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Österreichische Post: Keine Back-up-Fahrzeuge

24.04.2023 13:30 Uhr | Lesezeit: 4 min
Ein Teil des Fuhrparks der Österreichischen Post.
© Foto: Österreichische Post

Mit 10.000 Fahrzeugen gehört die Post zu den Fuhrparkriesen – nicht nur in Österreich. Autoflotte hat Paul Janacek besucht, der gerade "seine" Flotte elektrifiziert, was in alpinen Regionen nicht einfach ist.

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Paul Janacek ist seit 2015 bei der Österreichischen Post AG, wie der Logistikriese, der unter anderem Beteiligungsgesellschaften in der Türkei, Slowenien und Kroatien besitzt, offiziell heißt. Wie an der Firmierung unschwer zu erkennen, ist die Post auch in Österreich nicht mehr staatlich. „Wir kommen aus der klassischen Post und Telegrafenverwaltung“, sagt Janacek beim Weg von der Rezeption in den Besprechungsraum in der Erzherzog-Karl-Straße in Wien – einem administrativen Sitz der Post und gleichzeitig der Fuhrparkzentrale, die Janacek leitet. Janacek kommt allein, keine Pressesprecherin, kein Marketingleiter, niemand, der ihn begleitet. Bei einem Unternehmen dieser Größe ungewöhnlich und sehr sympathisch.


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Multimodal kommt von der Post

Im Konzern arbeiten derzeit mehr als 27.000 Menschen, rund 18.000 in Österreich. Etwa 40 kümmern sich gemeinsam mit dem Niederösterreicher um alles, was bei der Post Räder hat, und somit auch um Kostenvoranschläge, Reparaturfreigaben und Schadenabwicklungen. Das Fahrzeugspektrum ist seit jeher kunterbunt oder multimodal, wie es heute heißt; ob Fahrrad mit und ohne E-Antrieb, Moped, elektrifiziertes Trike, Quad, Pkw oder Nutzfahrzeuge in sämtlichen Schattierungen, alles ist dabei – sogar rund 160 Lkw. 80 Prozent der erwähnten 10.000 Fahrzeuge sind zweispurig und bilden das „Herzstück“ in der Zustellung, wie Janacek es nennt.

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Bereits 2011 hat sich der Vorstand entschieden Klimaschutz nicht nur zu proklamieren, sondern zu leben. Damals wurde beschlossen, Emissionen zu reduzieren, mit neuen Technologien diese zu vermeiden und den Rest, der noch immer ein beträchtlicher Teil ist, zu kompensieren. So stellt die österreichische Post seit 2011 bereits alle Sendungen „CO2-neutral“ zu. Im selben Jahr kamen die ersten E-Fahrzeuge in die Flotte. „Das waren Renault E-Kangoo mit 70 Kilometer Reichweite, die gehen gerade ins Second Life“, konstatiert Janacek.

Eine Besonderheit des sehr diversen Fuhrparks der Österreicher: Sie kommen um echte Allradfahrzeuge nicht herum. „Wir haben eine Flächendeckungsverpflichtung und müssen alle Haushalte anfahren und die Briefe am nächsten Tag zustellen.“ Das heißt, auch im Winter, in alpinen Regionen und auf Strecken voranzukommen, die neben 4x4-Antrieb zusätzlich Schneeketten bedingen. „Wir haben die Allradfahrzeuge stark hinterfragt. Aber wir werden sie brauchen, vor allem im alpinen Bereich Österreichs.“

Dem Spaß an der Arbeit sind genau diese Touren sicherlich zuträglich. Doch 4x4-Elektro-Transporter gibt es noch nicht. „Wir gehen davon aus, dass die Industrie das Thema kennt und eine Lösung anbieten wird. Es ist ja keine Raketenwissenschaft“, sagt Janacek und konzentriert sich auf die Fahrzeuge, die erhältlich sind. Und das werden immer mehr.

Österreichische Post: 200 Start-Stopps am Tag

Die 10.000 Fahrzeuge sind täglich in Bewegung. Doch nicht jedes muss am Tag 100 Kilometer fahren. „Sie alle haben einen Zustell-Rayon, also einen Postzustellbezirk. Aufgrund der definierten Gebiete wissen wir, ob das mit einem E-Auto möglich ist oder nicht.“ So hat Janacek „von unten nach oben begonnen“ und sich je nach Fahrzeug an längere Strecken getraut. Denn wenn die „Wiener“ in den letzten Jahren etwas gelernt haben, ist es, dass Werks angaben bei der Reichweite eine andere Klassifikation sind als die Realität in den Zustellverkehren. Denn Zustellverkehr bedeutet sowohl bei eisigen Temperaturen wie in der Bruthitze 200 Start-Stopps am Tag. Das beansprucht die Fahrzeuge extrem. Und, man glaubt es kaum: „Hier spielt die E-Mobilität die Stärken aus.“ Janacek bestätigt den Businesscase: „Wir sehen eine längere Nutzungsdauer der E-Autos, da die Antriebseinheit extrem verschleißfrei ist. Gerade im Zustellverkehr, in dem sehr robust gefahren wird, haben wir mehr als 50 Prozent Einsparungen. Aber auch die normalen Instandhaltungskosten sind geringer.“ Und das, obwohl die Wartung regulär über das Händlernetz der verschiedenen Marken erledigt wird, „von eigenen Werkstätten haben wir uns schon vor langer Zeit verabschiedet“.

 Im „Beschaffungsfokus“ 2023 steht der Mercedes E-Sprinter. 200 Fahrzeuge wurden 2022 in die Flotte integriert und nun sollen es 300 werden. Da die österreich­ische Post lieferanten- und trotz der Konzentration auf Elektromobilität technologieoffen ist, kommt nun in diesem Jahr mit Maxus erstmals ein Anbieter aus China hinzu. „Wenn die TCO passt und wir die Fahrzeuge benötigen, zieht derjenige das Los, der passend liefern kann, damit wir auch auf unsere benötigten 1.000 E-Fahrzeuge im Jahr kommen.“ Janaceks Ziel ist es, 2030 auf der letzten Meile vollends elektrisch und emissionsfrei zu fahren.

Die in der vergangenen Dekade aufgebauten Erfahrungen der gelebten E-Mobilität sind ein großer Schatz, wie Janacek betont. „Wir wissen genau, was die Fahrzeuge über zehn Jahre kosten, ob das alles so lange hält und was die Batterie nach der Zeit noch leistet.“ Meistens sind es Fahrwerk, Sitze und die Karosserie, die den Lebenszyklus nicht überstehen – Traktionsbatterien halten hingegen problemlos.

Österreichische Post: 1000 neue Wallboxen pro Jahr

Auch zum Thema Ladeinfrastruktur, dem A und O einer E-Mobilitäts-Strategie, haben die E-Mobilisten von der Post mehr als nur eine Meinung. Und man ist sich dieser He rausforderungen sehr wohl bewusst. Pro Jahr sind künftig nicht nur 1.000 neue E-Fahrzeuge in der Pipeline, „2023 wird für uns das Thema Ladeinfrastruktur herausfordernd“. Auch in Österreich liegt die „natürliche“ Limitierung der Infrastruktur in der Anschlussleistung des Standortes begründet. Ist draußen an der Gebäudekante zu wenig Leistung vorhanden, bedeutet das häufig neue Trafos und Leitungen zu beauftragen – und zu bezahlen. „Was in der E-Mobilität tatsächlich der schmerzhafte Punkt ist“, wie Janacek erfahren hat. Daher ist es für die Post nicht elementar, dass alle Fahrzeuge schnell geladen werden, denn dieser Wunsch verteuert die Infrastruktur beachtlich. „Wir haben in der Regel zwölf Stunden Zeit, das Fahrzeug über Nacht langsam zu laden.“

Die ersten E-Fahrzeuge wurden – wie oft üblich – lediglich einphasig über Nacht geladen. Und das war ein Pluspunkt für die Lebensdauer der Batterie. Laut Janacek liegt die „Batteriegesundheit“ (State of Health) der ersten Stromer mit einer Kilometerlaufleistung von gut 100.000 Kilometern nach zehn Jahren noch bei 70 bis 80 Prozent. „Also ideal, um in ein Zweitleben einzutreten und beispielsweise viele Jahre als Stromspeicher Lastspitzen abzufedern.“ Denn neben den 1.000 Ladepunkten pro Jahr nehmen auch die Aktivitäten der Post im Bereich Fotovoltaik und Zwischenspeicher Formen an. „Hier am Standort werden wir im Vollausbau die derzeit 40 Ladepunkte auf 160 ausbauen mit Ladeleistungen von elf bis 300 kW. Hinzu kommen PV-Anlage und die ersten Kleinspeicher. Wir produzieren zukünftig sehr viel Strom, den wir im Post-Portfolio auch sehr gut nutzen können, für den Fuhrpark aber meistens erst nach 15 Uhr. Was passiert also mit dem Strom zuvor? Unser Ziel sind Second-Life-Batterien in Kleinspeichern von 100 kW beziehungsweise bis zu 40-Fuß-Container mit bis zu einem Megawatt Speicherkapazität. Derzeit wird gerade der Prototyp gefertigt.“ Dafür holt sich die Post einen Dienstleister ins Boot. Denn solch ein Projekt ist Neuland. Und das beginnt bereits beim Ausflotten der alten E-Fahrzeuge: „Bringe ich die Batterie ausgebaut aus dem Fahrzeug zum Dienstleister, dann ist es ein Sondertransport in Österreich, oder bringe ich das Fahrzeug komplett dorthin, dann ist es ein Fahrzeugtransport“, ist sich Janacek auch vieler rechtlicher Aspekte bewusst.

Grünes Graz

Die Erfahrungen sammelten die Österreicher unter anderem im Pilotprojekt „Grünes Graz“. „Graz hatte für uns folgende Vorteile: Es sind zwei Standorte, die beide als Logistikzentren genutzt werden und an denen große Mengen an Briefen und Paketen durchgehen. Damit war eine hohe Strom-Anschlussleistung vorhanden.“ Graz liegt in einer Kessel-Tallage und hat daher im Winter – wie beispielsweise Stuttgart – immer mit den Luftgütewerten zu kämpfen. Für Janacek und das Fuhrpark-Team war Graz somit prädestiniert. „2020 starteten wir mit geringeren Fahrzeugvolumen und haben seit Herbst 2021 komplett umgestellt, aktuell sind rund 200 E-Transporter im Einsatz. Parallel wurde die Ladein­frastruktur aufgebaut. Und das im Mix aus langsam, was 11 kW bedeutet, und schnell, was bei uns 25-kW-Ladeleistung heißt.“ Gesteuert wird alles über ein Lastmanagementsystem.

Die Fahrzeuge, die am späten Nachmittag in den Logistikzentren ankommen, haben in der Regel zehn Stunden Zeit und brauchen daher nicht mehr als fünf Kilowatt Ladeleistung, um morgens wieder startklar zu sein. Zusteller mit einer Heimfahrgenehmigung, also die, die erst morgens ankommen, werden am 25-kW-DC-Lader (CCS-Anschluss) schneller wieder fit gemacht. 22-kW-AC-Ladeleistung würde zwar vollkommen ausreichen, da ist jedoch die Auswahl an Fahrzeugen mit dieser Lademöglichkeit noch geringer. Im Logistikzentrum in Kalsdorf gibt es aktuell rund 50 AC-Wallboxen und an den Ladetoren 30 DC-Lader. „Wenn das Fahrzeug ankommt, wird dieses direkt angesteckt und während der Ladezeit parallel in rund zwei Stunden mit Paketen beladen.“

Ehrlich durchrechnen

Heute werden bei der Post noch alle Elektrofahrzeuge auf eine  State of Charge von 100 Prozent geladen. Die Batteriegrößen lassen kaum Spielraum für eine schonendere Befüllung bis auf 80 Prozent. „Größere Akkus sind für uns vor allem aus dem Grund charmant, weil wir weniger Ladepunkte benötigen würden. Wenn wir wissen, der Zusteller schafft mit einer Ladung zwei Tage, ist es eine Rechenaufgabe, ob sich entweder die größere Batterie lohnt oder aber weitere Ladepunkte bei kleinerem und günstigerem Akku.“ Doch das ist noch ein Zukunftsszenario, da Batteriekapazitäten von rund 100 kWh in Transportern noch nicht erhältlich sind. „Zukünftig wird die Struktur so aussehen, dass wir an den DC-Ladesäulen zwei Ladepunkte mit 50 kW Leistung haben. Hängt ein Fahrzeug alleine dran, bekommt es volle Leistung. Einzelne High Performance Charger (HPC) mit mindestens 300 kW könnten künftig Elektro-Lkw laden und als Back-up für andere zur Verfügung stehen, falls doch mal etwas beim Laden über Nacht nicht klappt. „Wir haben keine Back-up-Fahrzeuge.“ Denn auch das gehört zur Lernkurve der E-Mobilität: Es läuft nicht immer perfekt. So mussten Janacek und sein Fuhrpark-Team ein Netzwerk von Verantwortlichen aufbauen, die zur Not auch mal den FI-Schalter umlegen und ein Reset durchführen. Darüber hinaus braucht es vor allem nachts einen technischen „Second-Level-Support“, der dieses Jahr standardisiert werden soll. Bei den Wallboxen wechselt die Post alle zwei bis drei Jahre den Anbieter im Zuge der neuen Ausschreibungen und sammelt auch da Erfahrungen.

Von der klassischen Dieselflotte verabschiedet sich die Post also schnell, „was Ballast nimmt“, wie es Janacek benennt. „Diese sind teils im achten Betriebsjahr, weil wir sie aufgrund der Lieferschwierigkeiten bei Neufahrzeugen länger halten mussten.“ 2022 gab es bei den Neubestellungen keine Diesel mehr. Lediglich die erwähnten Sonderthemen wie Allradfahrzeuge und Werttransport bekämen – wenn benötigt – noch eine Ausnahme, „da haben wir derzeit noch etwa 700 in der Flotte. Die aber werden nun ‚End of Life gebracht‘ – in der Hoffnung, dass bis dahin Alternativen mit Elektroantrieb verfügbar sind.“


Österreichische Post:die Kaufflotte

Die „gelbe Flotte“ wie die Postler die Zustellfahrzeuge nennen, ist ein Kauffuhrpark, was den Vorteil hat, dass man sich im konkreten Fall lange überlegen kann, was nach der Nutzungszeit mit den Fahrzeugen passiert. „Wir schauen auch international viel, wie es andere machen. Und in fünf Jahren sind vielleicht auch Entscheidungen von heute überholt. Aber wenn man nicht konsequent anfängt, bringt es nichts. Und unser Management hat uns da von Anbeginn voll unterstützt. Jetzt haben wir gut 30 Prozent E-Anteil in der Flotte, Ende 2023 sind wir bei 40 Prozent. 2030 sind wir umgestellt.“

Das Vorhaben ist alles andere als günstig – im ersten Schritt. Rund 55 Millionen Euro veranschlagt Janacek 2023 für den Aus- und Aufbau der Ladeinfrastruktur und für die Elektrofahrzeuge. Hintenraus weiß er jedoch, dass es für die österreichische Post günstiger werden wird als bisher – und sorgenfreier.

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