Die Antriebsbatterie im Elektroauto ist das teuerste Bauteil, und ihr Zustand entscheidet beim Verkauf eines gebrauchten Fahrzeugs über den tatsächlichen Wert. Sowohl für Verkäufer als auch Käufer ist daher eine verlässliche Aussage über den Zustand der Batterie - über den State of Health (SoH) - sehr wertvoll. Fahrverhalten, Ladezyklen, Alter - das sind Faktoren, die Einfluss auf den Zustand von Batterien haben. Die Nutzung hinterlässt Spuren, die die Kapazität der Batterie mindern können.
TÜV-Süd und Aviloo: Premium Test für Privatkunden
Seit April 2022 bietet TÜV-Süd in Kooperation mit dem österreichischen Unternehmen Aviloo an ausgewählten TÜV-Süd-Service-Centern State-of-Health-Prüfungen (SoH) der Batterie an. Der Premium-Test des Energiespeichers ist auf Endverbraucher zugeschnitten und sehr leicht durchführbar. Die Terminbuchung für die Abholung der notwendigen Box im Service-Center erfolgt ganz bequem online.
"Zur Durchführung des Tests wird die Aviloo-Box mit der Diagnose-Schnittstelle (OBD) des Fahrzeugs verbunden. Danach sammelt das Gerät während des normalen Alltagsbetriebs des Fahrzeugs Rohdaten aus der Batterie", beschreibt Markus Gregor, Product Manager Battery Evaluation bei TÜV-Süd, den Prozess. "Im Wesentlichen werden auf Zellebene Spannung und Stromstärke unter Berücksichtigung weiterer Parameter wie Betriebstemperatur per Datenschnittstelle an die Aviloo-Datencloud gesendet. Auf Basis dieser Daten - es werden bis zu eine Million Datenpunkte gesammelt - wird der aktuelle Zustand der Batterie bestimmt", führt Gregor weiter aus.
Grundlage für den Restwerte
Eine Web-App führt den Nutzer Schritt für Schritt durch den Test. Spätestens nach 48 Stunden erhält der Kunde das Ergebnis per E-Mail. Die Bescheinigung weist eine prozentuale Angabe über die noch vorhandene Kapazität der Batterie im Vergleich zum Neuzustand aus - und damit eine wichtige Information zur Restwertbestimmung.
Während dieser Premium-SoH-Test 2022 flächendeckend in Deutschland eingeführt worden ist, arbeitete TÜV-Süd parallel an der Markteinführung eines B2B-Produktes für Autohäuser und Leasingfirmen, die im Gebrauchtwagengeschäft eine verlässliche Aussage zum Batteriezustand und damit zum Fahrzeugwert ermitteln möchten. "Der Flash-Test wurde speziell für den Einsatz bei den B2B-Kunden entwickelt, die Wert auf eine schnelle Zustandsermittlung legen - etwa bei der Rücknahme von Leasingfahrzeugen", erklärt Gregor. Während beim Premium-Test dynamische Daten über einen gesamten Ladezyklus während der Fahrt ausgelesen werden, ist der Fast-Check auf die Analyse von Daten der unbelasteten Batterie ausgelegt. Die Aufzeichnung und Analyse der benötigten Daten dauert nur wenige Minuten und kann daher in bestehende Prozesse, zum Beispiel im Autohaus, leicht integriert werden. Eine Probefahrt auf dem Gelände ist nicht notwendig.
Der Aviloo-Tester wird auch beim Flash- Test an die OBD-Schnittstelle des stehenden Fahrzeugs angeschlossen. Nach Start des Tests dauert es nur wenige Minuten, bis eine grüne LED in der Box das erfolgreiche Ende der Prozedur signalisiert. Was für den Betrachter einfach aussieht, basiert auf komplexen Rechenoperationen und auf dem Datenabgleich mit den in der Aviloo-Cloud bereits gespeicherten Daten aus Tausenden vorangegangener Tests.
TÜV-Süd und Aviloo: Datenbasis in der Cloud
"Die im Testlabor von Aviloo gesammelten Daten zu den verschiedenen Fahrzeugtypen und die Daten aus dem Premium-Test sind die Grundlage für den Flash-Test", erklärt Gregor. Die Datenbasis ist mittlerweile so groß, dass man sich zutraut, den Batteriezustand auch beim stehenden Fahrzeug zu bestimmen. Die Berechnung des Batteriezustandes im Flash-Test beruht letztlich auf einer Künstlichen Intelligenz (KI), die immer besser wird, je mehr Fahrzeuge getestet werden.
Im Stillstand können zwar keine Messungen der belasteten Zelle gemacht werden, aber man kann Spannung und Temperaturen auf Zellebene mit den gesammelten Erfahrungswerten der Cloud vergleichen. Gregor: "Wir erkennen Abweichungen und auffällige Drifts der Spannung innerhalb einer Batterie - da-raus ermittelt der Algorithmus erfahrungsbasiert den Batteriezustand. Zudem erfolgen Plausibilitätsprüfungen sowie eine Einstufung des Batteriezustandes über die gesammelten Werte. Grundlage ist der Abgleich mit der Aviloo-Battery-Cloud unter Verwendung von Big-Data-Algorithmen."
Der Score als Richtgröße
Unmittelbar nach dem Test erhält der Nutzer einen Test-Report mit dem berechneten "Score" per E-Mail oder per Datenschnittstelle. Markus Gregor erklärt dessen Bedeutung: "Der Score ist ein berechneter Prozentwert, der mit der Restreichweite des Fahrzeugs korreliert. Je schlechter der Prozentwert ist, desto geringer ist die Reichweite, die mit der Batterie noch erzielt werden kann." Der Score spiegelt darüber hinaus historische Daten der Batterie wider wie den Gesamtenergieverbrauch, die Anzahl von Vollzyklen, das Fahrverhalten oder die Ladezyklen. Der ermittelte Prozentwert ist damit eine Kombination aus aktuellen Messwerten und historischen Daten. Wenn die Batterie beschädigt ist oder ein Risiko davon ausgeht, wird ein sogenannter "Red-Flag"-Report erstellt, der Empfehlungen für geeignete Maßnahmen enthält.
Stanislaw Subow