_ Herr Kemmerer, was sind Ihre Flottenschwerpunkte 2015/2016?
Wir sind sehr gut in das Jahr 2015 gestartet. Wir konnten das neue T-Modell der C-Klasse, das eine enorme Bedeutung im Flottenmarkt besitzt, in seinem ersten Jahr der vollen Verfügbarkeit erfolgreich platzieren. Und wir sprechen natürlich auch über den GLK-Nachfolger GLC. Er wird ein weiterer wichtiger Baustein in unserem Flottengeschäft sein, insbesondere mit Blick auf kleinere und mittlere Fuhrparks. Denn dort sind die Car Policies meist freier und es werden mehr SUVs gefahren. Wir haben also eine schöne Kombination aus etablierten und neuen Produkten - für kleine und große Fuhrparks.
_ Der GLC fährt nicht nur mit neuem Namen vor, sondern ist auch optisch völlig anders positioniert als der GLK ...
Das Fahrzeug besitzt natürlich sehr viele C-Klasse-Gene. Und die lehnen sich zum Beispiel bei der Interieur-Qualität oder den Fahrsicherheitssystemen sehr an der S-Klasse und damit an der Oberklasse an. Zum ersten Mal in dieser Fahrzeugklasse ist zum Beispiel eine aufwändige Airmatic erhältlich. Durch Komfortelemente wie diese bietet das Auto ideale Voraussetzungen für den Langstreckenbetrieb. Außerdem ist der GLC größer als der GLK, mit mehr Radstand und einem um 100 Liter größeren Kofferraum. Für den Einsatz in Flotten ist der GLC aus meiner Sicht vor allem wegen seiner Vielseitigkeit geeignet.
_ Im ersten Halbjahr 2015 haben sich Mercedes-Benz und Smart deutlich besser als der Markt entwickelt. 2014 sah das noch anders aus. Wie ist Ihnen der Turnaround gelungen?
Der Erfolg hat mehrere Gründe. Das ist einmal die Marktbearbeitung, die wir im Bereich Flottensterne über unsere Händler intensiviert haben. Also die Bausteine"1+","5+" und "100+", die uns einen erheblichen Schub gebracht haben. Bereits mit dem Programm "1+" kommen gewerbliche Einzelkunden in den Genuss von Flotten- oder Businesspaketen, das Programm"5+" ermöglicht dem Handel bereits individuelle Kundenkonditionen. Und gerade bei den großen Kunden sind wir stark produktgetrieben. Da hilft es uns natürlich, wenn mit dem C-Klasse T-Modell ein neues Modell erfolgreich in einem wichtigen Segment anläuft. Insgesamt ist die Entwicklung also nicht der Erfolg einer einzelnen Aktion, sondern vieler Maßnahmen.
_ Diese Programme werden Sie auch mittelfristig fortführen?
Richtig. Wir machen genauso weiter, stellen unsere Programme aber immer wieder auf den Prüfstand: Sind sie einfach genug? Sind sie effektiv genug? Die Maßnahmen sind also keine Eintagsfliege, sondern ein systematisch angesetztes Programm, um den Markt insgesamt zu bearbeiten.
_ Das sind die klassischen Instrumente. Gibt es darüber Aktivitäten, die Sie vielleicht auch vom Wettbewerb unterscheiden?
Die Frage ist immer, wie die Strategien in der Praxis gelebt werden. Ich glaube, hier haben unsere Partner im Handel eine eigene Herangehensweise, den Markt professionell zu bearbeiten. Das drückt sich in der Service- und Beratungsqualität, generell im Knowhow aus. Und wir unterstützen unsere Partner dabei natürlich, zum Beispiel durch Schulungen, die Ausbildung der Flottenverkäufer oder auch durch unsere Key-Account-Mitarbeiter. Wir haben zum Beispiel im Frühjahr für alle 2.000 Verkäufer im Netz eine intensive Flotten-Road-Show veranstaltet, um die Programmvielfalt darzustellen, aber auch um die Mechanismen des Flottenmarktes besser erklären zu können.
_ Die E-Klasse entwickelte sich im ersten Halbjahr schlechter als die anderen Modelle. Wie werden Sie die Zeit bis zur neuen Generation im nächsten Jahr überbrücken?
Wir sind mit der Entwicklung der E-Klasse und insbesondere des T-Modells in diesem Jahr zufrieden. Es hat selbst in der letzten Phase des Modelllebenszyklus eine Steigerung zum Vorjahr realisiert. Wir gehen natürlich davon aus, dass mit den Innovationen der neuen E-Klasse ein noch stärkerer Sog nach diesem Fahrzeug entsteht. Grundsätzlich ist die E-Klasse in ihrem Segment etabliert und vertritt die klassischen Elemente des Langstreckenkomforts auf eine unnachahmliche Weise.
_ Wie kommen die neuen Smart-Modelle bei den Fuhrparks an?
Der Fortwo ist etabliert und hat eine spezielle Klientel erobert, vor allem im urbanen Raum, die seine Flexibilität und Kosteneffizienz schätzt. Dazu gehören Pflegedienste, aber auch viele, die die Werbefunktion eines beklebten Fahrzeuges erkannt haben. Und der Smart Forfour ergänzt das jetzt mit ganz anderen Maßstäben in Sachen Raumökonomie. Mit einem Innenraum-Gesamtraum-Verhältnis von 75 Prozent ist er absoluter Klassenprimus in dem Bereich und bleibt dabei extrem wendig. Mit dem Forfour sprechen wir natürlich auch neue Kunden an, die den Fortwo aufgrund der Zweisitzigkeit nicht in Betracht ziehen. Für sie bietet der Forfour mehr Anwendungsmöglichkeiten.
_ Wie wird sich die Modellpalette von Smart entwickeln? Wird es einen Nachfolger der eben eingestellten Elektroversion oder ein SUV geben?
Mittelfristig wird es bei den beiden Smart-Modellen Fortwo und Forfour bleiben. Die neuen Elektroversionen Smart Fortwo ED und Fortwo Cabrio ED werden gegen Ende 2016 vorgestellt. Erstmals wird es dann auch eine vollelektrische Version des viersitzigen Smart Forfour geben. Smart ist damit dann die einzige Automarke, die ihr gesamtes Portfolio sowohl mit Verbrennungsmotor als auch batterieelektrisch anbieten kann.
_ Flottenkunden achten natürlich auch besonders auf die Serviceangebote. Daimler ist hier zum Beispiel mit Fleetsite aktiv, einem Tool zur Optimierung des Reparatur-Managements ...
Richtig. Fleetsite integriert verschiedene Medien, die man früher für die Abrechnung von Werkstattaufträgen brauchte, in einem System. Das ist eine sehr effiziente Lösung, die im Markt sehr gut angenommen wird. Das System bündelt die Servicerechnungen und übernimmt in 90 Prozent aller Fälle automatisch die Rechnungsprüfung. Es stellt damit die Abrechnungsmethodik auf eine einfache und vor allem prozesstechnisch optimale Art dar.
_ Unterscheiden Sie bei Ihren Flottenprogrammen und Ihrem Dienstleistungsangebot zwischen den Marken Mercedes-Benz und Smart?
Nein, die Programme sind harmonisiert und fast deckungsgleich. Und auch das Dienstleistungsspektrum inklusive der Finanzdienstleistungen ist in der Regel deckungsgleich.
_ Sie sind mit Car2Go im Carsharing aktiv. Welche Rolle wird das Corporate Carsharing aus Ihrer Sicht mittelfristig spielen?
Das ist ein Markt, der weiter wachsen wird. Ich denke, dass die Technik heute zu geringeren Kosten sehr einfache Möglichkeiten dafür bietet. Wir bieten hier mit Daimler Fleet Management (DFM) seit vergangenem Jahr eine Corporate-Carsharing-Lösung an, die herstellerübergreifend funktioniert und in einem bestehenden Fuhrpark implementiert werden kann. Kunden, die sie bereits eingeführt haben, sind begeistert.
_ Aber Sie gehen nicht davon aus, dass Carsharing-Fahrzeuge langfristig den klassischen Dienstwagen verdrängen werden?
Sie werden ihn ergänzen - zum Beispiel, um kurzfristig von der einen in die andere Niederlassung zu fahren. Im Prinzip ist es ein modernes Poolwagensystem, das man mit der Carsharing-Komponente ergänzt, um zum Beispiel auch Privatfahrten an den Wochenenden zu ermöglichen und so die Auslastung der Fahrzeuge zu erhöhen.
_ Mittelfristig drohen in der einen oder anderen Metropole Dieselfahrverbote. Sehen Sie diese Entwicklung als Gefahr?
Dank unserer richtungsweisenden Abgas-Nachbehandlungs-Technologie gehören die meisten Mercedes-Benz Dieselfahrzeuge schon heute zu denen mit den niedrigsten Emissionswerten. Mit unseren Euro-5- und Euro-6-Bluetec-Dieseln haben wir den NOx-Ausstoß in den letzten Jahren nochmal deutlich reduziert. Die neue Dieselgeneration ist also auch mit Blick auf den NOx-Ausstoß extrem umweltfreundlich unterwegs. Sollte es tatsächlich zu Dieselaussperrungen kommen, haben wir aber sehr effiziente Benziner und unsere Hybridmodelle als Alternative. Unsere Hybridautos können 30 Kilometer rein elektrisch fahren, so dass innerhalb abgegrenzter Zonen sogar emissionsfreier Betrieb möglich ist.
_ Mit dem optionalen Service Mercedes "connect me" lassen sich Fahrzeuge unter anderem auch aus der Ferne überwachen. Welche Vorteile bietet das System für Fuhrparkmanager?
Ich würde nicht von Überwachen sprechen, da wir aus Datenschutzgründen keine Bewegungsprofile erstellen. Ich würde von Verwalten sprechen, denn das System bietet eine Reihe von Möglichkeiten, sowohl hinsichtlich der Betreuung zum Beispiel in Unfall- oder Pannensituationen als auch für komfortable Services. Der Fuhrparkmanager sieht über die App auf einen Blick, in welchem Zustand sich das Fahrzeug gerade befindet. Man kann also auch sicherheitsrelevante Themen wie den Reifendruck oder den Tankstand überprüfen oder checken, ob das Auto abgeschlossen ist. Dazu kommt die Notruffunktion. Auch die Fahrzeugortung ist möglich. Derzeit erhalten wir von unseren Flottenkunden aber die Rückmeldung, dass sie überwiegend den Fahrern die Entscheidung überlassen, ob sie das System nutzen möchten oder nicht.
_ Bei solchen Services kommt sehr schnell das Thema Datenschutz ins Spiel ...
Richtig. Die Daimler AG verarbeitet für die Mercedes-"connect me"-Dienste Daten ausschließlich nach der expliziten Zustimmung des Kunden zu den Nutzungsbedingungen. Darüber hinaus kann der Kunde die Dienste jederzeit aktivieren oder deaktivieren lassen. Selbstverständlich steht das System im Einklang mit den geltenden Datenschutzverordnungen. Und wird ein System abgemeldet, zum Beispiel bei der Fahrzeugrückgabe nach drei Jahren, werden die kompletten Daten gelöscht. Bei uns gibt es keine Datenspeicherung.
_ Eine Frage zum Netzwerk: Wie wirkt sich der derzeitige Verkauf vieler Ihrer Niederlassungsbetriebe auf die Betreuung der Flottenkunden aus?
Mercedes-Benz richtet seinen konzerneigenen Vertrieb in Deutschland für die Zukunft aus. Für unsere Kunden ändert sich dadurch nichts. Die optimale Betreuung aller unserer Kunden ist auch in Zukunft sichergestellt, so setzen wir auch künftig konsequent auf die Qualifizierung unserer Vertriebsmannschaft - sowohl bei unseren Partnern als auch an unseren konzerneigenen Standorten, damit unsere Flottenkunden immer die bestmögliche Beratung erhalten.
_ Herr Kemmerer, herzlichen Dank für das Gespräch.
Frank Kemmerer, Leiter Flottenmanagement Mercedes-Benz Pkw und Smart im Mercedes-Benz Vertrieb Deutschland, zum Thema Mercedes "connect me" - "Wir erstellen keine Bewegungsprofile"
- Ausgabe 10/2015 Seite 40 (117.8 KB, PDF)