_ Wer einen Fuhrpark betreut, der vom gut ausgestatteten City-Flitzer bis zur vorstandsfähigen Oberklasse reicht und dafür im Schnitt 42.000 Euro (netto) budgetieren darf, gehört vordergründig zu den privilegierten Flottenmanagern. Was hier auf den ersten Blick paradiesisch klingen mag, erfordert vom dreiköpfigen WPP-Flottenteam um Florian Albert vor allem zwei Dinge: harte Arbeit und geschicktes Verhandeln.
Das betrifft allerdings nicht allein die Beziehungen zu den externen Flotten-Partnern, sondern auch zu den insgesamt 88 Marketing- und Kommunikationsfirmen, die in Deutschland zum WPP-Netzwerk zählen und deren Flotteneinkäufe in Frankfurt gebündelt werden. Während die Gespräche mit Fuhrparkdienstleistern in Verträgen münden, bleibt es nach der Beratung der separaten WPP-Fuhrparkbetreiber - der Größte weist rund 150 Einheiten in seiner Flotte aus - bei Empfehlungen. Aus dieser Dreiecksbeziehung speist sich eine gewisse Spannung, die das Arbeiten mit einerseits den Kreativen und andererseits den Kosteneffizienten ausmacht. Auf der kreativen Seite sind die Finanzchefs der einzelnen WPP- Firmen die Ansprechpartner für das Team um Florian Albert. Wer operativ das Fuhrparkmanagement leitet, unterscheidet sich stark in der heterogenen Struktur. Mal ist es der Geschäftsführer selbst, mal der Assistent, mal ein fester Fuhrparkleiter, der gern etwas unabhängiger agieren möchte. Mal gibt es einen Betriebsrat, mal nicht. Die Gemengelage ist verschieden und findet doch bei einem Punkt zusammen: beim Verhandeln von günstigen Konditionen.
Per Multi-Bidding, das im Beschaffungsportal integriert ist, werden jene meist gut ausgestatteten Motivationsfahrzeuge ausgeschrieben. An der Ausschreibung können dann im Grunde nur zwei zentrale Leasinggeber (Non-Captives) teilnehmen, die für die gesamte Gruppe exklusiv für Europa, Afrika und den Mittleren Osten (EMEA) als Partner agieren. Hinzu kommen in Deutschland allerdings einige feste Vertragshändler. Für diese Captives gibt es eine Sonderregelung.
"Das decken zum einen deren günstige Leasingraten, wenn wir die Fahrzeuge ausschreiben, und zum anderen sind die berechneten Minderwerte bei der Rückgabe hier fast immer niedriger als bei den Non-Captives", betont Albert. Was allerdings nicht heißt, dass jedes WPP-Unternehmen einen Händler direkt vor der eigenen Haustür hat. "Das wünschen sich zwar die Fahrer, steht aber konträr zur zentralen Beschaffung, die die Basis für unsere Konditionen ist. Denn viele Fuhrparks wären schlichtweg zu klein, um Großkundenrabatte zu erhalten", konkretisiert Albert, der schon bei seinem vorherigen Arbeitgeber Lidl lernte, was verhandeln heißt. Generell betont der Chef-Einkäufer, dass man bei der Wahl externer Partner auf umfangreiche und automatisierte Ausschreibungen bewusst verzichte, sondern lokale Partner und den persönlichen Kontakt und Austausch bevorzuge.
So erhält beispielsweise beim Multi-Bidding nicht automatisch der Günstigste den Zuschlag. Faktoren wie Rückgabeverhalten (Minderwert, Logistik, Nebenkosten), Fahrzeugvolumen und allgemeine Zufriedenheit (Reaktionszeiten, Qualität der Kommunikation) spielen eine ebenso große Rolle. "Diese Politik wird in den Jahresgesprächen gewürdigt", erklärt Albert stolz.
Buntes Marken-Bouquet
Ein Grund für die hohe Zufriedenheit der Dienstwagenfahrer liegt auch im breit gefächerten Angebot an Marken und Modellen, die sich einige WPP-Unternehmen aus ihrem eigenen Kundenstamm rekrutieren."Als Fabrikate werden Opel und Ford bevorzugt, aber die Auswahl erstreckt sich auf alle gängigen Premiummarken, da wir das Glück haben, diese Hersteller zu unseren Kunden zählen zu dürfen. Besonders stolz sind wir auf die Zusammenarbeit mit Opel und auf die von der WPP-Agentur Scholz & Friends erschaffene Marketingkampagne 'Umparken im Kopf'", freut sich Albert. Wer bestellen will, muss vorher die Dienstwagenüberlassungsvereinbarung unterzeichnen. "Damit wollen wir den Beschäftigten die Möglichkeit geben, sich detailliert mit dem Vertrag auseinanderzusetzen, statt ihn ungelesen bei der Fahrzeugübergabe zu unterschreiben." Mit der Übergabe geht auch die Verantwortung für die geleasten Fahrzeuge an die einzelnen WPP-Gesellschaften über.
Faire Rückgabe
Aber anders als etwa im Einzelhandel ist der günstige Einkaufspreis beim Flottenfahrzeug längst nicht alles. Spätestens die Rückgabe deckt dann ein weiteres Spannungsfeld auf. "Deshalb ist für uns die Faire Fahrzeugbewertung der Mindestmaßstab, der aber auch vollends gelebt werden muss. Dazu bestehen wir auf individuelle Zusatzvereinbarungen und gehen gerade fiktive Abrechnungen von Tauschteilen besonders kritisch an", resümiert Albert.
Bis vor zwei Jahren, also zum Dienstantritt von Albert, wurden die Fahrzeuge noch zentral zurückgeholt, aufgebreitet oder gar instand gesetzt. Heute wird für jedes Fahrzeug ein Vorabgutachten erstellt, bevor es an den Händler oder die Leasinggesellschaft geht. Das Rückgabeprotokoll des Leasinggebers wird im Anschluss vom Schadenmanager geprüft. "So wird die von uns zu zahlende Differenz ermittelt. Im Streitfall agiert dann unser Schadenmanager als Anwalt für uns", betont Albert und ergänzt: "Unsere Erfahrung zeigt, dass sich die Kosten für die zentrale Instandsetzung und Aufbereitung nicht refinanziert haben, da unsere Leasinggeber, mit denen wir vertrauensvoll zusammenarbeiten, die Minderwerte regelmäßig niedriger ansetzen. Zusammen mit den gesparten Standzeiten und Transportkosten macht dies einen vierstelligen Betrag pro Fahrzeug aus", lobt Albert.
Alltagsprobleme
Was so gut strukturiert ist, deckt allerdings nur einen gewissen Teil der Arbeit des dreiköpfigen Flottenteams ab. So landen auch Fragen jenseits des Bestellens von Neufahrzeugen in Frankfurt. "Diese Anfragen betreffen sehr oft die Servicetermine. Da wir reine Full-Service-Leasingverträge haben, ist zwar eine Vertragswerkstatt bindend, aber hier haben wir die freie Wahl. Was dem Nutzer sehr entgegenkommt", bestätigt Alberts Mitarbeiterin Tram Nguyen. Weiterhin gehören Vertragsanpassungen bei Mehrkilometern, Probleme mit der Tankkarte oder eben beim Neubestellen zum täglichen Business. "Bei den anstehenden Neubestellungen gehen wir bereits sechs Monate vor Leasingende auf den jeweiligen Finanzchef zu, um die Budgets zu klären", sagt Nguyen. Frei werdende Leasingfahrzeuge werden intern weitervermittelt statt wie bisher herausgekauft und veräußert.
Schadenmanager
Im Schadenfall reicht ein Anruf beim Schadenmanager, der per 24-Stunden-Hotline parat steht."Dieses Gutachterbüro sitzt hier in Frankfurt und kümmert sich um die Abwicklung des Schadens sowie um die Ersatzmobilität. Ein bundesweites Netzwerk an Gutachtern steht hierfür im Hintergrund parat", erklärt Albert. "Die Schadenmeldung selbst muss neuerdings auch vom zuständigen Finanzchef unterschrieben werden, was sich jetzt schon positiv auf die Unfallhäufigkeit ausgewirkt hat", ergänzt Flottenprofi Nguyen.
Der jeweilige Fuhrparkbetreuer erhält zudem vom Schadenmanagement eine Übersicht mit der Schadenhöhe, dem Versicherungsanteil und jenen Kosten, die selbst vom Unternehmen getragen werden müssen. "Hier geben wir auch Empfehlungen darüber, ob diese Kosten an den Nutzer weitergegeben werden können. Um die Mitarbeiter auch weiter in Richtung ordentlicher Handhabung des fremden Eigentums zu sensibilisieren, empfehlen wir grundsätzlich das Weiterbelasten von Kosten - und zwar von der Selbstbeteiligung bis zu den Vollkosten aller vermeidbarer oder nicht gemeldeter Schäden", zieht Albert die Grenze.
Norm und Ausnahme
Klar geregelt ist auch die Führerscheinkontrolle, die zweimal im Jahr direkt an den Firmenstandorten stattfindet. Als Vorbereitung erhalten die Fahrer eine Erinnerungs-E-Mail mit den angehängten Handlungsanweisungen. "Zwar kommt gerade vom größten Fuhrparkbetreiber der Gruppe die Idee nach einer elektronischen Führerscheinkontrolle auf, in der sehr heterogenen Unternehmensstruktur ist es aber sinnvoll, dies, wenn möglich, manuell vor Ort zu regeln und keine weiteren Prozesse zu initialisieren. Denn der Aufwand und die Kosten solcher Extras werden gern unterschätzt", mahnt Albert.
Eine enge Zusammenarbeit mit dem Dienstwagenfahrer bedeutet aber nicht automatisch, dass dieser diese immer schätzt und würdigt. Blickt man aber in das Büro des Flottenteams, dann stehen hier öfters frische Blumen als duftendes Dankeschön von Fahrern. Wie macht man also den Dienstwagenfahrer glücklich?"Am glücklichsten ist er natürlich, wenn er sich nur ins Auto setzen muss und losfährt, ohne sich um irgendetwas kümmern zu müssen", erklärt Flottenprofi Nguyen. "Aber es sind eben auch die Kleinigkeiten. So rufen wir jeden Dienstwagenfahrer an, bevor er ein neues Auto übernimmt, und fragen ihn, ob er gern ein Wunschkennzeichen hätte?"
Nähe gewünscht
Auch gibt es für eine schadenfreie Rückgabe einen speziellen Pokal im WPP-Reich. Dieser wird allerdings nicht an den Mitarbeiter selbst, sondern an seinen Finanzchef geschickt, der diesen dann an den vorbildlich agierenden Mitarbeiter überreicht - das soll verbinden. Und Bindung ist wichtig im weiten WPP-Kosmos, wo oft nur der Ratschlag das schärfste Schwert des Flotteneinkäufers ist.
Von Frankfurt aus werden die Felder abgesteckt, aber vor Ort muss man sie auch leben und - laut Albert - "als Flottenverantwortlicher auch mal über den Firmenparkplatz gehen, um sich die Fahrzeuge anzuschauen". Denn eine schöne Visitenkarte mit verlockend hohem Budget ist im Flottenalltag längst kein Freifahrtschein.
In Kürze
Das WPP-Netzwerk
Die WPP ist ein britischer Konzern aus Marketing- und Kommunikationsfirmen mit Hauptsitz in London. Mit 200.000 Mitarbeitern, davon etwa 8.000 in Deutschland, und einem Umsatz von rund 19 Milliarden US-Dollar ist WPP die weltweit größte Werbeholding. In Deutschland gehören Kreativ-Agenturen wie Ogilvy & Mather, Scholz & Friends, JWT, Y&R sowie Grey dazu. Aber auch Mediaagenturen (groupm) und Marktforschungsunternehmen (Kantar TNS) sowie PR-Agenturen (Hill & Knowlton) sind Teil des Netzwerks in Deutschland.
Auf einen Blick
Der WPP-Fuhrpark
- Insgesamt 88 Firmen der WPP-Gruppe unterhalten in Deutschland einen Fuhrpark. Die Flotte umfasst gut 700 Fahrzeuge.- Der Einkauf (Multi-Bidding) und die Verhandlungen mit den externen Partnern (Leasinggeber, Versicherung, Schadenmanagement, Werkstätten, Glas, Zulassung, Logistik) laufen über ein dreiköpfiges Team.- Full-Service-Leasing mit geschlossener Kalkulation über 36 Monate.- Car Policy: Verpflichtende Dienstwagenüberlassungsvereinbarung, aber freie Car Policy (Empfehlungen).
- Ausgabe 09/2017 Seite 56 (471.1 KB, PDF)