Es ist kein Geheimnis, dass Autoflotte den Erdgas-Antrieb mag. Immer wieder versuchen wir Ihnen, unseren Lesern, CNG-Fahrzeuge mit guten Argumenten schmackhaft zu machen. Wie beispielsweise bei unseren zwei Veranstaltungen zum Thema Erdgas www.autoflotte.de/cng.
Nicht alles Gold
Klar, es ist nicht alles Gold beim Gasantrieb. Aber selbst wer quer durch Deutschland fahren muss, kommt mit dem komprimierten Gas ohne große Umwege gut voran und in jedem Fall geschmeidiger als mit einem Elektrofahrzeug. Zur Not gibt es bei CNG-Modellen einen Range-Extender. Das ist im Seat Arona TGI ein neun Liter fassender Benzintank. Wir haben den Reichweitenverlängerer auf den 2.000 gefahrenen Kilometern kein einziges Mal genutzt. Was zeigt, dass man sogar mit der realistischen Reichweite von etwa 320 Kilometern auskommt. Die zwei installierten Erdgas-Tanks fassen 13,8 Kilgramm Gas. Das ist nicht viel, mehr klappt aber wegen des vorhandenen Bauraums im Kleinwagen nicht. Und es gehen bereits 118 Liter Kofferraumvolumen zulasten der beiden Gastanks. 282 Liter Gepäckraum bleiben übrig.
Wer sich auf Erdgas einlässt, könnte Interesse am"Connectivity-Paket Plus" inklusive Navigationssystem und kabellosem Handyladen für 800 Euro bekunden. Viel Geld, dafür zeigt es unter anderem die Erdgastankstellen an und berechnet diese in die Routenführung ein. Ebenso tut das auch die kostenfreie App von Zukunft Erdgas oder die von gibgas.de (5,49 Euro). Ohne App, ist das Suchen in unbekannten Gefilden nervenaufreibend. Die Belohnung: Das Grinsen beim Bezahlen. Denn mehr als 16 Euro haben wir für eine komplette Füllung nie bezahlt.
Das ist aus TCO-Sicht phänomenal. Kein anderer Treibstoff bringt einen günstiger 100 Kilometer weit. Selbst mit Strom - wenn dieser nicht aus der eigenen Solaranlage kommt - wird es schwierig, an die CNG-Kilometerkosten heranzukommen.
Erst recht, wenn man viel außerstädtisch unterwegs ist. Einen Kritikpunkt muss sich CNG gefallen lassen: Nicht alle Tankstellen oder Zapfsäulen im Niemandsland sind an die üblichen Tankkartennetze von DKV oder UTA angeschlossen. So muss also durchaus auch mal die EC- oder Kreditkarte herhalten - ein Problem, ohne Zweifel.Die Pauschalaussage, dass es zu wenige Tankstellen gibt, ist partiell sicherlich ebenfalls richtig - und gleichzeitig auch nicht. Ein Ausbau des Netzes wäre in jedem Fall wünschenswert, um CNG voranzutreiben. Vielleicht sollte hier auch der Volkswagen-Konzern mal Gas geben, wie er es bei der Elektrifizierung tut und zu den etwa 850 Erdgastankstellen weitere hinzufügen - aber da ist die Antwort bekannt:"Wir sind kein Tankstellenanbieter." Immerhin: Stromanbieter ist VW mittlerweile schon mal.
Ebenso wäre es erstrebenswert, wenn auch CNG-Dienstwagenfahrer den Steuervorteil genießen dürften, den Elektro- und PHEV-Fahrer für die kommenden zehn Jahre haben werden. Denn Erdgas gehört nach wie vor zu den "grünen" Antriebsarten, und mit 100 Prozent Bioerdgas fahren Erdgasautos fast CO2-neutral. Hinzu kommen die wegfallenden Transportwege der Lkw, die Benzin und Diesel quer durch die Lande transportieren, damit auch im hinterletzten Eck der Sprit fließt. Erdgas läuft durch Pipelines und somit reduziert sich das Lkw-Aufkommen, was Verkehrsfluss und Emissionen positiv beeinflusst.
90 Turbo-PS reichen aus
Den TGI, der laut VW eine Kunstbezeichnung ohne Hintergrund ist, spürt man beim Fahren des Arona kaum. Zwar stehen nur 90 PS im Datenblatt des Einlitertriebwerks. Was diese jedoch mit dem knapp 1.300 Kilogramm leichten Mini-SUV anrichten, ist aller Ehren wert und wird von Mitfahrern anders eingeschätzt. Der Turbomotor hämmert Dreizylinder-typisch los und dreht recht frei bis ans Limit. Nächster Gang des serienmäßigen Sechsgang-Schaltgetriebes reingepfeffert und weiter geht es, bis auf dem Tacho die 200-km/h-Marke fällt. Dass selbst bei Bleifuß-Etappen kaum mehr als sieben Euro pro 100 Kilometer entstehen, freut vielfach. Weniger erfreuen können sich Fans guter Fahrwerke an der Abstimmung des Arona. Spröde sprechen Vorder- und Hinterachse an, unterdämpft wirkt das Chassis vor allem bei härteren Anregungen, die flott genommen werden. Die montierten 18-Zoll-Räder der sportlich orientierten FR-Ausstattung sollten in jedem Fall mit Bedacht gewählt werden. Dafür ist Lenkung exakt und rückmeldungsstark.
Ebenso muss der Spanier sich Kritik bei den Abroll- und Windgeräuschen gefallen lassen. Doch hey: Es ist ein Kleinwagen, in dem wir sitzen. Das merkt man dann auch an Dingen wie der nicht vorhandenen Gurthöhenverstellung, dem Fehlen der Innengriffe am Dachhimmel und der Abstinenz der Fondbeleuchtung, die gerade für Eltern essenziell ist, um das Kind sicher anschnallen zu können.
Dass der Seat gerne größer und nobler wäre, zeigen Ausstattungsdetails wie das in Lederoptik verkleidete Armaturenbrett und die Keyless-Entry-Funktion, bei der der Schlüssel in der Tasche bleiben kann. Auch so feine Details wie der Abstandstempomat ACC sind auf Wunsch an Bord. Die
Regelung ist jedoch eher grobmotorisch. Wie bei fast allen Seat, weckt die Start-Stopp-Automatik aus dem Kurzzeitschlaf mit dem Wiedereinschalten des Motors, sobald das vorausfahrende Fahrzeug losdüst - prima gelöst.
Schöner Schnickschnack
Viel Schnickschnack für einen Kleinwagen. Schön, dass es das gibt. Und wer will, wählt die Ausstattungslinie Style, spart 1.700 Euro und hat dennoch eine vernünftige Verarbeitung und angemessene Materialien im Innenraum, um sich ab Werk wohl zu fühlen. Ob es der im Vergleich zum 1.0 TSI mit 95 PS (der hat lediglich ein Fünfgang-Getriebe) ein um 840 Euro teurerer TGI sein muss? Kommt drauf an. Alle, denen niedrige TCO und weniger Umweltverschmutzung wichtiger sind als Motorleistung und Reichweite, fahren mit Erdgas besser.
Von Autoflotte getestet
Top- Niedrige Kilometerkosten- Sauberer als Benzin und Diesel- Sozialverträgliche DimensionenFlop- Kofferraum aufgund CNG kleiner- 18-Zoll-Räder zu groß- 320 Kilometer Reichweite wenig
Seat Arona TGI FR
- Ausgabe 11/2019 Seite 55 (646.0 KB, PDF)