In Frauenhand
Die Otto Group schreibt sich beim Fuhrparkmanagement Effizienz und Ökologie auf die Fahne. Die Handschrift ist dabei eine weibliche.
Alba Moda, BonPrix, SportScheck – sie alle und noch viele Marken mehr gehören zur Otto Group, dem laut eigenen Aussagen weltweit zweitgrößten und deutschlandweit größten Online-Händler. Insgesamt arbeiten weltweit knapp 50.000 Mitarbeiter bei den zahlreichen Konzerngesellschaften in 20 Ländern. Will man die Zentrale der Konzernmutter besuchen, führt einen die Reise nach Hamburg. Hier befindet sich auch das Büro von Candy Weiß-Thieme. 2007 führte sie als externe Projektleiterin der Weg zum ersten Mal in die Wandsbeker Straße, 2009 übernahm sie bei Otto den Bereich „Travel & Fleetmanagement“. Im März 2011 wurde sie schließlich Bereichsleiterin, damit verantwortet sie nun zusätzlich den Einkauf Nicht-Handelswaren sowie den Bereich „Fuhrpark“, der wiederum ebenfalls fest in Frauenhand ist: von Weiß-Thiemes Mitarbeiterin Sabine Vonhausen. Die Industriemeisterin Druck, seit elf Jahren bei Otto tätig, orientierte sich vor einigen Jahren beruflich um und kam 2006 zum „Fuhrpark“.
Das heißt, bei Otto wird beim Fuhrparkmanagement strikt getrennt: zwischen den 25 Fahrzeugen für Kurierdienste und Vorstandsfahrten in der Otto-Einzelgesellschaft einerseits („Fuhrpark“) und den 1.400 Full-Service-geleasten Fahrzeugen für Dienstwagenberechtigte in den Konzerngesellschaften andererseits („Travel & Fleetmanagement“). Wobei nicht alle Konzerntöchter deutschlandweit von Hamburg aus betreut werden.
Soweit die Theorie. In der Praxis setzt Otto für das tägliche Fuhrparkmanagement seit einem guten Jahr auf die Software-Lösung von InNuce Solutions (siehe Autoflotte 11/2011): FleetScape und QuotationScape, vor allem „weil damit ein integrierter, ganzheitlicher Prozess abgebildet wird“, erklärt Weiß-Thieme die Entscheidung. Bis zur Einführung der Softwarelösung gab es nur einen Leasinggeber im Hause Otto, jetzt herrscht über das Multi-Bidding-Verfahren mehr Wettbewerb, sodass mehrere Leasingunternehmen an Bord sind. Alle sechs Monate wird neu ausgeschrieben.
Konfiguration je nach Richtlinie
Mit QuotationScape kann jeder berechtigte Mitarbeiter sein Fahrzeug selbst konfigurieren, denn die vier verschiedenen Richtlinien sind dort hinterlegt: Für Geschäftsführer und Direktoren gibt eine Leasingreferenzrate das Limit vor. Wird diese überschritten, muss der Mitarbeiter eine entsprechende Zuzahlung leisten. Daneben reguliert eine Richtlinie für Vielfahrer die Konfiguration, während für den Außendienst eine separate Richtlinie existiert, da dieser nur auf eine bestimmte Fahrzeuggruppe zugreifen darf. Schließlich richtet sich die vierte Richtlinie an die Leitungsebene und den erweiterten Führungskreis in Form eines Gehaltsumwandlungsmodells.
Für Geschäftsführer und Vielfahrer zählen eine Freisprech- und eine Klimaanlage zur Pflichtausstattung. „Ein Navigationsgerät gehört nicht dazu, da wir über das iPone mit Halterung als Zusatzleistung in den Leasingverträgen ebenfalls eine Navigation bieten können“, erklärt Weiß-Thieme. Restriktionen gibt es bei der Konfiguration kaum. Otto arbeitet mit vielen Herstellern zusammen. Darunter natürlich auch die großen Namen wie VW, Mercedes, BMW, Volvo und Lexus. Für die Geschäftsführer und Direktoren sind keine Cabrios und Zweisitzer vorgesehen, sonst schränkt für jedermann vor allem die CO2-Vorgabe die Auswahl ein.
Dieser CO2-Wert ist Teil der Car Policy und ebenfalls in QuotationScape hinterlegt. „Derzeit ist die Obergrenze bei 200 g/km definiert, aktuell arbeiten wir aber an einem neuen Benchmark“, berichtet Weiß-Thieme. Bis 2020 sollen die CO2-Emissionen der Otto Group gegenüber dem Geschäftsjahr 2006/2007 halbiert werden, so die Ankündigung im Otto-Corporate-Responsibility-Report 2011. Auch wenn der Anteil der Mobilität an den Gesamtemissionen demnach nur drei Prozent beträgt, soll der Fuhrpark mit gutem Beispiel vorangehen.
Dass der CO2-Wert hinterlegt ist, führt laut Weiß-Thieme bei dem einen oder anderen Mitarbeiter gelegentlich zu Verwirrung, denn damit wird die Auswahl in QuotationScape automatisch eingegrenzt, sodass nicht alle auf dem Markt verfügbaren Modelle – etwa im SUV-Bereich – angezeigt werden.
Wobei SUV generell gefragt sind. „Die Autos werden kleiner, aber der SUV-Charakter wird beibehalten, das merkt man an den Zulassungszahlen der geländegängigen Modelle“, beobachtet Weiß-Thieme. Abgesehen davon setzt der Konzern meist auf Diesel: Alle Fahrzeuge des „Fuhrparks“ tanken Diesel, ebenso die des Außendienstes und der Vielfahrer. In den anderen Fällen hängt die Kraftstoffart von der Kilometeranzahl ab.
Alternativen sind gewünscht
Gut in diese ökologische Strategie passen die Modelle mit alternativem Antrieb im Otto-Fuhrpark. Auf dem Hof wird zum Beispiel beim Besuch in Hamburg gerade einer von zwei Vito E-Cell aufgeladen. „Für kurze Strecken und Fahrten auf dem Gelände ideal“, urteilt die „Fuhrpark“-Verantwortliche Vonhausen. Generell steht Otto in engem Kontakt mit den Händlern, um den Mitarbeitern Testfahrzeuge mit alternativen Antrieben nahezubringen.
Geparkt ist der am Strom angeschlossene Vito E-Cell vor der eigenen Werkstatt, an die sich seit Kurzem eine eigene Waschanlage anschließt. Auch die Innenreinigung wird hier erledigt. Otto-Mitarbeiter können die Anlage auch für private Zwecke nutzen, ebenso wie den Reifenservice inklusive Einlagerung. Das klingt nach gutem Service – und genau so wollen Weiß-Thieme und ihr Team ihre Arbeit auch verstanden wissen: „Wir haben eine eigene Hotline für unsere Mitarbeiter, denn wir sehen uns als Dienstleister.“
Ein guter Dienstleister kennt die Prozesse auf der Kundenseite – und hat die Kosten im Blick. Entsprechend ist Reporting ein wichtiges Instrument für Weiß-Thieme. Die Laufzeiten und Kilometerstände überprüft Vonhausen monatlich, um gegebenenfalls die Verträge anzupassen. Die Fleetmanagerin vergleicht zudem regelmäßig die durchschnittlichen Finanzleasingraten mit den Benchmarks in den jeweiligen Kategorien. Und natürlich wird auch der durchschnittliche Spritverbrauch über die Tankkartenabrechnungen kontrolliert. „Ausreißer gibt es keine, denn die Mitarbeiter wissen, dass wir die Kosten im Blick haben“, berichten Weiß-Thieme und Vonhausen.
Zum Schluss räumen die Frauen mit Vorurteilen auf: Klar, Autoaffinität sei wichtig für das Fuhrparkmanagement, vor allem komme es aber auf Engagement und Motivation an. Daran mangelt es in Hamburg ganz offenbar nicht. Susanne Löw
Otto im Profil
Alles begann mit einem selbst geklebten Katalog und 28 Paar Schuhen im Angebot, als Werner Otto 1949 den Grundstein für den weltweiten Versandhandel legte. Heute fußt die Otto Group auf den drei Säulen Multichannel-Einzelhandel (Online-Shop, Katalog, Ladengeschäft), Finanzdienstleistungen und Service (Logistik-/Reisedienstleister, Einkaufsgesellschaften). Die über 123 Gesellschaften verteilten zirka 50.000 Mitarbeiter in 20 Ländern erwirtschafteten dabei im Geschäftsjahr 2010/2011 einen Umsatz von 11,4 Millionen Euro.
Die Otto-Flotte
1.400 Fahrzeuge im Full-Service-Leasing („Travel & Fleetmanagement“)
25 gekaufte Fahrzeuge für die Otto-Einzelgesellschaft („Fuhrpark“)
Leasinglaufzeit/Laufleistung: keine Angabe
Pkw: mehrere Hersteller, darunter VW, Mercedes, BMW, Volvo, Lexus
FPM mit InNuce Solutions
eigene Kfz-Werkstatt, eigene Waschanlage, eigenes Reifenlager
- Ausgabe 1/2012 Seite 48 (298.6 KB, PDF)