_ Fahrer von Flottenfahrzeugen sorgen beim Halter regelmäßig für unliebsame Post von Ordnungsämtern oder Staatsanwaltschaften. Harmlos sind dabei Verwarnungen für das Falschparken. Ernst wird es hingegen bei Zeugenfragebögen für Ordnungswidrigkeiten wie Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Rotlichtverstößen mit drohendem Fahrverbot oder gar Vorladungen durch Polizei oder Staatsanwaltschaften wegen Verkehrsstraftaten.
Für den Halter stellen sich dann gleich zwei Fragen: Dürfen Daten zu Verkehrsverstößen der Fuhrparknutzer in der Personalakte gespeichert und ausgewertet werden? Und müssen Daten der Fuhrparknutzer auf Anfrage der Behörden herausgeben werden?
Datenschutzrecht beachten
Werden personenbezogene Daten durch Unternehmen erhoben, verarbeitet oder genutzt, ist das Datenschutzrecht zu beachten. Das ergibt sich bislang aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Ab dem 25. Mai 2018 ist vorrangig die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu beachten, die unmittelbar in Deutschland Anwendung findet. Ergänzt wird die DSGVO dann durch das BDSG-neu, was im Mai 2017 verabschiedet werden soll.
An den Grundsätzen des Datenschutzrechts ändert sich durch DSGVO und BDSG-neu nichts: Unternehmen dürfen mit personenbezogenen Daten nur umgehen, wenn es hierfür eine ausdrückliche Erlaubnis gibt. Diese kann sich entweder aus einem Gesetz, einer Betriebsvereinbarung/Dienstvereinbarung oder einer Einwilligung des Betroffenen ergeben, hier also des Fahrers, dem der Verkehrsverstoß vorgeworfen wird.
Allerdings wird kein Fahrer freiwillig dem Halter seines Fahrzeugs gestatten, über ihn eine Datei mit Verkehrsverstößen (oder Vorwürfen) anzulegen oder die Daten gar zur Verfolgung der Verstöße an Behörden weiterzugeben. Damit bleibt nur die Möglichkeit einer gesetzlichen Erlaubnis oder einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung.
Daten in der Personalakte
Den Halter trifft eine eigene Verantwortlichkeit für Straftaten im Straßenverkehr, die mit seinen Fahrzeugen begangen werden. Das gilt nicht nur bei Straftaten wie dem Fahren ohne Fahrerlaubnis oder trotz eines Fahrverbots, sondern auch bei anderen Verstößen. Lassen sich diese nicht aufklären, muss zwar nicht der Halter einspringen, er kann aber mit einer Fahrtenbuchauflage belegt werden. Deshalb sind zur Vermeidung der Halterhaftung geeignete technische oder organisatorische Vorsorgemaßnahmen zu treffen, zum Beispiel die Kontrolle der Führerscheine (siehe hierzu Coverstory ab S. 20).
Eine solche Vorsorgemaßnahme ist bei Pool-Fahrzeugen das Speichern der Daten der Nutzer in einer Tabelle, um später bei Verkehrsverstößen überhaupt den für das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung verantwortlichen Fahrer zu ermitteln. Wichtig ist jedoch, dass die Tabellen regelmäßig gelöscht werden. Wird die Tabelle nicht zu Abrechnungszwecken benötigt, ist eine Löschung nach drei Monaten sinnvoll, da hiernach nicht mehr mit Anfragen wegen Verkehrsverstößen gerechnet werden muss.
Speicherung als Schutzmaßnahme
Ebenso kommt auch das Speichern von Daten zu Verkehrsverstößen in der Personalakte und deren Nutzung als Schutzmaßnahme in Betracht. Begründet werden kann dies zunächst mit dem berechtigten Interesse daran, das Verhalten eines Fahrers im Verkehr nachzuvollziehen und gegebenenfalls auf den Fahrer einzuwirken, beispielsweise durch persönliche Ansprache, Fahrsicherheitstrainings oder - bei wiederholten Vorfällen - durch Abmahnung als Voraussetzung für eine Kündigung.
Ebenso kann die Speicherung und Nutzung von Daten zu Verkehrsverstößen mit dem konkreten Vorwurf begründet werden: Führt ein behördliches Schreiben zum Verdacht, dass der betroffene Fahrer zukünftig seine Fahrerlaubnis entzogen oder ein Fahrverbot auferlegt bekommen könnte, hat der Halter ein berechtigtes Interesse daran, die weitere Entwicklung nachzuhalten und zum Beispiel sich regelmäßig den Führerschein vorlegen zu lassen oder einen Nachweis des Arbeitnehmers darüber, dass das Verfahren ohne Ahndung beendet worden ist.
Ein Beispiel ist ein Verfahren wegen Überschreitung der Geschwindigkeit um mehr als 25 Stundenkilometer. Wird dieser Vorwurf innerhalb von zwei Jahren zu Recht zweimal erhoben, kann dies wiederum zu einem Fahrverbot führen. Weiß der Halter aber nicht (mehr), dass es bereits einen Verstoß gegeben hat, erkennt er das Risiko eines Fahrverbots beim betroffenen Fahrer schon gar nicht.
In den genannten Fällen gibt es keine schutzwürdigen Interessen der betroffenen Fahrer, die das Interesse des Halters an der Speicherung der Daten überwiegen könnten. Die Speicherung ist Folge eines dem Fahrer zurechenbaren Fehlverhaltens, was zu rechtlichen Nachteilen unmittelbar für den Halter führen kann. Hiergegen muss sich der Halter durch Speicherung und Nutzung der Daten schützen können.
Achtung: Gibt es im Unternehmen des Halters einen Betriebsrat, Personalrat oder eine Mitarbeitervertretung, bedarf das Verfahren zur Speicherung und Nutzung der Daten zu Verkehrsverstößen regelmäßig der Zustimmung. Solche Verfahren sind nicht nur geeignet, sondern ausdrücklich gedacht zur Kontrolle von Leistung und Verhalten der Fahrer, sodass ein zwingendes Mitbestimmungsrecht besteht.
Fahrerdaten an Behörden
Ist ein Zeugenfragebogen beim Halter eingegangen, kommt es regelmäßig zur Diskussion darüber, ob der Halter die Daten des betroffenen Fahrers überhaupt an die anfragende Behörde herausgeben darf. Schließlich käme es dadurch zu einer Übermittlung personenbezogener Daten des Fahrers, für die es eine Erlaubnis geben müsse. Eine solche Erlaubnis liegt jedoch auch dann vor, wenn es eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitteilung von Daten gibt.
Der Halter als Zeuge
Eine solche Verpflichtung besteht als Zeuge gegenüber der Staatsanwaltschaft. Der Halter wird durch seine Kenntnis davon, wer wann mit welchem Fahrzeug gefahren ist, auch zu einem Zeugen. Wird der Halter also durch die Staatsanwaltschaft befragt, führt kein Weg daran vorbei, die Angaben im Zeugenfragebogen wahrheitsgemäß zu machen und der Staatsanwaltschaft zu übermitteln. Einzige Ausnahme: Der Halter kann sich, zum Beispiel bei Verwandtschaft mit dem Fahrer, auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen.
Wichtig zu wissen: Gegenüber Polizei und Ordnungsbehörden besteht keine Auskunftspflicht des Zeugen. Die Auskunft kann, muss aber nicht erteilt werden.
In diesen Fällen ist im Einzelfall zu entscheiden, ob die Übermittlung der Daten zum Fahrer an Polizei oder Ordnungsbehörde datenschutzrechtlich zulässig ist oder nicht. Meist wird man dies bejahen können, weil das Interesse des Fahrers, eine Verfolgung für eine Verkehrsordnungswidrigkeit zu vermeiden, hinter dem Interesse des Halters, eine Fahrtenbuchauflage zu verhindern oder mit Ermittlungsmaßnahmen vor Ort belastet zu werden, zurücktreten muss.
Vermeiden sollte man es, dem Fahrer den Zeugenfragebogen zu überlassen und diesen um Rücksendung zu bitten. Der Halter weiß in diesem Fall nicht, ob und mit welchem Inhalt der Zeugenfragebogen an die Behörde zurückgesandt wurde. Werden dort dann falsche Angaben zum Fahrer gemacht, kann dies zu einem Ermittlungsverfahren wegen falscher Verdächtigung führen, was zu erheblichen Belastungen für den Halter führen kann. Besser ist es dann, den Zeugenfragebogen überhaupt nicht zu beantworten, solange die Anfrage nicht durch die Staatsanwaltschaft erfolgt.
Fazit: Speichern - und wieder löschen
Das Datenschutzrecht steht einer Speicherung und Auswertung von Daten zu Verkehrsverstößen der Flottenfahrer durch den Halter nicht entgegen. Wichtig ist jedoch, dass nicht erforderliche Daten regelmäßig gelöscht werden.
Da Pannen beim Umgang mit Daten zu Ordnungswidrigkeiten- und Strafverfahren eine Meldepflicht bei der Datenschutzaufsicht zu Lasten des Halters auslösen, ist außerdem sicherzustellen, dass die Daten sicher aufbewahrt werden, beispielsweise in einem verschlüsselten Bereich der digitalen Personalakte oder bei Papierakten in einem eigenen Register in einem verschlossenen Schrank.
- Ausgabe 04/2017 Seite 70 (275.7 KB, PDF)