Herkömmliche Autos gelten als eine wichtige Ursache für Umweltschäden. Seit Jahren stehen sie wegen hoher Kohlendioxid-Emissionen in der Kritik, weshalb ökologisch bewusste Aktivisten die Umstellung auf Elektro-Mobilität fordern. Viele Hersteller wollen dem nachkommen, es entstehen inzwischen leistungsstarke Modelle mit zunehmend größerer Reichweite. Vermarktet werden Elektro-Autos als saubere Zukunft - gerade in den Industrieländern. Allerdings fehlt oft das Bewusstsein dafür, dass die vermeintliche Lösung andere Probleme schafft.
Wie sie aussehen, veranschaulicht eine Dokumentation, die am Montag (3. Juni) um 22.45 im Ersten zu sehen ist. "Kann das Elektro-Auto die Umwelt retten?" bemüht sich um eine differenziertere Darstellung des Themas und führt die Zuschauer unter anderem nach Südamerika, wo Lithium abgebaut wird.
Das chemische Element gilt als essenziell für den größten Bauteil eines Elektro-Autos - die Batterie. Doch zu seiner Herstellung wird nicht nur vergleichsweise viel Wasser benötigt. Beim Lithium-Abbau werden auch Chemikalien verwendet, die zusammen äußerst aggressiv wirken. Der giftige Staub beeinträchtigt Landwirtschaft und Tiere, die mit ihrer Wolle und ihrem Fleisch die Lebensgrundlage für die Ureinwohner liefern.
Lithium ist lediglich ein Rohstoff unter vielen, die für die Produktion eines Elektro-Autos notwendig sind. Um sie zu gewinnen, wird so viel Kohlenstoffdioxid freigesetzt, dass Experten wie die Forscher des Wuppertaler Instituts für Klimaforschung davon ausgehen, E-Mobilität stelle im Vergleich zu Verbrennungsmotoren eine viele höhere Belastung dar, zumindest, wenn die Autos eine ähnliche Reichweite haben.
Politiker, Tesla-Anhänger und andere E-Mobilität-Befürworter, die in der Dokumentation zu Wort kommen, scheinen davon wenig zu wissen. Sie glauben, etwas Gutes für die Umwelt zu tun. Doch der Kampf um saubere Energie, das sprechen die interviewten Bauern in Südamerika deutlich aus, wird auf ihrem Rücken ausgetragen.
Gegensätze in aussagekräftigen Bildern
Wie ungleich diese zwei Welten sind, zeigt die Dokumentation in aussagekräftigen Bildern. Während auf den großen Automessen luxuriöse E-Modelle glänzen, zeugen karge, staubige Landschaften in der argentinischen Provinz Jujuy von existenzieller Not. Mit solchen Gegensätzen gelingt es dem Film, die manchmal ziemlich selbstgerechte Haltung führender Industrienationen zu entlarven.
Obwohl die Dokumentation vermeintliche Gewissheiten hinterfragt, wirkt sie nicht desillusionierend. Im Gegenteil: Sie stellt alternative Konzepte vor, die sich vor allem um den öffentlichen Nahverkehr drehen. Hier sehen Experten tatsächlich ein Potenzial, die Mobilität umweltfreundlicher zu gestalten. Große Hoffnung ruht dabei auf einer App, die in Vilnius dazu beigetragen hat, dass die Bürger ihr Auto immer häufiger stehen lassen. In diesem Jahr wollen sie auch die Berliner Verkehrsbetriebe einführen. (dpa)