_ Es ist nicht nur die Abgas-Affäre, die am Image des Dieselmotors rüttelt. Es sind auch die Diskussionen um drohende Fahrverbote in den von Stickoxid belasteten Großstädten, die Fuhrparkbetreiber umtreiben. Noch entscheiden sie sich schon aus wirtschaftlichen Gründen bei Neubestellungen im Großen und Ganzen unverändert oft für den Selbstzünder. Doch die Verunsicherung über dessen Zukunft ist groß, wie die Leasinggesellschaften nahezu unisono berichten, die wir für die aktuelle Marktübersicht befragt haben.
"Die Diesel-Abgas-Affäre beschäftigt unsere Kunden auch im Hinblick auf die langfristige Planung und Zusammensetzung der Fuhrparks, jedoch besteht aktuell noch kein großer Handlungsbedarf", sagt Vinzenz Pflanz, CSO der Sixt Leasing, und gibt damit wieder, was viele Leasingvertreter derzeit im Flottenmarkt wahrnehmen.
Auswirkungen der Unsicherheit
Es gibt aber nicht nur im Privatkunden-, sondern auch im Flottengeschäft einige gegenteilige Beobachtungen. Diesen zufolge hat das Dauer-Thema Diesel und die daraus resuliterende Unsicherheit bei den ersten Gewerbekunden bereits zu konkreten Handlungen geführt.
Einen leichten Rückgang beim Diesel-Anteil konstatiert beispielsweise Opel Firmenkundenleasing, gleichzeitig ginge der Trend hin zu umweltschonenden Fahrzeugen.
Ähnliches erlebt Leasetrend: "Wir stellen besonders in der letzten Zeit fest, dass die Nachfrage nach neuen Dieselfahrzeugen rückläufig ist. Es wird verstärkt auf Benzin-Modelle umgestiegen", sagt Vorstand Gerhard Fischer. "Die Kunden rücken wahrnehmbar vom Diesel ab", lautet auch die aktuelle Erfahrung von Norbert Kotroba, Vertriebsleiter der HHL Hamburg Leasing.
Manchen Kunden hingegen, die noch nicht so recht wissen, wie sie sich bei Bestellungen verhalten sollen, warten erst einmal ab. "Die unsichere Diesel-Perspektive führt teilweise zu einer Verschiebung der Neuanschaffung", so Bernhard Cziesla, Direktor Markt der Toyota Kreditbank. Auch wenn das Gros der Leasinggeber keine signifikanten Veränderungen bei Vertragslaufzeiten feststellt (sie liegen über alle Teilnehmer unserer Marktübersicht zwischen 36 und 47 Monaten), beobachtet Karsten Rösel, Geschäftsführer der ALD Automotive, "dass die Verträge am Ende weiterlaufen, was auf die Verunsicherungen durch die Diesel-Diskussionen zurückgeführt werden kann." Die Investitionsbereitschaft vieler Branchen habe sich aber nicht eingetrübt.
Wie es genau mit der Dieseltechnologie weitergeht, wissen auch die Branchenexperten nicht. Prognosen dazu kämen einem Blick in die Glaskugel gleich, weil die zukünftigen Entwicklungen doch zu sehr von Entscheidungen in der Politik und Aktivitäten der Hersteller abhängen. Aber die Leasinganbieter beobachten diese genau und sind in diesen Zeiten stärker denn je als Berater gefragt.
Diesel als Brückentechnologie
Langfristig glaubt mancher jedoch schon, dass der Selbstzünder im Speziellen und die Verbrennungsmotoren im Allgemeinen an Bedeutung verlieren werden. Einer von ihnen ist Harald Frings, Geschäftsführer Fleet bei der Deutschen Leasing: "Eine Abkehr vom Diesel sehen wir langfristig durchaus, dies gilt ebenso für Otto-/Benzinmotoren, da alternative Antriebstechniken - nach heutiger Expertenmeinung und eigener Einschätzung - ab 2025 sicherlich einen signifikanten Anteil einnehmen werden." Mittelfristig, glaubt Frings, werde der Diesel weiter als Brückentechnologie seine Bedeutung haben.
Interesse an Alternativen
Von einer langfristigen Abkehr vom Selbstzünder scheinen auch die Fuhrparkbetreiber selbst auszugehen. Das würde zumindest erklären, warum sie sich bei ihren Leasinggebern aktuell vermehrt nach Elektrofahrzeugen erkundigen.
Die Fuhrparkmanager - vor allem großer Unternehmen - beschäftigen sich laut Christian Schüßler, Commercial Director bei Arval Deutschland, derzeit sehr damit, wie sie sich für die künftige Mobilität ihrer Mitarbeiter aufstellen sollen. "Kommen Diesel-Fahrverbote, kann die Elektrifizierung einer Flotte im städtischen Raum und die Nutzung der staatlichen Förderungen sinnvoll sein", sagt Schüßler. Generell trieben alternative Antriebe die Kunden mit großen Flotten sehr um.
Die BMW-Tochter Alphabet, die mit "Alpha Electric" schon im April 2013 als einer der ersten Anbieter ein komplettes Leasingpaket für Elektromobilität auf den Markt gebracht hat, registriert ebenso ein gesteigertes Interesse an alternativen Antriebskonzepten. Auch wenn die rund 3.000 über Alphabet geleasten Elektroautos und Plug-in-Hybride am Gesamtbestand von aktuell über 155.000 Verträgen nur einen Anteil von rund zwei Prozent ausmachen, so hat sich der E-Mobilitäts-Bestand seit Anfang 2015 nach eigenen Angaben fast verdoppelt.
Ein gesteigertes Interesse an Elektrofahrrädern und Mobilitätsbudgets, von dem einige Leasinggesellschaften berichten, die je nach Ausgestaltung des Unternehmens für öffentlichen Nahverkehr, Bahnreisen, Fahrräder oder Carsharing genutzt werden können, könnte als Bemühung der Fuhrparkbetreiber gewertet werden, einen Ausweg aus dem Diesel-Dilemma zu finden. Oder eben auch als Methode, um die Attraktivität als Arbeitgeber bei jungen Nachwuchskräften zu steigern, für die der Firmenwagen gerade bei zunehmender Urbanisierung mehr ein Klotz am Bein als ein Motivationsinstrument ist."Wir beobachten auf jeden Fall den Trend zu Mobilitätsformen jenseits des klassischen Dienstwagens", berichtet Helma Karohl, Commercial Director bei Athlon Car Lease.
Eine Zunahme der Nachfrage nach E-Bike-Leasing konnte Akf Servicelease in den letzten Monaten feststellen. Diese Fahrräder würden, so Vertriebsleiter Thomas Löschmann, Dienstfahrzeuge zwar nur in geringem Maße ersetzen, aber ergänzen. Auch das ist ein wichtiger Schritt, um die Emissionen im Fuhrpark zu senken und zur Luftreinhaltung beizutragen.
Geschäftsmodelle im Wandel
Im Zuge der sich langsam verändernden Präferenzen in der Unternehmensmobilität und der prognostizierten Verschmelzung der Administration von Geschäftsreise und Fuhrpark wandelt sich auch das Geschäftsmodell der klassischen Kfz-Leasinganbieter.
Schon jetzt beraten und unterstützen die meisten ihre Kunden bei einer CO2- oder Mobilitätspolicy. Einige wie Athlon Car Lease und Leaseplan haben auch schon Alternativen in Form eines Mobilitätsbudgets in ihr Portfolio aufgenommen. Diese können entweder statt eines Dienstwagens oder ergänzend dazu gewählt werden. "Immer mehr Kunden setzen Mobilitätsbudgets ein, das heißt, sie belohnen ihre Dienstwagennutzer für nicht ausgenutzte Referenzraten durch Ausschüttung von Ratenanteilen. Dies animiert die Mitarbeiter zu einem freiwilligen Downsizing", erklärt Patrick Vierveijzer, Vorsitzender der Geschäftsleitung bei Leaseplan Deutschland.
Die aktuellen Entwicklungen zeigen: Vieles deutet in puncto Emissionen auf eine Abrüstung im Fuhrpark hin. Und diese hat viele Facetten.
Alle Kontaktangaben zu den Leasinggesellschaften, die in der Marktübersicht (Pdf-Downlaod) gelistet sind, finden Sie im E-Paper dieser Ausgabe unter digital.autoflotte.de
- Ausgabe 11/2017 Seite 22 (544.0 KB, PDF)