_ Es kommt selten vor, dass Unternehmen Einblicke in die eigene Seele geben. Bei der italienischen Importmarke Fiat gab es nun die Möglichkeit, ein wenig die Gemütslage zu ergründen und diese steht vor allem für eines: für Aufbruch. Diesen verordnet Domenico Gostoli, Head of Brand Fiat Professional EMEA-Region (Europa, Mittlerer Osten, Afrika), und damit Europachef der Transportersparte aus Turin, in einem Hintergrundgespräch, das nicht nur auf die Fiat-Professional-Zukunft, sondern auch auf das deutsche Großkundengeschäft abzielt.
Dieses verantwortet seit Mai Kaare Neergaard. Der Däne löste Reinhard Happel als nationalen Flottenchef ab. Neergaard, der seit gut 15 Jahren bei der Fiat-Gruppe tätig ist, bleibt weiterhin Brand-Manager für die Transportersparte und kümmert sich damit in Personalunion um die Geschicke der Pkw- und Transporter-Flotten. "Für mich ist es ein logischer Schritt, dass ich mit meiner Erfahrung helfen soll, den Pkw-Bereich im Flottenmarkt zu stärken", erklärt der Manager.
Pkw-Flotten
Nun sollen beide Segmente unter seiner Führung wachsen. Das Potenzial im Handel dafür liegt laut Neergaard vor der Tür. In der Tat ist die Zeit für einen Aufbruch gut. Der Bestseller Fiat 500 erhielt eben sein zweites Facelift und die wiederbelebte Ikone Alfa Giulia erblickte erstmals die automobile Bühne (siehe S. 33). Woran hakt es also im hart umkämpften Flottengeschäft, Herr Neergaard?"Bis jetzt haben wir den Händlern nicht immer die richtigen Werkzeuge in die Hände gegeben, um bei den gewerblichen Kunden zu punkten. Als ersten Schritt haben wir fixe Monatsraten für die Finanzierung oder das Leasing samt Full-Service-Leasing für sechs Modelle mit den Händlern abgestimmt. Das gab es vorher nicht."
Business-Center
Im zweiten Schritt sollen in den nächsten Monaten gut 20 Business-Center in Ballungsräumen entstehen, die sich stärker um die Gewerbekunden kümmern sollen. Mindestens ein gewerblicher Verkäufer soll an diesen Standorten auf Kundenfang gehen. Bei der Finanzierung hilft die eigene Fiat-Bank. Neergaard betont aber, dass man natürlich auch Geschäfte mit Kunden machen werde, die eine andere Leasinggesellschaft präferieren.
Und diese zwei Schritte sollen ausreichen, um den Marktanteil im Flottensegment zu steigern? "Im Grunde ja", sagt Neergaard. "Denn wenn der Händler nicht glaubt, dass er die richtigen Werkzeuge für das Gewerbekundengeschäft hat, dann bewegt er sich auch nicht. Er muss sich damit wohlfühlen. Deshalb wollen wir zunächst die Händler von der neuen Strategie begeistern, denn sie tragen diese dann in den operativen Bereich." Hier setzt der Nordeuropäer auf Ratio und Emotion, sprich "Total cost of ownership (TCO)" und Fahrzeugdesign: "Wir sind noch kein Weltmeister im Großkundenbereich. Aber ich glaube, dass wir mit einem Grundpaket wie den fixen Monatsraten für 90 Prozent der Kunden ein Angebot bieten können. Gerade für kleine Flotten ist eine fixe Monatsrate das TCO schlechthin. Die Emotionalität erhalten wir über unsere Marken wie Fiat, Alfa und Jeep. Das zusammen ist ein 'winning cocktail', sodass wir unsere Ergebnisse im Großkundenbereich deutlich verbessern werden können."
Als "Dealcloser" für den Transporterbereich sieht der Däne die neue Vierjahresgarantie für Wartungskosten. Eine nun vierjährige Neuwagengarantie erhalten fortan auch Jeep-Kunden - und zwar ohne Kilometerbegrenzung oder Selbstbeteiligung.
Neue Modelle
"Wichtig ist es, dass wir das Konzept speziell für die Gewerbekunden ernsthaft durchsetzen. Nur dann können wir Erfolg haben", resümiert Neergaard, der nun "die Maschine ins Rollen bringen will", aber auch weiß, dass es Ausdauer brauchen wird. "Wenn es ein Marathon wäre, haben wir immer noch 42 Kilometer vor uns. Aber ich bin überzeugt davon, dass wir diese Aufgabe schaffen werden."
Die positive Aufbruchstimmung nimmt er vom Europa-Transporter-Chef Gostoli mit, der sich im kommenden Jahr auf den komplett neuen Scudo, das Facelift des Fiorinos und auf die Premiere des ersten Pick-ups im Eintonner-Segment freut. Rührig werden will man bei den Fiat-Professional-Kunden, die beispielsweise Kleinbusse oder Spezialaufbauten ordern. Mit der eigenen Erdgasflotte will man die CO2-Karte spielen. Es geht also wieder emotionaler zu in Fiats Flottengeschäft.
- Ausgabe 08/2015 Seite 50 (128.1 KB, PDF)