Von Andrej Sokolow, dpa
In Pittsburgh und Singapur kann man seit wenigen Monaten einen Vorgeschmack auf den Verkehr der Zukunft bekommen. Bestellt man dort einen Wagen per App, könnte ein Roboterauto aufkreuzen. Klar, vorne sitzen noch Mitarbeiter, die die Fahrt überwachen und notfalls eingreifen können – aber man bekommt ein Gefühl dafür, wie es ist, sich einem Computer als Chauffeur anzuvertrauen. Der Fahrdienst-Vermittler Uber und das Start-up Nutonomy sind die ersten, die Passagiere mitfahren lassen.
Die traditionellen Autobauer liefern die Fahrzeuge dafür – und wollen das Feld nicht neuen Rivalen überlassen. Ford, BMW, die Opel-Mutter General Motors - alle kündigten im auslaufenden Jahr eigene selbstfahrende Fahrzeuge bis 2021 an. Und ein Großangriff aus dem Silicon Valley hat sich noch nicht materialisiert. "Vor einigen Jahren hatte man noch richtig Angst, jetzt hat sich die Stimmung beruhigt", die Industrie habe sich gesammelt, sagt ein ranghoher Branchenmanager. Und die Tech-Konzerne scheuten die langen Entwicklungszeiten und niedrigen Margen im Autogeschäft.
"Apple und Google wollen nicht Autobauer werden, sondern sie sehen die Möglichkeit, Dienste in Fahrzeugen anzubieten", sagte jüngst Renault- und Nissan-Chef Carlos Ghosn. Das deckt sich mit der Entwicklung der Spekulationen um die Autopläne von Apple, zu denen es nie eine Bestätigung gab, die aber seit über rund zwei Jahren viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Zunächst hieß es, Apple habe mehrere Prototypen gebaut und peile eine Markteinführung zum Jahr 2020 an. Inzwischen soll der iPhone-Konzern von der Idee, eigene Fahrzeuge zu verkaufen, wieder Abstand genommen haben, viele Mitarbeiter des Projekts mussten sich nach neuen Jobs umsehen. Apple wolle sich nun eher auf die Entwicklung von Software für selbstfahrende Autos fokussieren, heißt es nun seit Sommer.
Dabei versucht Google schon seit Jahren, seine seit 2009 entwickelten Roboterwagen-Technologien bei einem Partner aus der Autobranche unterzubringen. Bisher gibt es gerade einmal einen Test mit dem Umbau von 100 Chrysler-Minivans. Dabei schickt der Internet-Konzern seit 2014 kleine selbstfahrende Zweisitzer aus eigener Entwicklung auf die Straße.
Branchenplayer setzen auf eigene Entwicklung
Stattdessen setzen Player aus der Branche lieber auf die Entwicklung eigener Alternativen. So taten sich jüngst die Zulieferer Mobil Eye und Delphi mit Intel zusammen, um Autoherstellern ein günstiges System zum autonomen Fahren "für einige tausend Dollar" zu bieten. Und auch Volvo und der Zulieferer Autoliv wollen die Branche beliefern. Tesla baut in alle neuen Wagen schon mal Kameras und Sensoren ein, auf die später die nachrüstbare Roboterwagen-Software zugreifen soll.
Auch Uber meint es über die Tests mit umgebauten Fords und Volvos in Pittsburgh hinaus ziemlich ernst. Der oft als Taxi-Schreck kritisierte Fahrdienst-Vermittler kaufte für 700 Millionen Dollar das von ehemaligen Google-Experten gegründete Start-up Otto, das Lastwagen für autonomes Fahren ausrüsten will. Mit dem Transport von 50.000 Dosen Bier in einem Roboter-Lastwagen von Otto beanspruchte Uber im Oktober bereits die Krone der weltweit ersten kommerziellen Lieferung mit einem selbstfahrenden Fahrzeug für sich. Der Wagen fuhr 120 Meilen (rund 193 Kilometer) auf einer Autobahn im Bundesstaat Colorado.
Vielleicht werden auf dem Weg in den Alltag aber auch Roboterautos von selbstfahrenden Mini-Bussen überholt. Solche elektrischen Shuttles für wenige Passagiere testen Anbieter wie Navya gerade bereits in einzelnen Städten in verschiedensten Ländern.