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Mehrheitlich rechtswidrig

01.06.2016 06:00 Uhr

Dashcam-Aufnahmen, die im Internet oder zu Beweiszwecken vor Gericht verbreitet werden sollen, fallen unter das Datenschutzrecht, das Kunsturheberrecht und das Strafrecht.

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_ Die Technik der kleinen Kameras für unterwegs wird immer ausgereifter. Sie lassen sich an jedem beliebigen Ort im Fahrzeug mittels Saugnapf anbringen und zeichnen auf Wunsch des Nutzers den Verkehr auch dauerhaft über Stunden in Full HD oder Ultra HD auf. Selten sind die Aufnahmen nur für private Zwecke gedacht. Im Vordergrund steht meist das Teilen besonders gelungener Aufnahmen in sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram oder die Verwendung als Beweismittel nach einem Unfall. Das wirft für Unternehmen, deren Mitarbeiter Dashcams in Firmenwagen einsetzen, verschiedene Fragen auf.

Datenschutzrecht

Personenbezogene Daten sind nach § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) alle Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person. Darunter fallen auch Fotos und Videos, gleich ob diese konkrete Personen abbilden (zum Beispiel Fahrradfahrer) oder deren Fahrzeuge. Denn die Fahrzeuge lassen sich über das Kennzeichen und gegebenenfalls auch andere Merkmale (beispielsweise Lkw-Nummer und Werksangabe auf dem Aufbau) einem Halter und über diesen regelmäßig auch einem Fahrer zuordnen.

Das BDSG ist damit auf die Aufnahmen aus Dashcams anwendbar. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG erklärt das Datenschutzrecht nur ausnahmsweise für unanwendbar, wenn der Umgang mit den personenbezogenen Daten ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten erfolgt. Das ist aber nur der Fall, wenn die Aufnahmen nicht verbreitet werden. Auf die Art der Verbreitung - Facebook oder Gerichtssaal - kommt es dabei nicht an.

Ebenso wenig greift die Ausnahme, wenn die Dashcam in einem Flottenfahrzeug für betriebliche Zwecke des Arbeitgebers eingesetzt wird, zum Beispiel zur Kontrolle des Rangierfahrens.

Kunsturheberrecht

Neben dem Datenschutzrecht gibt es das sogenannte Kunsturheberrecht. Dieses verbietet in § 22 S. 1 Kunsturheberrechtsgesetz (KUG) die Verbreitung und das öffentliche Zurschaustellen von Bildnissen (gemeint sind - auch bewegte - Bildaufnahmen) ohne Einwilligung des Abgebildeten.

Ausnahmsweise ist das ohne Einwilligung nach § 23 Abs. 1 möglich, wenn es sich bei den Bildnissen um solche aus dem Bereich der Zeitgeschichte (beispielsweise der ICE-Unfall von Eschede 1998) handelt oder die abgebildeten Personen nur als Beiwerk neben einer "Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit" auftauchen.

Regelmäßig geht es bei der Verbreitung von Videos aus Dashcams aber gerade um die abgebildeten Personen beziehungsweise deren Verhalten, sodass eine Einwilligung zwingend erforderlich ist.

Strafrecht

Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe wird nach § 201a Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB) bestraft, wer eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt.

Das kann bei Aufnahmen von Unfällen sehr schnell der Fall sein, wenn dabei Personen ernsthaft verletzt werden und deshalb hilflos sind.

Ebenso kann nach § 201a Abs. 2 StGB bestraft werden, wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht. Auch das kann bei Dashcam-Aufnahmen der Fall sein, wenn etwa der Geschäftsführer beim Fluchen hinterm Steuer erwischt und das Video im Unternehmen verbreitet wird.

Zulässigkeit von Dashcam-Aufnahmen

Da auf Dashcam-Aufnahmen, die in sozialen Netzwerken oder zu Beweiszwecken verbreitet werden sollen, sowohl das BDSG, das KUG als auch das StGB anwendbar sind, sind Dashcam-Aufnahmen von Personen grundsätzlich nur mit Einwilligung der Abgebildeten zulässig. Auf die Frage, ob der Aufnehmende sein Handeln kenntlich machen muss, zum Beispiel mit einem großen Aufkleber "Achtung! Ich - [NAME, AN-SCHRIFT] - filme!", so wie dies § 6b Abs. 2 BDSG für Videoaufnahmen im öffentlichen Bereich verlangt, kommt es dann nicht mehr an, zumal bei einer nach vorne filmenden Dashcam der Hinweis sowieso für die Gefilmten kaum wahrnehmbar ist.

Nur dann, wenn die Aufnahme keine Person zeigt, sich also etwa auf ein Unfallgeschehen ohne Beteiligung Dritter beschränkt (zum Beispiel der Rangierunfall des Fahrers im Wagen mit der Dashcam), ist ausnahmsweise nur das BDSG zu beachten. Die Zulässigkeit richtet sich dann danach, ob der Aufzeichnende ein berechtigtes Interesse an der Videoaufzeichnung hat (§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG) respektive ob die Videoaufzeichnung zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses tatsächlich erforderlich ist (§ 32 Abs. 1 S. 1 BDSG). Dies sind Abwägungen im Einzelfall. An der Erforderlichkeit fehlt es aber immer dann, wenn die Videoaufzeichnung zu einer lückenlosen Überwachung eines Beschäftigten führt.

Aufsichtsbehörden und Gerichte

Der Düsseldorfer Kreis als Zusammenschluss der Aufsichtsbehörden im Datenschutz in Deutschland hat mit Beschluss vom 25./26. Februar 2014 die Nutzung von Dashcams zu Beweiszwecken als verboten erachtet. Das haben das Amtsgericht München (Urteil vom 13.8.2014, Az. 345 C 5551/14) und das Landgericht Heilbronn (Urteil vom 17.2.2015, Az. I-3 S 19/14) ebenso gesehen. Die permanente, anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs verstoße gegen das BDSG und das KUG. Genauso hat das Verwaltungsgericht Ansbach (Urteil vom 12.8.2014, Az. AN 4 K 13.01634) entschieden.

In einem Sonderfall haben das Amtsgericht Düsseldorf (Urteil vom 17.12.2014, Az. 24 C 6736/14) und das Amtsgericht Nürnberg (Urteil vom 8.5.2015, Az. 18 C 8938/14) dies anders bewertet. Dort war der Unfallverursacher auf der Aufnahme jeweils nicht zu sehen, weshalb die Gerichte die Videos zum Vorgeschehen des Unfalls als Beweismittel zuließen.

Ganz anders hat das Amtsgericht Nienburg dies in einem Strafverfahren (Urteil vom 20.1.2015, Az. 4 Ds 520 Js 39473/14) gesehen und die Dashcam-Aufnahme als Beweismittel zugelassen. Unzulässig sei nur die Verwertung von Dashcam-Aufnahmen als sogenannte Hilfssheriffs, die anstelle der Polizei privat den Verkehr überwachen. Im Übrigen sei im Rahmen einer Interessenabwägung das Interesse des Geschädigten an der Aufklärung des Unfalls höher zu gewichten als das Interesse des Verursachers an der Nichtverwertung des Videos. Dabei hat das Gericht jedoch das KUG nicht geprüft und fälschlicherweise auf § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG als datenschutzrechtliche Erlaubnis abgestellt, obwohl das hierfür erforderliche vertragliche Schuldverhältnis zwischen Unfallverursacher und Unfallopfer gar nicht vorlag.

Erhebliches Risiko für Fuhrparkbetreiber

Die Beispiele zeigen: Die Nutzung von Dashcams ist in den meisten Fällen rechtswidrig. Das gilt insbesondere auch für die Fälle, in denen die Aufnahmen aus Dashcams für den Arbeitgeber oder Fuhrparkbetreiber einen Mehrwert hätten, nämlich bei der Dokumentation von Unfallgeschehen oder Verkehrsordnungswidrigkeiten sowie als Beweismittel in arbeitsrechtlichen, behördlichen oder gerichtlichen Auseinandersetzungen. Auf die Nutzung von Dashcams sollte deshalb verzichtet werden.

Bislang ist ungeklärt, ob der Arbeitgeber oder Fuhrparkbetreiber für die eigenmächtige, rechtswidrige Nutzung von Dashcams durch seine Arbeitnehmer oder andere Nutzer der Fahrzeuge während der Arbeitszeit einzustehen hat. Datenschutzrechtlich dürfte zwar die Zuordnung der Aufnahmen zum Arbeitgeber oder Fuhrparkbetreiber ausscheiden, weil ihm die Herrschaft über die Videoaufnahmen fehlt. Zivilrechtlich wird sich der Arbeitgeber oder Fuhrparkbetreiber jedoch das Handeln der Nutzer seiner Fahrzeuge meist zurechnen lassen müssen.

Um eine eigene Haftung gegenüber Dritten zu vermeiden, sollte deshalb jede Car Policy um zwei Sätze ergänzt werden: "Die Nutzung von Dashcams in Dienstfahrzeugen ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Arbeitgebers/Fuhrparkbetreibers untersagt. Dies gilt auch bei der privaten Nutzung des Dienstfahrzeugs, soweit nach dieser Car Policy zulässig."

Sascha KremerFachanwalt für IT-Recht bei Login Partners, Pulheim, sowie externer Datenschutzbeauftragter, Datenschutzauditor und Lehrbeauftragter

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