein 34-köpfiges Team, das vor allem klassische ambulante Pflege, Hauswirtschaftsdienste inklusive Einkauf, Schulung für Angehörige und Beratungseinsätze übernimmt. Die Fachkräfte betreuen aktiv zwischen 280 bis 300 Patienten.



Rotation am Ladepunkt

In der Praxis bedeutet das: Die acht über Nacht geladenen Corsa werden stets denjenigen morgens zugeteilt, die größere Touren zurücklegen. Sie nehmen die Fahrzeuge von den Wallboxen und parken nach Beendigung der Arbeit auf den benachbarten Stellplätzen ohne Ladestation. Diese nutzen dann Mitarbeiter mit kürzeren Strecken entweder nachmittags oder am nächsten Morgen.

Anschließend kommen die leeren Dienstwagen wieder an die Steckdose. Nach diesem Rotationsverfahren hängen immer acht von ihnen an der Wallbox. Höbel ergänzt: "Manche Autos sind mal drei Tage unterwegs bevor sie wieder geladen werden." Zugleich muss sie immer flexibel bleiben und die Planung anpassen, wenn sich beispielsweise die Wege durch neue Patienten ändern. Reißen alle Stricke, stehen die Opel Adam bereit. Die Benziner fungieren vor allem als Einsatzmobile für reguläre Nachmittagsdienste.

Alles in allem hat die Sozialstation durch die erforderliche neue Tourenplanung mehr Transparenz gewonnen und auch den Fuhrpark von 24 um zwei Autos auf 22 Einheiten reduzieren können.

Mehr Pflege, mehr Stromer

Ob Stephanie Wißmann künftig wieder mehr Fahrzeuge aufnimmt, entscheidet die Nachfrage der Kunden. Diese sieht die Geschäftsführerin durch die Fusion mit der PAW zum 1. Januar dieses Jahres steigen.

Bei den Elektromodellen will sie in jedem Fall bleiben. In welchen Höhen sich die Leasingraten nach Wegfall des Umweltbonus bewegen, hat sie noch nicht recherchiert. Das steht Anfang des nächsten Jahres als Aufgabe auf ihrer Agenda.

Noch eine wichtige Veränderung brachte die Fusion: Künftig wird wohl der Einkauf mit der PAW gebündelt. Diese zählt rund 70 Fahrzeuge. Zusammen würden sie fast 100 Einheiten bei Verhandlungen in die Waagschale werfen.


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