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Sixt: So macht der Vermieter der Elektromobilität Beine

21.05.2023 06:16 Uhr | Lesezeit: 4 min
Vinzenz Pflanz ist CBO (Chief Business Officer) und Member of the Board bei Sixt und ein sehr aufmerksamer Gesprächspartner
Ein Gespräch mit Vinzenz Pflanz ist immer kurzweilig und informativ. So auch bei unserem letzten Besuch in Pullach, bei dem Pflanz die E-Strategie des Vermieters nachzeichnete
© Foto: Michael Blumenstein/Autoflotte

Der Vermieter erhöht das Tempo bei der E-Mobilität und baut eigene Ladesäulen an seine Stationen. Was Sixt noch alles plant, verrät uns Vinzenz Pflanz.

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Wer sich mit Vinzenz Pflanz unterhält, sitzt nicht nur einem höflichen und sehr aufmerksamen Gesprächspartner gegenüber, sondern erhält auch einen Experten an die Hand, der komplexe Zusammenhänge verständlich erklären kann, oft unter Zuhilfenahme von Zahlenbeispielen. So lernten wir beim Treffen in der Pullacher Sixt-Zentrale, dass der Geschäftskunde sein Fahrzeug in der Regel 4,7 Tage mietet und dies montags startet.

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Damit ist der Mittwoch der Peak-Tag mit dem höchsten Geschäftsaufkommen in der Woche. Das Pendant dazu im B2C-Bereich ist übrigens der Samstag. Besonders an diesen Tagen müssen die Autos eines sein: schnell verfügbar. Das gleiche Phänomen gibt es am typischen Mietort namens Flughafen. Hier dauert der Turnaround optimalerweise 20 bis 40 Minuten bis die Autos wieder ausgegeben werden können und sie müssen dabei gesäubert und getankt werden. Was bei Benzinern und Dieselmodellen eine Frage von zwanzig Minuten ist, wird für Stromer eine Herausforderung.

Der chinesische Autobauer BYD zählt zu den Neukunden bei Sixt, dennoch bilden die deutschen Premiummarken auch künftig den Kern der Mietflotte 
© Foto: Sixt

Sixt: Mehr als 1.000 Ladepunkte

Deshalb will der Vermieter deutlich in seine eigene Ladeinfrastruktur investieren. Zum einen an seinen Mietstationen, was aktuell gut 355 deutschlandweit sind. Beim Aufbau der Ladeinfrastruktur unterstützt ein noch recht unbekannter Anbieter am Markt: ChargeOne. Die sehr junge Marke der Claus Heinemann Elektroanlagen GmbH hat damit einen prestigeträchtigen Markteintritt hingelegt. Der Ableger des Münchner Traditionsunternehmens soll bis zum Jahresende bereits mehr als 1.000 zusätzliche Ladepunkte an den Sixt-Stationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz installieren.

Die Schlagzahl ist hoch und das muss sie auch sein, denn wie Pflanz im Gespräch bestätigt, sollen bis spätestens 2030 zwischen 70 und 90 Prozent der europäischen Autos und Transporter am Mietcounter elektrifizierte Fahrzeuge sein. „Es wird danach aber auch weiterhin Segmente geben, in denen es Verbrennermodelle geben wird“, erklärt der Chief Business Officer, der neben dem Einkauf auch die Geschäftsentwicklung der Marke steuert. Das Kerngeschäft läuft dann aber vollelektrisch.

Flotte bleibt Premium bei Sixt

Die nötige Infrastruktur können die Pullacher selbst aufbauen. Die nötigen Fahrzeuge müssen dann aber von der Industrie kommen. Und hier liegt der Fokus klar beim Premiumsegment. 57 Prozent der weltweiten Sixt-Flotte zählt zur höherpreisigen Klasse (BMW inklusive Mini, Audi und Mercedes-Benz), was auch die Marktpositionierung der Süddeutschen prägt. Pflanz spricht hier von der „Premium-Journey“, zu der das passende Auto zwingend gehört. Die traditionellen engen Banden zu den deutschen Platzhirschen im Segment sollen weiterhin eng bleiben.

Trotz der Einflottung chinesischer Marken wie MG, Lynk & Co. sowie BYD wird das Portfolio auch in Zukunft primär aus den heutigen Bestsellern - dann elektrifiziert - bestehen, auch wenn man gerade erst mit dem chinesischen Riesen BYD ein Abkommen über 100.000 Einheiten geschlossen hat, die rollierend über die nächsten Jahre eingeflottet werden. Ein Richtungswechsel ist das dennoch nicht. „Wir setzen schon seit jeher auf einen breiten Mix an Herstellern und Modellen für unsere Kunden“, betont Pflanz. Der Taktgeber in Richtung E wird die Reichweite der Fahrzeuge sein. Damit das im Sommer wie im Winter entspannt funktioniert – auch bei hohem Autobahnanteil –, braucht es eine gewisse Akkugröße und einen moderaten kW-Verbrauch. Diese Autos gibt es, aber sie sind groß und teuer.     


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Sixt: Lieferzeiten entspannen sich

Die Lieferzeiten sollten sich künftig entspannen, wie Pflanz meint: „Wir sehen hier im Moment, dass sich die Lieferfähigkeit der Automobilhersteller verbessert. So haben wir unseren Fahrzeugbedarf für das laufende Jahr bereits vollends gedeckt.“ Nicht zuletzt deshalb liegt die Haltedauer der Mietfahrzeuge nach wie vor deutlich unter der von Wettbewerbern.  Kundenseitig sind indes kürzere Haltedauern schwer angesagt: „Hier sehen wir, dass sich die traditionelle Leasingdauer zugunsten der Auto-Abos verkürzt“, bestätigt Pflanz. Mit Abo- und Sharing-Modellen bieten die Pullacher entsprechende Lösungen für diesen Bedarf.

Vor der Dauerkrise zählten die Vermieter noch zu den Schnelldrehern am Markt. Mit hohen Rabatten wurden Fahrzeuge abgegeben, einen kurzen Zyklus lang intensiv genutzt und kamen als junge Gebrauchte in private Hände. Für Pflanz ist die Partnerschaft zwischen Vermietern und Herstellern nachhaltiger. „Als Vermieter bieten wir den Herstellern eine Vielzahl von Mehrwerten wie Kundenbefragungen oder das Organisieren von Testfahrten an, die für diese immer wichtiger werden“, beschreibt Pflanz das neue Rollenverständnis. Partner, die wie die Vermieter sowohl über B2C- als auch B2B-Kontakte verfügen, gewinnen an Bedeutung.

Laden per Sixt-App

In der Zwischenzeit liegen die Hausaufgaben im erwähnten Ausbauen der Ladeinfrastruktur. Diese zählt neben der CO2-Neutralität der Stationen und Standorte der Unternehmensgruppe unter Einbezug von Kompensationsprojekten, dem weiteren Ausbau der Sixt-App zum ganzheitlichen Ökosystem für klimafreundliche Mobilität und der erwähnten E-Quote an Fahrzeugen als vierte Säule der unternehmenseigenen Nachhaltigkeits-Strategie.

Allein für die Ladeinfrastruktur bedeutet das Investitionen von mehr als 50 Millionen Euro in den kommenden Jahren. Dabei wird es Stationen mit Schnellladern und AC-Ladern geben. Beim Auf- und Ausbau dieses Bereiches sind die Süddeutschen offen für Partner, der Sixt-Kunde soll es am Ende aber möglichst bequem haben. Deshalb ist in der Sixt-eigenen App bald die Funktion „Sixt Charge“ zu finden, die Zugang zu über 300.000 Ladepunkten in Europa bieten soll, die Auswahl der Partner läuft aktuell. Die Abrechnung erfolgt dann automatisch auf die Mietrechnung. Parallel ist die Ladekarte immer im Mietwagen dabei für alle, die nicht auf die App zurückgreifen möchten.


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Mobilitäts-Hubs

An den Hotspots, wie den Flughäfen, wird aber selbst die eigene Ladeinfrastruktur nur einen Teil des Bedarfs abdecken können. Deshalb denkt man in Pullach über Möglichkeiten nach, wie Kunden Fahrzeuge laden und dann intermodal auf ein anderes Verkehrsmittel wechseln können. So ist beispielsweise seit über einem Jahr in der Sixt-App der Fahrradvermieter Next Bike integriert.

Trotz der diversen Extraschleifen, die um die E-Mobilität gedreht werden müssen, soll der Stromer nicht teurer sein als der Verbrenner in der gleichen Klasse. Das würde trotz Premiumanspruch am Markt nicht funktionieren. Was wiederum die Größe des Kraftaktes beschreibt, der mit der Umsetzung der E-Strategie vollzogen werden soll.

IT als Schlüssel

Für den Kunden wird dabei die App immer wichtiger, weshalb sich die Pullacher längst auch als IT-Unternehmen sehen. „Das Tech-Team ist mittlerweile unser zweitgrößter Bereich im Unternehmen“, erläutert Pflanz. Und wie alle digitalen Unternehmen muss man sich effektiv vor fremden Zugriffen schützen. Im vergangenen Frühjahr wurden die Süddeutschen selbst Gegenstand eines Cyberangriffs, der die Sinne weiter geschärft hat, wie Pflanz erklärt: „Cyberangriffe sind leider ein wachsendes Problem. Die Bandbreite der betroffenen Unternehmen reicht von großen globalen Unternehmen bis hin zu mittleren und kleinen Firmen. In unserem Fall konnte der Angriff sofort erfolgreich abgewehrt werden. Schon vor dem Angriff haben wir stets an der Aktualisierung und Verbesserung unserer sehr aufwendigen IT-Sicherheitsmaßnahmen gearbeitet.“ 

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