Auf Wachstumskurs
Mercedes-Benz baut das internationale Flottengeschäft in der Pkw-Sparte weiter aus. Dabei verfolgt man einen integrierten Ansatz zur bestmöglichen Kundenbetreuung vom Einkaufsvorstand bis zum Dienst-wagenfahrer. Hans-Georg Lutz, Senior Manager International Corporate Sales für den Geschäftsbereich Mercedes-Benz Pkw in Stuttgart, erläutert die Maßnahmen und Leistungen für Flottenkunden.
Af: Wie viele Kunden mit wie vielen Fahrzeugen betreut International Corporate Sales bei Mercedes-Benz Pkw?
Lutz: Wir haben über 200 Kunden mit internationalen Rahmenvereinbarungen, rechnen aber bis Ende des Jahres noch einmal mit einer Erhöhung. Von den gegenwärtigen Kunden befinden sich zirka 80 Unternehmen in Deutschland, fast 30 in Großbritannien und jeweils rund 20 in Frankreich, Italien, Spanien, der Schweiz und Belgien.
Af: Wie ist der Bereich International Corporate Sales aufgestellt, um den Flottenmarkt bearbeiten zu können?
Lutz: Wir bilden mit der internationalen Struktur unserer Flottenvertriebsorganisation die Einkaufsorganisationen unserer Kunden ab, um auf allen Ebenen eine optimale Kundenbetreuung zu gewährleisten. So gibt es internationale Key-Account-Manager, die „One-Face-to-the-Customer“ für den internationalen, zentralisierten Einkauf unserer Großkunden sind. Nationale Key-Account-Manager betreuen die Landesgesellschaften unserer Großkunden und auf Händlerebene stellen spezielle Fleet-Center und Flottenverkäufer die lokale Betreuung der Flottenmanager und Dienstwagennutzer sicher.
Af: In wie vielen Ländern müssen Unternehmen mit Pkw-Fuhrparks vertreten sein, damit Sie mit Ihrem Haus einen internationalen Rahmenvertrag abschließen können und was beinhaltet ein solcher?
Lutz: In der Regel schließen wir internationale Rahmenverträge mit Kunden ab, die in mindestens zwei Ländern mit eigenen Flotten vertreten sind. In den jeweiligen Verträgen mit den Kunden vereinbaren wir eine länderspezifische Preisgestaltung. Ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil ist, dass wir die vertraglich vereinbarten Preise verbindlich garantieren – und das weltweit.
Af: Wie hat sich der Bedarf bei den internationalen Flottenkunden entwickelt?
Lutz: Der Verkauf an gewerbliche Kunden hat auch für Mercedes-Benz in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Besonders in unserem Fokus stehen dabei internationale Flottenkunden. Dabei geht es nicht nur um die sogenannte „weiße Flotte“, also Service- und Außendienstfahrzeuge, sondern gerade für uns als Premiumhersteller auch um sogenannte „Perk oder Incentive Cars“. Dienstwagen sind inzwischen ein fester Bestandteil in den Vergütungsmodellen vieler internationaler Unternehmen.
Zudem beobachten wir seit einigen Jahren, wie Großkunden ihre Fuhrparkbeschaffung zunehmend zentralisieren und internationalisieren. Europa- und weltweite Ausschreibungen sind inzwischen nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Vielfach werden Entscheidungen, welche die Beschaffungsstrategie betreffen, zum Beispiel Anzahl der Hersteller und Leasinggesellschaften, mit denen zusammengearbeitet werden soll, zentral getroffen und in den Landesgesellschaften der Kunden dann nur noch umgesetzt. Damit steigt natürlich der Bedarf, mit den Herstellern und Leasinggesellschaften internationale Rahmenverträge zu schließen, welche die Rahmenbedingungen und Konditionen für die länderübergreifende Zusammenarbeit definieren.
Damit einhergehend reduzieren die großen Flottenbetreiber oft auch die Anzahl der Hersteller. In den Incentive- und Motivationsfuhrparks sind dies heutzutage häufig nur noch ein bis zwei Premiumhersteller. Wir konnten in diesem Bereich über internationale Ausschreibungen viele Kunden gewinnen, weil unsere Produkte gut ankommen und wir sehr wettbewerbsfähig sind.
Af: Auf welche Leistungen legen die Flottenmanager in den jeweiligen Ländern besonderen Wert?
Lutz: Die Flottenmanager haben vor allem sehr unterschiedliche Anforderungen bei der Fahrzeugauswahl. Das beginnt bei der Wahl der Fahrzeugmodelle für die jeweiligen Einsatzzwecke. Während es in Westeuropa zum Beispiel weit verbreitet ist, im Außendienstbereich B-Klasse oder C-Klasse zu fahren, werden in anderen Ländern Fahrzeuge aus anderen Segmenten bevorzugt. Im Bereich der Ausstattungen sind die Unterschiede auch offensichtlich. In manchen Ländern gehören beispielsweise Sitzheizung und Scheinwerferwaschanlage zu den häufig nachgefragten Sonderausstattungen, je nach den klimatischen Verhältnissen. Wir bieten daher landesspezifische Flottenpakete mit auf die Anforderungen der Dienstwagennutzer zugeschnittenen Ausstattungspaketen an.
Neben attraktiven Produkten geht es natürlich auch darum, unseren Kunden eine optimale Betreuung und einen erstklassigen Service auf allen Ebenen zu bieten – vom internationalen Einkaufsvorstand bis zum Dienstwagennutzer. Im After-Sales-Bereich haben der Customer Satisfaction Index von J. D. Power und eigene Nutzerbefragungen ergeben, dass wir uns in allen Märkten immer unter den ersten drei befinden und dabei oft die Nummer eins sind.
Af: Sie haben eben die produktspezifischen Ansprüche beschrieben. Die preisliche Seite ist ein weiterer Knackpunkt. Viele Flottenkunden mit internationalen Fuhrparks wünschen sich Einheitspreise, die international Anwendung finden können. Warum bewegt sich hier nichts im Markt?
Lutz: Die Länder sind nicht miteinander zu vergleichen, deshalb kann es weder einen einheitlichen Listenpreis oder tatsächlichen Preis über alle Länder noch eine einheitliche TCO-Rate geben. Aus diesem Grund haben wir länderspezifische Preise, die sich am Wettbewerb und den marktspezifischen wirtschaftlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen orientieren. Das können die Flottenmanager in Gesprächen über eine einheitliche Rate in der Regel auch spätestens dann verstehen, wenn wir die Gegenfrage stellen: Ob sie auch für ihre Produkte einheitliche Preise bieten?
Af: Flottenmanager brauchen aber nicht nur Rahmenverträge für die Fahrzeuge, sondern auch Services respektive ganzheitliche Management-Lösungen für die Fuhrparks. Wie sind dazu die anderen Unternehmensbereiche eingebunden?
Lutz: Wir haben seit gut einem Jahr ein Team gebildet, um die ganze Prozesskette darstellen zu können – von der Fahrzeugbeschaffung über Financial Services und Fleet Management bis zur Ersatzteilversorgung und Ersatzfahrzeugen. Dieses Team hat seine Büros auf einem Stockwerk. Auf diesem sogenannten „Fleet Floor“ befinden sich nicht nur International Corporate Sales, sondern auch die Kollegen der Daimler Financial Services und Global Service and Parts. Wir treffen uns je nach Bedarf, mindestens aber ein Mal pro Woche. Dadurch haben wir sehr kurze Wege, die eine rasche Beantwortung von Kundenanfragen ermöglichen. Dieses Ziel haben wir uns gesetzt, um schnell maßgeschneiderte, integrierte Lösungen aus einer Hand anbieten können.
Af: Welche Rolle spielen die Themen Nachhaltigkeit und Emissionen auf internationaler Ebene?
Lutz: Der Aspekt Nachhaltigkeit und Verbrauchsreduzierung spielt bei unseren Kunden, vor allem in Westeuropa, eine zunehmende Rolle. Die Fahrzeuge sollen möglichst wenig verbrauchen, um die Kosten für das Unternehmen zu senken. Somit verzeichnet die Flotte auch weniger Ausstoß von CO2, was in Ländern mit ausgeprägter CO2-Besteuerung wie Großbritannien oder Frankreich natürlich einen hohen Stellenwert hat. Zugleich wollen die Großunternehmen im Sinne der Corporate Social Responsibility eine Vorreiterfunktion in Sachen Umweltschutz einnehmen, weshalb sie bevorzugt neue Technologien nutzen, die wir ebenfalls anbieten können.
Im Sinne der Corporate Social Responsibility spielt aber noch ein anderer Aspekt für unsere Kunden eine entscheidende Rolle: die Sicherheit der Fahrzeuge. Die Unternehmen sehen sich in der Verantwortung, für die Sicherheit ihrer Mitarbeiter zu sorgen. Dazu zählt, den entsprechenden Firmenwagen bereitzustellen. Dabei haben die Firmen vor allem den entlastenden Komfort, die Ergonomie bei der täglichen Fahrt und den Schutz bei Unfällen im Blick, die unsere Fahrzeuge in höchstem Maße bieten. Zum Beispiel die passive und aktive Sicherheitsausstattung und der Komfort in der Mercedes-Benz C- und E-Klasse machen die Modelle zu beliebten Flottenfahrzeugen.
Af: Welche Herausforderungen gilt es für die Flottenmanager zu bewältigen?
Lutz: Eine große Herausforderung für Flottenmanager liegt vielfach in der Umsetzung von Beschlüssen, die übergreifend für alle Ländergesellschaften in Fragen der Car Policy gefasst werden. Denn in den Beschlüssen werden meist einheitliche Standards wie Nachhaltigkeit, Sicherheit und Kostengrenzen definiert.
Die einheitliche Umsetzung dieser Beschlüsse ist jedoch teilweise schwierig, etwa beim Thema CO2-Grenzen, da manche Länder vom Land des zentralen Firmensitzes abweichende steuerliche Gesetzgebungen haben.
Af: Welche Ziele hat sich International Corporate Sales für die kommenden Jahre gesetzt?
Lutz: Wir werden unser einzigartiges Netzwerk mit unserer Kompetenz als Full-Service-Leasing-Dienstleister und unsere innovativen Produkten nutzen, um unsere Position in Europa zu stärken und auszubauen. Darüber hinaus sehen wir große Chancen in Wachstumsmärkten, in denen internationale Unternehmen aktiv sind und Flotten aufbauen. Diese Potenziale wollen wir heben.
Af: Herr Lutz, vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Annemarie Schneider
Zur Person
Hans-Georg Lutz ist Senior Manager in der Abteilung International Corporate Sales für Mercedes-Benz Cars bei der Daimler AG in Stuttgart. Seine Vertriebskarriere hat er als Verkäufer in der Niederlassung Mannheim-Heidelberg gestartet. Nach einigen Stationen in zentralen internationalen Vertriebsbereichen und als Vertriebsleiter Pkw in Ägypten hat Hans-Georg Lutz im Frühjahr 2009 die Leitung des
Internationalen Flottenvertriebs übernommen.
- Ausgabe 12/2010 Seite 50 (211.7 KB, PDF)