_ Bußgelder, Regress, Gefängnis: Die Gespräche über mögliche Sanktionen und Strafen für fehlende oder mangelhafte Erfüllung der Halterpflichten im Fuhrparkmanagement kochen regelmäßig hoch. Viele Flottenmanager beschäftigen sich daher mit den Risiken und rechtlichen Vorschriften, um ihr Handeln auf eine sichere Grundlage zu stellen. Das betrifft die Führerscheinkontrolle genauso wie die Schadenminimierung in der Flotte oder Fahrerunterweisung.
Diese und weitere Themen beleuchteten auch die Referenten der Fachtagung von Leaseplan mit gut 130 Teilnehmern Ende November in Düsseldorf. Die Leitfrage dabei:"Ihr Fuhrpark im Dschungel der Gesetze - Blicken Sie durch?" Darauf sollten die Flottenmanager Antworten erhalten und Lösungsansätze ausloten.
Prinzipielle Haftungsrisiken
Als Erstes führte Marc-Oliver Prinzing, Vorstandsvorsitzender im Bundesverband Fuhrparkmanagement, in das Fuhrparkrecht ein. Das Ziel: Haftungsrisiken erkennen, vermeiden, beseitigen. Dazu erörterte er, wofür der Halter verantwortlich ist: die Eignung des Fahrers, den technischen Zustand sowie einsatzbezogenen Zustand des Fahrzeugs und die Ladungssicherung.
Daraus resultierten konkrete Aufgaben. Neben der Beschaffung geeigneter Fahrzeuge seien das unter anderem die Entgegennahme und Kontrolle der Fahrzeuge und -papiere, die Prüfung der gesundheitlichen Eignung des Fahrers, dessen Einweisung in die Bedienung des Fahrzeuges in fachlicher und technischer Hinsicht gemäß DGUV 70, die Führerscheinprüfung in einem viertel- bis halbjährlichen Turnus oder bei Bedarf auch häufiger sowie die termingerechte Durchführung der HU, AU und UVV-Prüfungen der Fahrzeuge.
Pflichten überschaubar
Um generell risikogerechte Maßnahmen für das jeweilige Unternehmen installieren zu können, riet Prinzing, möglichst auch den Fuhrpark im Rahmen der Gefährdungsbeurteilungen gemäß Arbeitsschutzgesetz §§ 5 und 6 unter die Lupe zu nehmen. Er resümierte:"Grundsätzlich sind die Pflichten aber überschaubar, es ist eher der Umfang, der zu schaffen macht."
In der Folge werden Aufgaben delegiert. Hier lauern die nächsten Fallstricke. Nach Erfahrungen des Verbandsvorstands mangelt es insbesondere vielen Vorgesetzten an Wissen, wie eine korrekte Delegation der Halterpflichten auszusehen hat. Nach dem Zufallsprinzip einen Mitarbeiter damit zu betrauen, sei keine Lösung: "Es muss die fachliche Qualifikation vorhanden sein, sonst handelt es sich um eine mangelhafte Delegation." Deshalb bedürfe es gerade in den oberen Führungsebenen oft noch der Aufklärung.
Zudem mahnte er an, dass eine vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung der Aufsichtspflicht eine Haftung der Geschäftsführung gemäß § 130 OWiG mit Geldbußen bis zu einer Million Euro nach sich ziehen kann.
Halterpflichten richtig delegieren
Die Delegation der Halterpflichten an den Fuhrparkleiter ergeben sich wiederum aus verschiedenen Quellen. Laut Prinzing können sich diese aus den gesetzlichen Vorschriften, dem Arbeitsvertrag, der Aufgabenbeschreibung, der Funktion, in der der Mitarbeiter tätig ist, oder einer gesonderten Beauftragung ableiten.
Damit die Verantwortlichen ihre Aufgaben in der Praxis rechtssicher managen, bietet sich für sie an, Partner mit an Bord zu holen. Zwei Optionen seien es, die elektronische Führerscheinkontrolle zu nutzen und die Einweisung der Fahrer an das Autohaus zu übertragen. Zu überlegen seien ferner der Einsatz von Unterweisungstools und die Terminüberwachung mittels Fuhrparksoftware.
Eine Fuhrparkmanagerin, die mehrere hundert Fahrzeuge in einem Lebensmittelkonzern managt, fragte:"Sind die Mitarbeiter einer erneuten Unterweisung zu unterziehen, sobald sie Dachboxen oder Anhänger im Nachgang anbringen lassen?" Prinzing bejahte und empfahl, die damit verbundenen wichtigen Punkte wie Gewichtsbeschränkungen bei den Dachboxen und maximale Zuglast für Anhängerkupplungen schon bei der ersten Einweisung zu thematisieren.
Fahrerunterweisung als UVV-Baustein
Anschließend umriss Jürgen Ohr, Geschäftsführer der Trias Training & Services und Kooperationspartner von Autoflotte, die rechtliche Basis der Fahrerunterweisung und die praktische Umsetzung im Fuhrpark. Dazu verwies er nicht nur auf die konkrete Bedeutung der einschlägigen Paragrafen im Arbeitsschutzgesetz und DGUV-Vorschriften. So reiche es nicht aus, einen Flyer zu produzieren und diesen ins Handschuhfach zu legen oder als PDF ins Intranet zu stellen. Vielmehr müsse die Fahrerunterweisung mindestens einmal pro Jahr durchgeführt werden.
Wenn zusätzliche Gefährdungspotenziale hinzukämen, sei ebenfalls eine Unterweisung notwendig: beispielsweise bei Neueinstellungen, bei Übergabe eines neuen Fahrzeugs oder besonderen Vorkommnissen wie einem Unfall.
Unterweisungen in der Praxis
Wie konsequent Unterweisungen implementiert werden können, veranschaulichte Ohr anhand eines Kundenbeispiels. Das Unternehmen stellt den Mitarbeitern für die An- und Abreise zum eigenen Weiterbildungszentrum Fahrzeuge bereit. Dafür werden alle unterwiesen.
Wie muss nun eine Unterweisung gestaltet sein, die den Ansprüchen der Berufsgenossenschaften entspricht und den Fuhrparkleitern möglichst Rechtssicherheit verschafft? Am besten seien Unterweisungsgespräche, etwa mit dem direkten Vorgesetzten. Doch das bringt einen erheblichen Mehraufwand mit sich. Deshalb lieferte Ohr weitere Lösungsansätze, die von Präsenzschulungen von Fahrern über Blended-Learning-Modelle, die E-Learnings mit Präsenzschulungen verbinden, bis hin zu E-Learning-Programmen inklusive Leitfaden zur Online-Dokumentation für das Unterweisungsgespräch reichen.
Die Interimsmanagerin eines Fuhrparks erkundigte sich, wie sie es bei den Pool-Fahrzeugen handhaben soll. Ohr entgegnete, dass dies nicht einfach und nur individuell zu lösen sei. Man könne aber etwa sogenannte latente Fahrer identifizieren und einweisen - wie zum Beispiel Fachkräfte, die regelmäßig in Projektphasen auf die Dienstwagen zugriffen.
Eine andere Flottenmanagerin wollte wissen, ob die Einweisungspflicht auch für Ehepartner und Kinder der Firmenwagenfahrer gelte, die zur Nutzung berechtigt sind. Ohr verneinte, da hier die Pkw nicht als Arbeitsmittel im Einsatz sind.
Fahrer schützen, Risiken minimieren
Einem weiteren sensiblen Aspekt widmete sich Rechtsanwalt Christoph Hartleb der gleichnamigen Kanzlei in Mönchengladbach: "Der kranke und suchtgefährdete Dienstwagennutzer - wann muss man als Fuhrparkverantwortlicher einschreiten?" Der Experte wollte das Problembewusstsein schärfen und betonte, dass generell bei jedem vierten Unfall Drogen, Medikamente, Alkohol oder andere beeinträchtigende Mittel im Spiel seien.
In diesem Kontext ergäben sich aus den rechtlichen Vorschriften für Fuhrparkleiter einige Pflichten. So müsse bei Einstellung nicht nur der Besitz einer Fahrerlaubnis überprüft werden, sondern auch, ob der Fahrer geeignet ist, mit Dienstwagen zu fahren.
Dies könne eine ärztliche Bescheinigung erfüllen. Dazu bedürfe es allerdings einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Regelung im Dienstwagenüberlassungsvertrag, die zum Beispiel das Vorlegen einer ärztlichen Bescheinigung alle zwei Jahre definiert und eine Öffnungsklausel beinhaltet, dies zusätzlich bei bestimmten Ereignissen fordern zu dürfen. Das könne der Fall sein, wenn der Fuhrparkleiter beobachtet, dass ein Fahrer fahruntauglich zu sein scheint oder krankheitsbedingt länger ausgefallen ist.
In konkreten Situationen einschreiten
Das entbinde den Fuhrparkverantwortlichen jedoch nicht von der Pflicht, in konkreten Situationen etwas zu unternehmen, wenn der Mitarbeiter augenscheinlich nicht mehr fahren kann, zum Beispiel bei übermäßigem Alkoholgenuss auf Betriebsfeiern. Dem Rechtsanwalt zufolge sollte dies vor allem unter dem Blickwinkel des Mitarbeiterschutzes gesehen werden.
Dass dies gerade für Verantwortliche von großen und dezentral aufgestellten Flotten ein Problem sein kann, weiß Hartleb. Es sei hier grundsätzlich zu fragen, ob ein Fuhrparkleiter ausreiche, um den Verpflichtungen aus den gesetzlichen Vorschriften nachzukommen. Er riet daher, den Ball an den Arbeitgeber zurückzuspielen und ihn darauf hinzuweisen, dass dies gegebenenfalls nicht mehr leistbar ist.
- Ausgabe 12/2016 Seite 76 (181.2 KB, PDF)