Im Streit um die gescheiterte Pkw-Maut und die Kosten für die Steuerzahler hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sein Vorgehen im Bundestag verteidigt. Er habe die Abgeordneten "ausreichend und umfassend" informiert, sagte der CSU-Politiker am Mittwoch nach einer Sitzung des Verkehrsausschusses. Den Vorwurf, er habe vorschnell noch vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Verträge zur Pkw-Maut unterzeichnet, wies er zurück: Dem Bund hätten sonst Maut-Einnahmen entgehen können. Er habe außerdem "nie vernommen, dass Politik auf Gerichtsurteile bis zum Schluss warten muss, sonst könnten wir den Politikbetrieb einstellen".
Scheuer steht unter Druck, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) vergangene Woche die geplante Pkw-Maut für rechtswidrig erklärt hat. SPD und Opposition werfen ihm vor, bereits vor diesem Urteil mit den geplanten Betreibern Kapsch und CTS Eventim Verträge geschlossen zu haben, die er nun gekündigt hat. Es könnten Schadenersatz-Forderungen auf den Bund zukommen. Zudem ärgern sich Abgeordnete, dass sie diese Verträge zwar in der Geheimschutzstelle des Bundestags lesen können, aber nicht öffentlich darüber sprechen dürfen. FDP, Grüne und Linke denken laut darüber nach, einen Untersuchungsausschuss einzurichten.
Scheuer sagte, für die Vorbereitungen der Pkw-Maut habe es aus dem Parlament die Mittel und den Auftrag für das Jahr 2018 gegeben, auch die EU-Kommission habe grünes Licht gegeben. Zudem habe man aus früheren Fällen gelernt und in mehreren Punkten in den Verträgen mit den Betreibern Vorsorge getroffen. Stand jetzt gebe es keine Forderungen der Unternehmen.
Das Bundesverkehrsministerium hat nach Angaben Scheuers drei Gründe für die Kündigung der Maut-Verträge: Ordnungs- und Europarecht, Mängel in der Leistung der Auftragnehmer und das Verhalten der Unternehmen nach der Kündigung - denn diese hätten danach noch Unteraufträge an andere Unternehmen vergeben. Am Tag vor dem Gerichtsurteil habe "der Auftragnehmer" mitgeteilt, "dass er mit dem gegenseitigen Arbeiten nicht zurechtkommt".
Die Befürchtung, dass es wie bei der Lkw-Maut nun ein langes und teures Schiedsverfahren geben könne, hält Scheuer nicht für gerechtfertigt. Diesmal habe man ein anderes Verfahren gewählt, die Fälle seien nicht zu vergleichen.
"Für den Steuerzahler ein unglaubliches Folgefiasko"
Die Opposition dagegen kritisierte Scheuers Vorgehen scharf. Der Minister habe es zu verantworten, "dass die Maut für den Steuerzahler ein unglaubliches Folgefiasko ist", sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. Der FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic monierte, Scheuer sehe Schuld bei vielen anderen, räume aber keine persönliche Verantwortung ein.
Linke-Expertin Ingrid Remmers sagte mit Blick auf rechtliche Zweifel: "Alle Welt hat gewusst, wie wacklig das Ding ist." Trotzdem Verträge zu unterschreiben, sei verantwortungslos gewesen und müsste eigentlich den Rücktritt des Ministers zur Folge haben. Der AfD-Verkehrspolitiker Dirk Spaniel nannte Forderungen nach Rücktritt oder Untersuchungsausschuss übertrieben. Was nun an Geld fehle, sollten aber nicht beim Straßenbau eingespart werden.
Die CSU hatte die Pkw-Maut gegen Bedenken der CDU und Widerstand der SPD durchgesetzt. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte, Scheuer habe zu früh Fakten geschaffen. "Die Warnungen der SPD sind leider nicht ernst genommen worden." Die Sitzung des Verkehrsausschusses könne "nur der Auftakt sein, vollständige Transparenz zu schaffen". Es müsse nun eine zügige Einigung mit den privaten Unternehmen geben, wie hoch die Schadensersatzansprüche seien. (dpa)