Die Inflation geht rauf, die Inflation geht runter und gefühlt geht sie durch die Decke. Dass die tatsächliche Inflation von Produkten des täglichen Bedarfs deutlich über der offiziellen Inflationsangabe liegt, spüren viele im Portemonnaie. Neuwagen sind für die meisten Menschen in Deutschland nicht überlebenswichtig, eher ein Luxusgut, das man sich gönnt. Ein Blick in die Nachbarländer lohnt immer mal, um auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen. Und dabei ist es egal, ob es um privat zugelassene Fahrzeuge oder das Firmenauto geht. In Deutschland „kauft“ man gerne eine Nummer größer – was legitim ist. Das ist logischerweise auch in den Konzernen bekannt. Die Preise steigen im Automobilsektor vielleicht auch aufgrund dieser „Erkenntnis“ stärker als in anderen Bereichen. Gründe für den Anstieg gibt es einige die nicht nur in der Auswahl der Fahrzeuge (vermehrt Plug-in-Hybride und Elektroautos) und der Ausstattung liegen. Die Hersteller drehen einfach mal kräftig an der Preisschraube.
Auslöser waren unter anderem die Covid-Auswirkungen und der Beginn des Ukrainekrieges, die zusammen die Lieferketten einbrechen ließen und dadurch einen Mangel an Fahrzeugen verursachten. Wie so oft: Mangel treibt die Preise – und den Einfallsreichtum. So strichen die Hersteller vielfach die Basismotorisierungen und verfrachteten die wenigen Halbleiter in lukrativere Fahrzeugsegmente. Per se haben Kleinwagen die geringste Marge, ergo sind sie den Konzernen ein Dorn im Auge. Gleiches gilt für die Basisausstattungen, die meist einzig und allein dafür gedacht sind, einen günstigen Kaufpreis zu suggerieren. Wirklich gekauft werden diese jedoch kaum, was die Hersteller gern betonen. Kein Wunder, denn oft sind die möglichen Optionen der Basisversionen: keine, nada, niente. Und wer möchte heute noch ein Fahrzeug ohne Klimaanlage, Radio oder Tempomat haben.
Kleinstwagen starteten bei unter 10.000 Euro
Gab es einen Citroën C1 (gleiches Auto wie Toyota Aygo und Peugeot 108) im Dezember 2018 noch für 9.340 Euro brutto gibt es dieses Segment bei keinem der drei Hersteller mehr. Ein Mitsubishi Space Star kostet noch im Mai 2021 günstige 9.990 Euro (brutto). Der Japaner startet jetzt bei 13.190 Euro. Das günstigste Automobil am Markt kostet derzeit 11.300 Euro an. Wer ist es? Richtig, Dacia mit dem Sandero. Wer eine Klimaanlage will, bekommt diese für 800 Euro, macht 12.100 Euro.
Dieser Tage erhält der Hyundai i10 ein Facelift. Das Modell kam vor drei Jahren auf den Markt, damals ab 10.990 Euro (Ausstattung Pure). Im November 2022 kostete der i10 in der Basisausstattung (Select) bereits 14.785 Euro. Grund für den Aufpreis waren unter anderem die fortan serienmäßig installierten Assistenzsysteme, die vielfach gute Dienste erledigen, oft aber einfach nur nerven. Schön, dass es sie gibt, aber für alle zwingend? Jetzt preist Hyundai das Facelift-Modell ein und startet in der Ausstattungslinie Select mit gleichem Motor wie vor drei Jahren (Einliter Dreizylinder mit 67 PS) bei 15.990 Euro brutto. Zwar ist die Rechnung nicht ganz fair, da die Mehrausstattung nicht berücksichtigt wurde. Es ändert jedoch nichts daran, dass man für einen Hyundai i10 ab jetzt rund 45 Prozent mehr bezahlen muss als noch vor drei Jahren – mit identischem Antrieb.
Kompaktklasse mit sattem Aufpreis
Kein Einzelfall und auch kein Problem das nur Kleinstwagen betrifft. Der Golf startet derzeit bei 31.145 Euro. Klar, er hat dann 130 PS unter der Haube, ob man die will oder eben nicht. Doch im Januar 2021 kostete der günstigste Golf 8 mit 95 PS noch 20.395 Euro, also fast 11.000 Euro weniger und so viel wie heute der günstigste Polo. Und wer zurück auf den Marktstart des Golf 8 schielt, wird sehen, dass es damals ebenfalls mit 130 PS startete. Kostenpunkt der Ausstattungslinie Life: 26.460 Euro. Somit ist dieser in den letzten drei Jahren dennoch 4.500 Euro teurer geworden – nahezu ohne Mehrwert für den Kunden.
Land Rover Defender: plus 13.600 Euro
Und im Premiumbereich ist die Preissteigerung ebenfalls keine Seltenheit. Bei Land Rover hat man den Basispreis des Defender seit Markteinführung vor rund drei Jahren mehrfach von 50.000 Euro auf nun 63.600 Euro angehoben. Auch hier flossen zwar ein paar Ausstattungsänderungen mit ein, nicht jedoch für 13.600 Euro (Motor identisch). Wahrscheinlich stört aber einen Land Rover-Kunden eine 25-prozentige Preiserhöhung deutlich weniger als die Kunden eines Kleinwagens.
Hier geht es zum Autoflotte-Youtube-Kanal und dem Defender-Video
Doch so lange die Käufer dieses Spiel mitmachen, ist es für die Anbieter von Waren derzeit ein extrem lukratives Geschäft – nichts anderes spiegeln auch die Gewinne der Konzerne wider. Mal sehen, wie lange das noch weitergehen wird.