Der Subaru Solterra ist der Zwilling vom Toyota bZ4X, allerdings der ungeliebte. So bekommt der eine Japaner (Subaru) ein wichtiges Detail nicht, das der andere Japaner (Toyota) besitzt – auch sonst sind diese Elektro-SUV „interessant“.
Japan ist in Sachen Elektromobilität hintendran. Das vermuten die wenigsten, da ja hybridisierte Toyota Prius irgendwie den Anfang der weltweiten Stromerisierung machten, das war vor mehr als 25 Jahren. Bei Toyota gibt es dennoch erst seit rund einem Jahr ein Elektrofahrzeug, den Toyota bZ4X.
Subaru hingegen hat erst vor rund vier Jahren mit der Hybridisierung begonnen und jetzt seinen ersten Stromer vorgestellt, den Subaru Solterra. Das ist allerdings kein waschechter Subaru, wenngleich es den Solterra ausschließlich mit Allradantrieb gibt, was bis auf wenige Ausnahmen seither bei Subaru üblich ist. Der Subaru Solterra ist der Zwilling des Toyota bZ4X – und beide sehen sich zum Verwechseln ähnlich.
Toyota kooperiert mit BMW, Stellantis, … und Subaru
Toyota ist ein alter Hase in Sachen Kooperationen. Der erste Aygo, der aktuelle Pro Ace, der Supra und andere gibt es mit identischer Technik und gleicher oder ähnlicher Form auch bei anderen – meistens stammen die Entwicklung und Technik nicht von Toyota. Mit Subaru besteht derzeit eine recht innige Beziehung. Das Coupé Toyota GR 86 ist ein Subaru, und zwar der BRZ. Namen, die verwirren können. Eigentlich ist es auch egal, denn hüben wie drüben steckt dieselbe Technik drunter und nur der Lidstrich ist hier und da anders gezogen.
Subaru Solterra ist innen anders
Wir konzentrieren uns auf den Subaru Solterra und steigen ein. Schön gemacht ist das Interieur. Aus heutiger Sicht vor allem schön anders. Sofort fällt das weit in Richtung Windschutzscheibe vorgerückte Kombiinstrument auf – der neue Toyota Prius hat dasselbe. Und es funktioniert. Es soll ein Kompromiss aus Head-up-Display und klassischem Digitaltacho sein und es klappt hervorragend. Es gab jedoch auch Stimmen in der Redaktion, die es nicht „mochten“. Die Lenkradverstellung ist weitreichend und ergibt zusammen mit der Sitzverstellung eine gute, wenngleich sehr hohe Sitzposition. Apropos hoch: Die Bodenfreiheit des Solterra beträgt offroadmäßige 21 Zentimeter. Genug, um im Flüstermodus (stimmt nicht ganz, AVAS, der nervige Fahrton bis 30 km/h, meldet sich stets) an den Försterstand zu gelangen und wieder von dort auf den Asphalt.
Zurück zum Innenraum. Mittlerweile auch ungewöhnlich sind physische Bedienelemente. Es gibt noch einige Knöpfe, 31 an der Zahl, verteilt über die Mittelkonsole, rund ums Lenkrad und im Lenkrad. Letztere sind indes von der Bedienung nicht immer einfach. Über das Kombiinstrument wird zu viel bedient, die Menüs sind sehr verschachtelt und viele Einstellmöglichkeiten wären im Mitten-Display besser aufgehoben. Hat man sich aber eingefuchst, muss man wenig nachjustieren. Und der Spurhalteassistent lässt sich mit zwei Daumen-Klicks eliminieren – zumindest bis zum nächsten Motorstart.
Ebenfalls an Bord und hypersensibel agiert die Gesichtsüberwachung. Diese springt bereits an, sobald man beispielsweise die Kamera, die auf der Lenksäule montiert ist, mit dem Arm verdeckt. Es piept laut und die warnende Einblendung folgt im Display. Mit den elektronischen Helfern wird Autofahrern derzeit immer anstrengender und bei mancher Warnung weiß man nicht einmal, warum gewarnt wird. Zum Glück gewöhnt man sich irgendwann an alles.
Subaru Solterra Platinum Plus
Testwagenpreis: 60.990 € (brutto) Zwei E-Motoren | Allradantrieb | 160 kW/218 PS | 337 Nm 160 km/h | 6,9 s | WLTP-Verbrauch: 17,9 kWh/100 km WLTP-Reichweite: 416 km | Akkukapazität: 71,4 kWh (brutto) 400-Volt-Bordnetz | AC: 7,4 kW | DC: 150 kW Abmessungen: 4.690 x 1.860 (2.180 mm mit Außenspiegel)x 1.650 mm Wendekreis 12,2 Meter | Kofferraumvolumen: 441Liter Versicherung: HK 15 | VK 27 | TK 23 Wartung: 15.000 km/1 Jahr Garantie: 8 Jahre | 160.000 km Fahrzeug und Akku
Menüpunkt „Laden“ fehlt im Subaru Solterra
Nicht gewöhnen konnten wir uns an den fehlenden Menüpunkt zum Thema Laden. Im Subaru Solterra (und im Toyota bZ4X) sieht man nirgends, wie gerade das Auto geladen wird, wie lange der Ladevorgang noch andauern wird oder wie viel kWh oder Prozent bereits im Akku schlummern. Zeitpläne, um das Laden zu programmieren, gibt es nicht. Lediglich nach dem Anschließen an den AC-Lader glimmt für zehn Sekunden im Kombiinstrument die berechnete Ladezeit auf. Und die ist lang. Denn der Solterra lädt nur einphasig. Was bei einem Plug-in-Hybriden bereits nervt, ist bei einem Elektrofahrzeug inakzeptabel. Wer an der dreiphasigen Wallbox, also der in Deutschland üblichen, lädt, nuckelt mit 3,7 kW am Strom, was einen leeren Solterra-Akku rund 20 Stunden an der Ladesäule verweilen lässt – deutlich mehr als 70 kWh wollen samt Ladeverlusten dort hinein.
Toyota hat dieses Manko bei den ersten 8.000 ausgelieferten bZ4X ebenfalls dem Kunden zugemutet, mittlerweile aber nachgebessert. Dass Subaru nur die zweite Geige spielt, merkt man, dass eine Besserung auf 11 kW wohl erst im Frühjahr 2024 zu erwarten ist – die eingekauften, einphasigen Onboadlader müssen halt noch verbaut werden. Also heißt es beim Solterra, ihn idealerweise an die 22-kW-Stadtwerke-Säule hängen, dann laufen immerhin gut 7 kW ein. Beim AC-Laden erreicht der Subaru maximal 150 kW – auch bei uns, allerdings reißt der Starkstromzufluss schnell ab und landet bei einem State of Charge (SoC) von 60 Prozent bereits bei rund 65 kW – auch keine Glanzleistung.
Positiv aus Fahrersicht fallen die vergleichsweise zierlichen A-Säulen auf, die den Überblick nach schräg vorn weniger einschränken als es bei anderen aktuellen Autos der Fall ist. Nach hinten sieht man jedoch (auch) eher wenig. Das Platzangebot ist ausgezeichnet – überall. Die 4,69 Meter Außenlänge wurden gut ausgenutzt. In den Kofferraum passen indes nur 440 Liter. Verzurrösen gibt es, allerdings an interessanter Position, deren Nutzen nicht ganz einleuchten.
Subaru Solterra: Reichweite liegt bei 300 Kilometern
Unter Komfortaspekten kann der Solterra prinzipiell punkten. Er wird zwar ab Tempo 130 recht laut, aber das ist selten das Tempo, das E-Fahrer anschlagen. Eher rollt man gemütlich (Top-Speed liegt bei gemächlichen 160 km/h) mit vernünftiger Rückmeldung von Lenkung und Fahrwerk über den Asphalt. Dann hält sich auch der Verbrauch der vorn und hinten identischen E-Motoren mit jeweils 109 PS in Grenzen und kommt im Mix an den WLTP-Wert, den Subaru mit knapp 18 kWh für die gefahrene Top-Ausstattung angibt. Damit sollen sich Reichweiten von gut 400 Kilometern ergeben. Zieht man rund 100 Kilometer ab, ist man näher an der Realität, sofern das Revier des Solterra nicht ständig der Stadtverkehr ist. Mit einem recht großen Wendekreis von 12,2 Metern fühlt er sich dort auch nicht sonderlich wohl.
Wer dennoch oft dort unterwegs ist, sollte über die Basisversion nachdenken. Diese steht auf 18 anstatt den beim Testwagen (Ausstattung: Platinum Plus) montierten 20 Zöllern und hat somit einen höheren Reifenquerschnitt, was nicht nur dem Komfort, sondern auch „Bordsteinparkern“ zugutekommt – das rechnet sich also doppelt, einmal beim Neupreis und dann am Leasingende, wenn die Felgen rechts noch heile sind. Und das Topmodell Platinum Plus ist für Dienstwagenberechtige sowieso ein "No-go", denn der Preis steigt vom Platinum auf Platinum Plus um 1.000 Euro brutto und reißt damit die magische 60.000er-Hürde, die über 0,25- oder 0,5Prozent-Versteuerung entscheidet.
So oder so ist auch der Subaru Solterra ein teures Vergnügen – insbesondere in Anbetracht der Elektro-Eigenschaften. Denn erst bei 57.500 Euro (alle Preise brutto) startet der Subaru Solterra in der Ausstattungslinie Comfort. Dann jedoch fehlen so E-Auto-Selbstverständlichkeiten wie die Lenkrad- und sogar die Sitzheizung – beides wichtig, um im Winter weniger die Heizung zu nutzen und damit mehr Reichweite bei der Kälte zu haben. Auch die induktive Ladefunktion fürs Handy fehlt. Optionen gibt es generell beim Solterra keine. Die Topausstattung kostet 61.000 Euro – Optionen gibt es auch bei dieser keine.
Für Subaru-Fans
So muss man letztendlich ein echter Subaru-Fan sein, um gefallen am Solterra zu finden, wenngleich man dann dennoch einen Toyota bewegt. Der große Vorteil von Subaru ist das Händler-Netz. Seit Jahrzehnten gehören diese, oft kleinen, zu den besten im Lande und kümmern sich um ihre Kunden. Eigentlich eine Normalität, sollte man meinen, die ist es aber längst nicht mehr. Und bei acht Jahren Garantie auf alles, stört ein Besuch bei diesem grundsätzlich weniger als bei Mitbewerbern.
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