Die schlechten Nachrichten vorweg: Die neue E-Klasse dürfte die letzte ihrer Art sein und nach ihrem Auslauf irgendwann in sieben oder acht Jahren durch den jetzt schon erhältlichen EQE ersetzt werden. Und: Wer mal in der Businesslimousine sitzen will, muss sich schon eine kaufen (ab ca. 54.000 Euro) oder einen guten Freund haben, der eine besitzt. Denn eine kurzzeitige Teilhabe an dieser Art Luxus - als Taxi, dann sogar mit Chauffeur - wird es nicht mehr geben. Die E-Klasse als Volks-Transporter, sie hat mit der sechsten Generation ausgedient.
Ansonsten, vom Standpunkt eines Auto-Enthusiasten oder Ingenieurs, ist die neue E-Klasse mal wieder eine Meisterleistung, eine kleine S-Klasse, auf Wunsch vollgestopft mit allem, was bei Mercedes derzeit möglich ist. Und das ist so viel, dass wir es in diesem Rahmen nicht annähernd aufzählen können. Zum Beispiel gibt es einen digitalen Fahrzeugschlüssel, so dass sich die E-Klasse allein mit einem Handy oder einer Uhr starten lassen – sofern sie von Apple ist. Bei der neuen, aufpreispflichtigen Klimatisierungsautomatik Thermotronic verstellen sich die Lüftungsdüsen selbstständig mittels zwei kleiner elektrischer Antriebe, Mercedes nennt das neudeutsch Digital Vent Control. Es gibt aber auch Skurriles wie ein Anti-Reisekrankheits-Programm, dass beim Beifahrer entsprechende Symptome mildern oder gar verhindern soll. Leider fühlten wir uns an Bord der E-Klasse so wohl, dass wir zur Wirksamkeit an dieser Stelle nichts sagen können.
MBUX Sprachsteuerung: Routinen erstellen
Ja, der Wohlfühlfaktor ist wirklich hoch. Vor allem, wenn man das aufpreispflichtige Technik-Paket bestellt hat, das ein Luftfederfahrwerk (Airmatic) und die Hinterachslenkung umfasst. Während die Airmatic die Insassen über sämtliche Unbill der Straßen hinwegschweben lässt, sorgt die Hinterachslenkung für eine frappierende Agilität. Vor allem in engen Kurven, etwa in Parkhäusern oder beim Rangieren, wird die immerhin fast 5 Meter lange Limousine gefühlt zum Kompaktwagen.
Schon bisher zählte die Sprachsteuerung MBUX zu den besten ihrer Art. Neu ist nun die Möglichkeit, sogenannte Routinen zu erstellen. Darunter versteht Mercedes, Bedingungen und Funktionen miteinander zu verbinden, etwa mit dem Befehl: „Wenn die Temperatur im Innenraum unter 16 Grad liegt, schalte die Sitzheizung ein und stelle die Ambientebeleuchtung auf warmes Orange“. Wer allein im Auto sitzt und nicht zum Solosingen neigt, kann MBUX jetzt zudem auf "Just Talk" einstellen. Dann reagiert das System auf jedes gesprochene Wort, man muss es also nicht zunächst mit dem Befehl "Hey Mercedes" aktivieren. Wenn man vergisst, diese Einstellung gewählt zu haben, kann das allerdings auch schnell nervig werden.
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Optisch wirkt die neue E-Klasse irgendwie vertraut. Und das ist durchaus gewollt, denn sie soll als Mercedes-Limousine sofort erkennbar sein. Durch den langen Radstand (plus 2,2 cm auf 2,96 Meter) und die langgestreckte Motorhaube mit der dadurch recht weit nach hinten gezogenen Fahrerkabine wirkt der immerhin 4,95 Meter lange Viertürer sehr dynamisch. Das klassische Drei-Box-Design ist eben immer noch der Maßstab für ein wohlproportioniertes Auto und lässt die meisten SUVs im Vergleich bieder und klobig aussehen.
Mercedes E-Klasse (W 214)
BildergalerieBei den Motoren setzt Mercedes ausschließlich auf Mildhybrid-Verbrenner oder Plug-in-Hybride, entweder mit reinem Hinterradantrieb, gegen Aufpreis zubuchbarem Vierradantrieb oder serienmäßig Allrad und in jedem Fall mit Turbounterstützung und der bekannten Neungang-Automatik an Bord. Wir fanden schon die preisliche Basisversion, den E 200 mit 150 kW/204 PS, sehr überzeugend. Dank der peniblen Dämmung ist der Zweiliter-Vierzylinder im Innenraum kaum präsent und dringt höchstens mal beim nachdrücklichen Beschleunigen durch.
Für Langstreckenfahrer und Sparfüchse bleibt der E 220d (145 kW / 197 PS) erste Wahl. Der leicht rau laufende Selbstzünder wird wie alle Mildhybrid-Varianten von einem Elektromotor mit 17 kW / 23 PS unterstützt, der zusätzliche zu den 440 Nm des Verbrenners weiter 205 Nm bereitstellt. Das unterstützt beim Anfahren und Beschleunigen und senkt den Verbrauch, der mit 4,8 bis 5,5 Liter angegeben wird. Der E 220d ist auch mit Allradantrieb erhältlich. So oder so zeigt der Diesel, dass er für Vielfahrer immer noch die erste Option ist.
Reale Elektroreichweite: 70 bis 80 Kilometer
Neben den zwei Mildhybrid-Verbrennern stellte Mercedes zu den Testfahrten auch zwei Plug-in-Hybride in drei Varianten zur Verfügung, den E 300e mit Hinterrad- oder Allradantrieb und den E 400e, der mit einer Systemleistung von 280 kW / 382 PS derzeit die Spitze der neuen E-Klasse markiert. Die PHVs beeindrucken im Wettbewerbsvergleich vor allem durch ihre große elektrische Reichweite, die von Mercedes bei allen Modellen mit 95 bis 109 Kilometer angegeben wird. In der Praxis bedeutet das eine reale Elektroreichweite von 70 bis 80 Kilometer und damit mehr als genug für den täglichen Einsatz außerhalb der Langstrecke. Wer zuhause oder bei der Arbeit "nachtanken" kann, hat hier - anders als bei vielen Plug-ins mit realen Reichweiten von 30 oder 40 Kilometern – die Möglichkeit, wochen- oder gar monatelang ohne Verbrenner zu fahren, kann aber die Urlaubsfahrt jederzeit ohne Reichweitenangst antreten.
Auf der Minusseite jedes PHV steht der dann durch das Gewicht der zwei Antriebe erhöhte Kraftstoffverbrauch, der Ressourcenverbrauch und die höheren Preise. Zudem sollte man wissen, dass selbst der E 400e trotz seiner auf dem Papier tollen Fahrwerte (250 km/h Spitze, 5,3 s von 0 auf 100 km/h) kein Sportler ist. Wer es wirklich drauf anlegt, wird bemerken, dass das Wechselspiel der beiden Systeme unter sportlicher Volllast nicht immer harmonisch funktioniert.
Der hohe Fahrkomfort, die hervorragenden Platzverhältnisse gerade auch auf den äußeren Rücksitzen, das Sicherheitsniveau und die Ausstattungsmöglichkeiten machen die neue E-Klasse einmal mehr zu der Businesslimousine schlechthin. Wer noch mehr will, greift zur S-Klasse, dann passend mit Chauffeur. Wir würden dagegen recht gerne mit einer E-Klasse selbst ins Geschäft kommen, wenn wir denn mit dem Chef darüber ins Geschäft kommen.