_ Wer in Troisdorf bei Köln mit dem Zug ankommt und das Gebäude der Stadtwerke Troisdorf nur wenige Meter vom Bahnhof entfernt sieht - gegenüber einem Parkhaus inklusive Fahrradstation -, der ahnt, dass die Voraussetzungen hier optimal waren, um im Fuhrparkmanagement des Energieversorgers neue Wege zu gehen und unterschiedliche Verkehrskonzepte zu vernetzen.
Volker Dilthey, Einkaufsleiter, Projektleiter Mobilität und seit 16 Jahren bei den Stadtwerken Troisdorf angestellt, teilt sich mit zwei Kollegen die Fuhrparkaufgaben bei dem kommunalen Versorger. Er berichtet, wie vor drei Jahren die Karten komplett neu gemischt wurden. Damals zählten noch über 70 gekaufte Fahrzeuge zum Fuhrpark - heute sind es 57, darunter gut die Hälfte Pkw sowie Kleintransporter (bis 4,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht).
Ein Großteil davon ist inzwischen geleast. "Wir wollten den Fuhrpark effizienter gestalten", erzählt Dilthey von der Ausgangslage im Jahr 2013. Schnell habe er aber in Bietergesprächen gemerkt, dass nicht nur im Wechsel auf Leasing Potenzial steckte.
Offen für andere Mobilitätsformen
"Wir haben uns auch für andere Mobilitätsarten wie Carsharing interessiert, waren offen für neue Ideen", konkretisiert Dilthey. "Da hat sich DB Rent für uns als eierlegende Wollmilchsau erwiesen, die als einzige alle unsere Anforderungen erfüllte." So kam es, dass sich seither DB Rent als Fuhrparkmanager um die Mobilität der Stadtwerke kümmert - von der Fahrzeugbeschaffung bis zur Schaden- und Reparatursteuerung. Versicherungsangelegenheiten hingegen liegen weiterhin bei den Stadtwerken.
"Die eine Lösung für alle gibt es nicht", sagt Alexandra Kaupp, Leiterin Vertriebsinnendienst bei DB Rent, über die Wichtigkeit der individuellen Beratung. "Es gibt so viele Varianten - vom eigenen Carsharingpool über die Flinkster-Nutzung bis hin zur Fahrradlösung - da können wir für jeden Kunden ein individuelles Konzept erarbeiten."
Im Fall Troisdorf hieß das zunächst Umsteigen auf Leasing und Öffnung für eine Mehrmarken-Strategie: Während der Energieversorger früher im Transporterbereich nur auf VW und Mercedes gesetzt hat, findet man heute in dessen Fuhrpark von Renault über Skoda bis Citroën (fast) alle Marken. Und es bedeutete eine Öffnung für neue Konzepte: Carsharing wurde in den Mobilitätsmix integriert, indem die Stadtwerke im Parkhaus gegenüber eine Flinkster-Station installierten, die nicht nur den Mitarbeitern beruflich wie privat, sondern auch allen anderen Flinkster-Kunden öffentlich zur Verfügung steht. Kunden können sich dabei direkt bei den Stadtwerken registrieren und die Flinkster-Karte erhalten - das ist bundesweit einzigartig.
Das Ende der Stehfahrzeuge
All das ging Dilthey behutsam an, um nicht die Akzeptanz der Belegschaft und damit das gesamte Projekt zu gefährden. "Wir haben zunächst sechs Autos aus unserem Service-Pool durch fünf Flinkster-Fahrzeuge ersetzt", rekapituliert Dilthey. Das klappte so gut, dass bis heute 18 eingesparte Fahrzeuge in der Bilanz stehen, gerechnet über alle Gesellschaften hinweg, wobei nur dienstlich von Meistern, Baubeauftragten oder Anlagenbetreuern gebrauchte Fahrzeuge reduziert wurden. "Der Erfolg hat uns recht gegeben. Es muss nicht jeder sein eigenes Auto haben. Wir haben es geschafft, 'Stehfahrzeuge' abzuschaffen, die zum Großteil des Tages nur stehen, unproduktiv sind und unnötig Geld kosten", sagt Dilthey.
Knapp die Hälfte der mehr als 200 Mitarbeiter am Standort nutzen Flinkster inzwischen dienstlich, einige auch privat. Über 100 Mal wird jeden Monat eines der Flinkster-Autos gebucht, über alle Nutzergruppen hinweg. Und wenn es mal eng wird? Muss man etwa den Kundentermin absagen, wenn kein Auto da ist? Diese Ängste zählen laut Kaupp zu den größten Vorbehalten - kein Auto zu haben, wenn es nötig ist. Dilthey beschwichtigt: "Wir haben eine klare Abmachung: Sollten wir merken, dass uns in unserer Kerngeschäftszeit zu wenige Fahrzeuge zur Verfügung stehen, richtet uns DB Rent eine exklusive Verfügbarkeit ein - wahlweise für die ganze Station oder einzelne Fahrzeuge."
Mittlerweile stehen nicht mehr fünf Ford Fiesta wie am Anfang auf den Flinkster-Parkplätzen, sondern nur noch zwei. Ein Ford Focus sowie zwei Elektrofahrzeuge - ein Renault Kangoo Z.E. und ein Citroën C-Zero inklusive Ladeinfrastruktur - haben die anderen Kleinwagen ersetzt. Das erhöhte auch die Attraktivität für interessierte Bürger - und freut wiederum die Stadtwerke. Denn eine externe Nutzung wird den Stadtwerken angerechnet.
Apropos Kosten. Drei Jahre nach dem Startschuss zieht Dilthey Bilanz: "Wir sparen mittlerweile mehrere 10.000 Euro pro Jahr, wobei sich viele Faktoren addieren: die gesparten Fahrzeugkosten, denen natürlich die Flinkster-Kosten entgegenstehen - aber in einem gesunden Verhältnis. Und die Kostenreduktion aufgrund der Fuhrparksteuerung." Damit spricht Dilthey die Einsparpotenziale durch Schadensteuerung und Einkaufskonditionen der DB Rent an. "Im Idealfall führt das sogar zum Sinken der Schadenquote und letztlich der Versicherungsrate", ergänzt Dilthey den positiven Schneeballeffekt.
Kaupp sieht im Falle der Stadtwerke Troisdorf ein Paradebeispiel für vernetzte Mobilität, verallgemeinert aber ähnliche Einsparpotenziale: "Mit Carsharing lässt sich meist ein bestehender Fuhrpark um 20 bis 25 Prozent der Fahrzeuge reduzieren. Bei einer ursprünglich geringen Fahrzeugauslastung kann diese Quote natürlich auch höher sein. In Kombination mit den Effekten durch unser Fuhrparkmanagement lässt sich meist eine Einsparung der Gesamtkosten um 15 bis 20 Prozent erreichen."
Muskelkraft als Mobilitätsalternative
Neben der Flinkster-Station haben die Stadtwerke Troisdorf zudem"Call a Bike" mit zehn Zweirädern an drei Stationen im Troisdorfer Stadtgebiet eingerichtet, vorrangig für die Bürger der Stadt. Gleichzeitig fahren aber auch Berufspendler mit den Rädern. Last, but not least nutzen die Stadtwerke zur Mobilitätsüberbrückung wie bei neuen Mitarbeitern das Langzeitmietangebot von DB Rent sowie das Angebot der Deutschen Bahn - Letzteres über das interne Travelmanagement bei Dienstreisen.
Was kommt als Nächstes? Wird es bald keine Autos mehr im Fuhrpark geben? Kaupp relativiert: "Das Automobil ist aus dem Fuhrparkmanagement noch nicht wegzudenken. Aber die Art der Nutzung wird sich perspektivisch hin zu noch mehr Sharing verschieben. Heutzutage stehen die Fragen im Vordergrund: Brauche ich wirklich so viele Autos, wie ich vorhalte, kann ich Wege auch mit alternativen Verkehrsmitteln zurücklegen, was ist für mich die effizienteste Lösung?"
Die Stadtwerke Troisdorf haben diese Fragen für sich beantwortet. Und wollen auch künftig innovativ bleiben: Es sollen noch mehr E-Fahrzeuge folgen, vielleicht wird auch die Flinkster-Station eines Tages rein elektrisch betrieben werden. Zudem kann sich Dilthey einen Ausbau der Flinkster- Station - eventuell sogar die Errichtung einer zweiten Station in ferner Zukunft - vorstellen. Und auch über eine künftige Online-Registrierung via Video sprechen die Stadtwerke schon mit DB Rent.
Mit anderen Stadtwerken spricht Dilthey übrigens auch gelegentlich. Die interessieren sich für den gelebten Mobilitätsmix in Troisdorf. Der Vorreiter hat bewiesen: Weniger ist manchmal mehr.
In Kürze Stadtwerke Troisdorf
Die Stadtwerke Troisdorf GmbH versorgt mit 210 Mitarbeitern über 77.000 Einwohner auf 62 Quadratkilometern mit Strom, Erdgas und Trinkwasser und erwirtschaftet dabei einen jährlichen Umsatz von rund 121 Millionen Euro. Die Troikomm GmbH (60 %) und die Rhein Energie AG (40 %) treten als Gesellschafter auf.
Auf einen Blick
Der Fuhrpark
- 57 Fahrzeuge, davon ca. 50 Prozent Pkw, 50 Prozent Kleintransporter bis 4,5 t- Mehrmarkenstrategie - von Renault Kangoo über Mercedes Sprinter bis hin zu E-Fahrzeugen wie Tesla- Einzelne Benziner und E-Fahrzeuge, vorrangig Diesel- und Erdgasfahrzeuge- Fuhrparkmanagement über DB Rent- Verschiedene Leasinganbieter, keine allgemeinen Laufzeiten/-leistungen- Tankkarten über den regionalen Anbieter "Mundorf Tank"
- Ausgabe 12/2016 Seite 78 (201.3 KB, PDF)