Von Peter Maahn
Die Franzosen nutzen die Gunst der Stunde und preschen mutig vor. Peugeot und Citroën haben schneller als andere erkannt, wie wichtig kleine elektrisch angetriebene Nutzfahrzeuge künftig für die Versorgung von Handel und Gewerbe in unseren Städten sein werden. Ende des Jahres erscheinen der Peugeot e-Partner und sein Schwestermodell Citroën e-Berlingo, beide mit 50 kWh-Batterie und einer zumindest lokal abgasfreien Reichweite von rund 280 Kilometern.
Auf dieses Feld hat sich bisher nur der Renault mit dem Kangoo ZE gewagt, allerdings derzeit noch mit eher bescheidenerer Reichweite. Während Opel dank der Familienzugehörigkeit mit dem Combo-e die deutsche Fahne an der Ladesäule hochhalten kann, halten sich Mercedes, VW oder auch Ford derzeit noch zurück. Bis zum Beispiel der elektrische Mercedes Citan zu haben ist, werden noch Monate vergehen.
Die Autos mit Wettbewerbsvorteil warten unweit von Paris auf einem Parkplatz fein nach Markenzugehörigkeit aufgereiht auf die firmenfremden Testfahrer. Eigentlich ist es egal, hinter wessen Lenkrad das erste Date seinen Lauf nimmt. Peugeot e-Partner und Citroën e-Berlingo sind Zwillinge, also fast identisch. Unter der Haube sowieso, da beide den elektrischen Baukasten des Konzerns nutzen.
50 kWh-Batterie und ein E-Motor mit 100 kW / 136 PS
Leichte Differenzen gibt es bei der Gestaltung der Scheinwerfer, was aber nicht wirklich ins Auge fällt. Bleibt als Unterscheidung nur das jeweilige Logo, also Doppelwinkel oder Peugeot-Löwe sind die einzigen echten Statements. Bewusste Gleichmacherei auch im Innenraum. Natürlich sorgt wieder das Markenzeichen für Klarheit, diesmal auf dem Lenkradtopf.
Ansonsten aber muss nicht über die Bedeutung von Schaltern und Knöpfen gerätselt werden. Kleiner Unterschied: Der Peugeot glänzt mit dem bekannten digitalen i-Cockpit. Dafür hat der Citroën ein Head-Up-Display exklusiv.
Bei einem Nutzfahrzeug wie dem Pariser Duo ist die Übereinstimmung in vielen Details ungefährlicher als bei einem Pkw. Denn Markentreue und Emotionen spielen in der Geschäftswelt keine tragende Rolle. Eingefleischte Citroën-Kunden auch in Deutschland werden auch weiterhin ihren vertrauten Händler aufsuchen, wenn es um ein nüchternes Produkt wie einen Kleintransporter geht.
Nur wenn es worüber auch immer zum Streit mit dem Händler kommen sollte, geht der erzürnte Käufer halt zwei Straßen weiter zum Peugeot-Stützpunkt. Das Auto ist das gleiche und kostet auch das gleiche. So einfach können Wirtschaft und Wettbewerb sein.
Praktisches Familienauto
Das wird sich vielleicht ändern, wenn es um die zivilen Varianten der Brüder geht, die in der Pkw- oder Kombi-Klasse antreten. Wie der geräumige Citroën e-Berlingo mit viel Glas und nettem Innenraum, der als praktisches Familienauto schon lange eine feste Größe ist und auch als Siebensitzer zu haben ist. Aber bisher war er eben nicht elektrisch. Das Gleiche gilt für die Antwort von Peugeot, der auch als Stromer wieder die Bezeichnung Rifter tragen wird.
Aber zunächst geht es um die Nutzfahrzeuge, die uns auch im engen Großstadt-Dschungel mit Obst und Gemüse, Zeitschriften, Büchern oder Online-Bestellungen versorgen. Beliebt sind die Kleinlaster auch bei Service-Technikern, die alle Werkzeuge und Ersatzteile an Bord haben, um unsere Spülmaschine oder den OLED-Fernseher wieder zum Laufen zu bringen.
All diese Menschen, die so einen Kastenwagen beruflich bewegen, werden sich über den neuen Antrieb und dessen Technik sicher freuen. Da sie sich ohnehin meist in einem begrenzten Bereich bewegen, ist das Laden auf dem Werkhof über Nacht sicher kein Problem.
Ein kleiner knubbeliger Wahlhebel in der Mittelkonsole ersetzt den klassischen Gangwähler eines früheren Automatikgetriebes. Per Druckknopf daneben kann die Art der Fortbewegung bestimmt werden. Im Eco-Betrieb für die beste Reichweite wird die Leistung auf 60 kW / 81 PS begrenzt, das Drehmoment sinkt auf 190 Nm. Wählt man die Einstellung "Normal" sind es 80 kW / 109 PS und 210 Newtonmeter. "Power" liefert dann das volle Programm von 100 kW / 136 PS und 260 Nm.
Praktisch für schwere Ladung
Hilfreich auch, wenn schwere Ladung flott bewegt werden soll. Immerhin passen zwei Europaletten in den Landeraum. Dieses Fingerspiel zwischen den Sitzen bieten beide Franzosen. Für das Duo sind auch die meisten bekannten Assistenzsysteme, oft in Pakete geschnürt, bestellbar. Serienmäßig sind diese Feinheiten wie üblich in Nutzfahrzeugen nicht.
Da die Batterien im Unterboden versteckt sind, profitieren Fahrgefühl und Kurvenstabilität vom tiefen Schwerpunkt. Ergänzt wird die Leichtigkeit des Transporterseins von der Wendigkeit und dem vertretbaren Wendekreis von 11,43 Metern. Der Fahrerplatz wirkt aufgeräumt, Blickfang ist neben dem je nach Version digitalen Instrumenten-Design vor allem der große mittige Bildschirm. In Kaffeepausen können Fahrer oder Fahrerin dank der Anbindung von Apple oder Android auch mal Privates abrufen. Modernität im Arbeitsalltag.
Es wird nicht mehr lange dauern, bis das elektrische Vorpreschen der immer noch gewöhnungsbedürftigen Stellantis-Familie die Konkurrenten auf den Plan ruft. Im eigenen Haus gilt das für eine überfällige E-Version des Fiat Doblo. Auch die Chinesen haben Europa im Blick, Beispiele sind der Maxus des Riesenkonzerns SAIC oder Modelle von Dongfeng.