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Bewegte Zeiten

01.06.2016 06:00 Uhr
Bewegte Zeiten

Von aktuellen rechtlichen Fragen über die Effekte der Industrie 4.0 bis hin zu Trends bei den Leasingnehmern: Eine Vielfalt an Themen zeichnete die diesjährige Leasing-Konferenz aus.

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_ Kaum ist die Unternehmenssteuerreform 2008 mit ihren Regularien und langfristigen Auswirkungen auf die Leasingbranche bewältigt, warten schon die nächsten Herausforderungen auf die verbleibenden Player im Markt. Diesmal im Gewand der Industrie 4.0 und Big Data mit ihren Chancen und Risiken.

Darauf wies Michael Kroll, Geschäftsführer bei Leasoft und Veranstalter des 14. Leasing-Symposiums im oberfränkischen Kloster Banz, in seiner Begrüßung hin. Zugleich betonte er zu Beginn der zweitägigen Konferenz vom 11. bis 12. Mai gegenüber den insgesamt rund 60 Teilnehmern, dass gerade im Zuge dieser Entwicklungen die Absatzfinanzierungen inklusive der Serviceaspekte über die Hersteller und den Handel weiter zunehmen werden. Die einleitenden Worte nutzte der Gastgeber dann auch gleich zur Überleitung an Arno Städtler vom Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München.

Aktuelle Entwicklungen

Der Experte ist seit Jahrzehnten im Bereich der Leasingforschung tätig und widmete sich dem Thema "Wo geht die Reise hin? Die Leasingbranche heute - sowie ein Ausblick bis 2020!". Demnach fährt die Wirtschaft bei den Investitionen zwar mit angezogener Handbremse, es werden aber immer noch Zuwächse generiert - und das in einem von Krisen eingebetteten Umfeld. Für das Mobilien-Leasing, dessen größter Part sich aus dem Kfz-Leasing rekrutiert, wird ein Plus für das laufende Jahr von drei bis vier Prozent erwartet.

Nichtsdestotrotz hielt er in seinem Vortrag fest, dass der Strukturwandel bei Leasinganbietern und der Rückzug von Banken seit Jahren Wachstum koste. Einige Banktöchter hätten sich schließlich ganz oder teilweise aus dem Leasinggeschäft zurückgezogen, wovon insbesondere die Big Tickets stark betroffen seien. Dort, wo jedoch Hersteller und Captives engagiert sind, sei dagegen richtig was los. Als Beispiel nannte der Forscher den Bereich der Straßenfahrzeuge, die eine Leasingquote von 70 Prozent erreichen.

Erwarteter Investitionsschub

Doch wo liegt bei solchen Werten noch Wachstumspotenzial in den kommenden Jahren? Kandidaten für den 6. Kondratieff-Zyklus sind im Automobilbereich nicht nur E-Fahrzeuge, sondern auch Big Data und Industrie 4.0. Vor allem im Hinblick auf den letzteren Aspekt werden zusätzliche Investitionen von 40 Milliarden Euro jährlich prognostiziert. Das Leasing sei dabei wie in der Vergangenheit ein Mittel zur Fortschrittsförderung, so Städtler.

Getrieben würde die Branche auch von den neuen Mobilitätswünschen etwa nach Sharing-Modellen durch die junge Generation. Das erfordere wiederum ein ganzheitliches Angebot von Produkt inklusive Dienstleistungen. So würde Leasing in Verbindung mit der anhaltenden Geldschwemme zum Convenience-Produkt. Zudem biete die Entwicklung etwa im Bereich der Sharing-Economy Newcomern die Chance, in den Markt einzutreten und die Lücke zu schließen, welche die Banken hinterlassen haben.

Darüber hinaus machte Städtler immer noch ein hohes Kundenpotenzial für das Leasing aus, beispielsweise in landwirtschaftlichen Betrieben, Krankenhäusern und der öffentlichen Hand. Auch das Kfz-Leasing sorge trotz gesättigtem Automobilmarkt für dauerhaftes Revolving und Konstanz. Er ist daher der Meinung, dass Leasing noch viele gute Jahre vor sich hat.

Wunsch und Wirklichkeit bei Leistungen

Einen von vielen weiteren Vorträgen hielt Marco Schönemann, Manager Hauptbuchhaltung der Terex MHPS. Unter dem Titel "Visionen und Erwartungen eines Leasingnehmers" beschäftigte er sich mit den gegenwärtigen Erlebnissen beim Leasing und welche Leasingmotive es nicht nur heute, sondern auch morgen für Leasingnehmer gibt. Bei dem Hersteller von führerlosen Vehikeln wie Kränen für Hafen und Schwebekränen in Hallen wird Leasing etwa bei den Servicefahrzeugen eingesetzt. Zum einen sieht er ein Argument pro Leasing in der Neuregelung des IFRS 16, der den Wettbewerb fördere, mehr Transparenz durch den Right-of-Use-Ansatz und individuellere Angebote für Unternehmen schaffe, die leasen und nach internationalen Standards bilanzieren. Er räumte ein, dass es den Großteil der Betriebe hierzulande allerdings nicht betreffen würde, da sie keine IFRS-Anwender seien.

Zum anderen sieht er für alle Leasingnehmer gerade in neuartigen Dienstleistungen zusätzliche Impulse, die in Zukunft das Leasing attraktiver gestalten könnten. "Warum bieten Sie nicht Schulungen oder auch Seminare für Leasingnehmer an?", so Schönemann an die Runde. Oder warum würde nicht auch das Vertragsmanagement übernommen oder Objektressourcen bereitgestellt? Dabei denkt er daran, dass die Leasinggeber mit den Maschinen zum Beispiel auch Personal anbieten könnten.

Daneben führte Schönemann einige Gründe ins Feld, die Unternehmen immer noch vom Leasing abhalten würden. Einer davon sei, dass es so viele Definitionen von Leasing und Vertragsformen gäbe wie Leasinggesellschaften. "Erreicht man denn nur durch eine andere Formulierung einen USP?", stellte er als Frage in den Raum. Deshalb plädierte er für das Ideal einer Standardisierung. Denn dies würde das Vertrauen von ihm als Leasingnehmer deutlich stärken.

Knackpunkte für fehlendes Vertrauen seien außerdem schlechte Erfahrungen, zum Beispiel in Form einer ersten gebrochenen Leasingrate, die der Leasingnehmer zu entrichten und womit er nicht gerechnet hat. Weitere Gründe, die gegen diese Beschaffungsform sprechen, seien mangelnde Fachkenntnisse, fehlende Zuständigkeiten, die generelle Firmenpolitik und der Wunsch nach rechtlichem Eigentum, wobei sich dies langsam zu ändern scheine.

Anliegen eines Leasingnehmers

Marco Schönemann wünschte sich infolgedessen verschiedene Elemente und Leistungen von den Leasinggesellschaften. Dazu gehören etwa die Umstellungshilfe bei IFRS 16 in betroffenen Unternehmen, die regelmäßige Versorgung mit relevanten und aktuellen Informationen zum Leasing und eine Steigerung der Effizienz bei der Abwicklung.

Einen Vorsprung sieht er in einer Automatisierung der Prozesse und führte ein Beispiel aus den USA an. Hier würde in Unternehmen zum Beispiel schon versucht, eine maximale Servicerate durch Pauschalisierung der Services zu definieren und im ERP-System zu hinterlegen.

Da bestimmte Leistungen respektive Teile zu 90 Prozent deckungsgleich seien, würde dann durch direkte Übermittlung an drei bis vier Leasinggeber Angebote erfragt und der Zuschlag erteilt.

Zudem formulierte er auch seine Kriterien für Leasingentscheidungen und die Auswahl des Anbieters. Sie umfassen unter anderem auf quantitativer Ebene die Berücksichtigung firmeninterner Richtlinien, die Beachtung der "Bankenlinie" und die Nachkalkulation abgelaufener Leasingverträge. Auf qualitativer Ebene sind Serviceorientierung, die Laufzeit der Vertragsbeziehung und Erfahrungswerte mit dem Leasinggeber ausschlaggebend. Zum Schluss appellierte er an die Teilnehmer des Symposiums nochmals, für Leasingnehmer nachteilige Facetten zu minimieren. Einer meldete sich daraufhin zu Wort und gab einen klaren Tipp: "Definieren Sie immer fest, was Ihre Standards und Vorgaben sind und schreiben Sie hinein, dass Sie keine Abweichungen und Kosten davon akzeptieren. Geben Sie den Takt vor!"

Leasing der öffentlichen Hand

Anschließend stellte Michael Kroll als Referent "Neue Vorteile im Kommunal-Leasing" vor und gab Tipps für die Vertriebspraxis auf Basis seiner Erfahrungen und Erkenntnisse aus Beratungen von Leasingnehmern in den vergangenen Jahren, die er mit den Teilnehmern diskutierte. In puncto Kommunal-Leasing bezog sich Kroll auf Ausführungen von Michael Ruf von der Stadtverwaltung Überlingen. Darin wird etwa das hohe Leasingpotenzial der öffentlichen Hand betont, da die Leasingquote mit unter zehn Prozent noch gering sei. Zugleich werde nach Einsparpotenzialen gesucht und es herrsche die Notwendigkeit erhöhter Investitionen.

Dabei befinden sich die Kommunen in einem Prozess der Transformation durch die Umstellung von der Kameralistik auf Doppik als zentralen Bestandteil eines sogenannten "Neuen Steuerungsmodells". Viele Bundesländer und die Stadtstaaten Hamburg und Bremen hätten sich schon umgestellt. Baden-Württemberg habe eine Frist bis 2020 eingeräumt. Nur in Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen gebe es für die Kommunen keine Umstellungsfrist, sondern ein Wahlrecht zwischen Kameralistik und Doppik. Und Berlin arbeite nach wie vor kameral.

Durch die Doppik würden neue Vorteile für das Leasing entstehen, da etwa Wirtschaftlichkeitsaspekte und Generationengerechtigkeit in den Vordergrund rücken. Mit Leasing könnten beispielsweise Investitionsspitzen im Haushalt vermieden werden und unter Berücksichtigung kalkulatorischer Abschreibungen und Zinsen würden zurzeit auch regelmäßig Zinsvorteile für Leasing sprechen. Gleichzeitig sinken Aufwendungen wie Verwaltungs- und Folgekosten.

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