_ Dass die unternehmerischen Mobilitätsanforderungen sich durch wirtschaftliche, technische oder politische Einflüsse wandeln, hat Karl-Heinz Türk als Leiter Infrastrukturmanagement und Fuhrparkleiter in seiner 40-jährigen Tätigkeit für Weleda oft erlebt. Die aktuellen Diskussionen etwa um mögliche Fahrverbote in deutschen Städten und die kommenden Generationen an E-Autos geben dem Ganzen eine neue Qualität. Dadurch geht es im Fuhrpark des Unternehmens eher hin zu kürzeren Leasingzeiten von maximal drei Jahren, um bei den Modellen auf dem neuesten Stand bei den Abgasnormen zu sein. Zudem lässt die Car Policy beispielsweise Hybride zu.
Bike-Leasing: Einführung und Nutzer
Ein weiterer Beitrag, die Palette an alternativen Mobilitätslösungen zu erweitern, ist das Leasing von Fahrrädern, E-Bikes & Co."Diese können eine Ergänzung zu den Dienstwagen für private Fahrten sein", sagt Karl-Heinz Türk. Der eine oder andere Fahrer fällt ihm auch ein, der das Angebot zusätzlich nutzt. Die Mehrzahl der Nutzer rekrutiert sich aber aus Mitarbeitern, die keinen Firmenwagen haben.
Das ist genau im Sinne von Holger Biller, dem Nachhaltigkeitsmanager bei Weleda. Schließlich steht allen Mitarbeitern am Produktionsstandort in Schwäbisch Gmünd das steuerlich geförderte Modell offen, um alternative Fortbewegungsmittel zu fördern.
Das Jobrad-Modell bei Weleda
2013 ist das Fahrrad-Leasing mit Leaserad als Dienstleister und der Marke Jobrad gestartet. Im ersten Jahr haben lediglich 17 Beschäftigte ihre Räder über den Arbeitgeber bezogen. 2014 sind 25 und 2015 elf hinzugekommen. 2016 gab es dann mit rund 60 Bestellungen einen Schub. In diesem Jahr zählt Biller bereits bis Anfang September etwa 60 weitere."Darunter sind allerdings schon viele, die nun ihr zweites E-Bike oder Fahrrad ordern", erläutert er. Insgesamt befinden sind aktuell rund 130 Jobräder bei rund 950 Mitarbeitern vor Ort im Einsatz.
Der Gesamtbestand setzt sich aus einem buntgemischten Portfolio zusammen - von Fahrrädern über Pedelecs bis E-Bikes. Die Motivation für die Nutzung ist dabei vielschichtig (siehe Kasten rechts: Statement "Sauber und günstig"). Während die einen sich in Bewegung bringen wollen, pendeln andere gezielt mit ihrem Rad von der Wohn- zur Arbeitsstätte, um Kosten zu sparen und umweltbewusst unterwegs zu sein.
Zentrales Tool für das Management ist das Jobrad-Portal, über das die Mitarbeiter ihre Kalkulationen und Bestellungen bei rund 4.000 angeschlossenen Händlern abwickeln können. Dafür sind nur wenige Parameter festgelegt: Die E-Bikes oder Fahrräder dürfen in der Liste maximal 5.000 Euro netto kosten und werden über 36 Monate geleast. Mit Vertragsende können diese übernommen oder zurückgegeben und dann ein neues geleast werden.
Richtlinien oder Anreize zu einer Nutzung für dienstliche Fahrten gibt es nicht, da die Mitarbeiter ihre Leasingraten komplett aus dem Bruttogehalt zahlen. Diese bewegen sich zwischen 60 und über 100 Euro im Monat.
Weleda übernimmt jedoch die modellabhängige Pauschale für die Vollkasko-Versicherung des Fahrrades via Leaserad, die unter anderem Diebstahl, Vandalismus und Instandsetzung nicht selbst verschuldeter Akku-Schäden über die Laufzeit abdeckt. Für Wartung und Pflege sind die Leasingnehmer wiederum selbst zuständig. Im Unternehmen haben sie jedoch die Möglichkeit, ihre Fahrräder in der technischen Werkstatt zu reparieren oder für die Fahrt fit zu machen. Zu diesem Zweck sind Druckluft, Flickzeug und andere Hilfsmittel vorhanden.
Endet das Leasing, kauft der Mitarbeiter das Bike für den Restwert von derzeit zehn Prozent auf oder gibt es zurück. Die Rücknahme organisiert der Leasinggeber Jobrad, der über den baldigen Vertragsablauf informiert und den Rückläufer abholt.
Die neuen Fahrräder holen die Mitarbeiter meist in der Region direkt bei den Händlern. "Bei Spezialfahrrädern läuft die Bestellung über den Hersteller, der über Spedition an den Mitarbeiter zustellt", sagt der Nachhaltigkeitsmanager. Von Problemen bei der Lieferung oder Rückgabe weiß er nichts zu berichten.
Vorbereitung ist die halbe Miete
Die hohe Akzeptanz des Modells führt Biller insbesondere auf die Vorarbeit und Implementierung von internen Ansprechpartnern zurück. Eine vorbereitende Maßnahme: Der Dienstleister hat auf dem jährlich stattfindenden Gesundheitsmarktplatz das Modell vorgestellt."Bei dieser internen Veranstaltung vor vier Jahren konnten die Mitarbeiter sich erkundigen und auch die verschiedenen Fahrräder testen", so der Verantwortliche. "Jetzt informieren wir regelmäßig über das Angebot und über Neuerungen in unserem Intranet."
Zudem wisse jeder, dass er und ein Kollege in der Personalabteilung die Ansprechpartner für alle Fragen sind. An sie wenden sich beispielsweise Beschäftigte in der Produktion, die keinen eigenen PC haben. Ihnen wird dann geholfen, das Angebot auszusuchen, den Antrag zu stellen und den Ablauf zu managen. Die meisten wickeln das Leasing aber über das Jobrad-Portal in Eigenregie ab, wodurch sich der Verwaltungsaufwand in Grenzen hält.
Modell sensibilisiert Mitarbeiter
Für Biller ist es daher eine gute Entscheidung gewesen, dass Fahrrad-Leasing einzuführen:"Es macht das Fahrrad attraktiv und stellt für Mitarbeiter eine Motivation dar, die eigene Mobilität neu zu denken und zu leben."
Zusätzlich hat es bei Weleda auch Menschen an das Thema herangeführt, die vorher wenig mit Rädern am Hut hatten. Biller begründet: "Ob jemand sich auf ein Bike schwingt, steht und fällt letztlich mit einem vernünftigen Modell." Darüber hinaus wird das Unternehmensziel erreicht, das alternative Fortbewegungsmittel zu etablieren und in den Fokus der Mitarbeiter zu rücken.
In Kürze
Weleda AG
Weleda ist Hersteller von Naturkosmetikprodukten und Arzneimitteln mit Sitz in Arlesheim bei Basel (Schweiz), der Ende 2016 rund 2.390 Mitarbeiter weltweit in über 50 Ländern beschäftigt hat. Größter Produktionsstandort ist Schwäbisch Gmünd mit rund 950 Mitarbeitern. Das 1921 gegründete Unternehmen führt derzeit rund 120 Naturkosmetikprodukte und Diätetika sowie mehr als 1.000 Fertigarzneien. Der Umsatz in 2016 lag bei zirka 389,8 Millionen Euro.
Auf einen Blick
Der Weleda-Fuhrpark
- Zirka 70 Firmenwagen, davon zirka 50 für den dezentralen Außendienst und das Key Account Management, sechs Poolautos und drei Transporter (Mercedes Sprinter) für internen Werksverkehr, restliche Fahrzeuge zugeordnet über die Funktion im Unternehmen- Marken und Modelle: Audi A3, A4 sowie A6, BMW 2er Tourer, VW Golf, Passat und Touran- Kfz im Full-Service-Leasing für drei Jahre über eine Hersteller-Leasinggesellschaft, Laufleistungen nach Bedarf: 20.000 bis 60.000 km/Jahr; Ausnahme: Räder/Reifen mit Werkstätten vor Ort
- Ausgabe 11/2017 Seite 57 (415.4 KB, PDF)