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MG4 77 kWh: Da geht viel – außer günstig

18.07.2024 02:26 Uhr
Der MG4 lässt sich innerstädtisch mit zwölf kWh fahren. Reichweite dann: mehr als 600 Kilometer.
© Foto: Michael Blumenstein

Chinesische Fahrzeuge werden oft herangezogen, wenn man von günstigen E-Autos spricht. Der MG4 Trophy Extended Range mit seinem 77 kWh-Akku kann weit, aber nicht günstig.

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Das Beste vorweg: Wer den MG4 ins Auge gefasst hat, kann entsprechend seinem Fahrprofils die passende Akkugröße auswählen. Derzeit gibt es drei Akkupacks für den im chinesischen Ningde (für den deutschen Markt) produzierten MG4: 51, 64 und 77 kWh. Wir haben uns für den großen 77-kWh-Akku entschieden, der mit 144 kW auch zugleich die höchste Ladeleistung bietet und somit up-to-date erscheint. Beste Voraussetzungen, um die Langstrecke zu meistern und im Zweifel auch ohne eigene Lademöglichkeit auszukommen, da lange Strecken zwischen den Ladestopps absolviert werden können.


MG4 Trophy Extended Range

MG4 Extended Range orange lackiert schräg von vorn fotografiert Bildergalerie

Sieben Farben – orange ballert beim MG4

Orange. Die Farbe ballert und kostet 650 Euro extra. Wirklich hochwertiger sieht das spezielle Design des MG4 deswegen aber nicht aus. Schön jedoch, dass das Geschmackssache ist und MG sieben Farben (ja, da sind auch Farben dabei) beim MG4 anbietet. Vorn wie hinten strahlen LED, wobei sie vorn wenig ausgefeilt sind. Matrixlicht und automatische Leuchtweitenregulierung sind Fremdworte. Dafür machen die Hellmacher einen guten Job. Lediglich das Fernlicht dürfte kräftiger sein.

Klavierlack ist out

Wir steigen in den MG4 ein und erleben Tristesse. Alles ist Schwarz, gegen Aufpreis gibt es ein helles Grau (1.000 Euro). Der Klavierlack giert nach Fettfingern und die nimmer endende Armada an Staubpartikeln sammelt sich Sekunden nach dem Reinigen an derselben Stelle. Ersteres bleibt nachhaltig sichtbar auch auf den festen Stationstasten unter dem 10,25-Zoll-Display, obwohl da nichts klavierlackt. Die zwei Lautstärkeregler rechts kommen dem Beifahrer zugute – bei Linkslenker-Modellen zumindest. Die Home-Taste daneben wird auch häufig benutzt, so wie die Schnellwahltasten für Klimafunktionen. 


MG4 Trophy Extended Range 77 kWh

Testwagenpreis ab: 46.640 € (brutto) 
Elektro-Heckmotor | 180 kW/245 PS | 350 Nm
6,5 s | 180 km/h | Reichweite: 520 WLTP-Kilometer
Akkukapazität: 77 kWh (brutto)
Ladeleistung: AC 11 kW | DC 144 kW
Verbrauch 16,5 kWh
Maße 4.287 x 1.836 x 1.504 mm|
Kofferraum 363–1.165 Liter
Versicherung HK 17 | VK 24 | TK 21
Wartung: 2 Jahre/30.000 km
Garantie: 7 Jahre/150.000 km



Klimaautomatik im MG4 regelt schlecht

Die Klimaautomatik ist ein Schwachpunkt des MG4. Diese regelt einfach nicht sauber und selbst bei eingestellten 24 Grad ist es zu frisch im Fahrzeug. Man könnte sagen, „macht doch nichts, dann stelle ich auf 25 Grad“. Aber: Fährt man schneller, bläst die Klima stärker, und selbst im Eco-Modus zu stark. Scheint die Sonne aufs Armaturenbrett, kühlt das System weiter runter, sodass man auf 26 Grad hochregulieren muss. Die Klimaautomatik agiert damit schlechter als viele manuelle Klimaanlagen, in der Preisklasse ein No-Go.

Auch nicht ideal: Die Displays spiegeln. Erschwerend kommt hinzu, dass die Schriften teils zu klein sind und der Bildschirm nicht nur berühungsunempfindlich ist, er ist eher berührungsresistent. Nicht selten toucht man drei Mal aufs Symbol, bis die Funktionalität aktiviert wird. Das ist während der Fahrt ablenkend. Immer wieder greift daher der Spurhalteassistent harsch ins Geschehen ein und man schaut im Anschluss auf die Temposchilderkennung, um nicht gerade ein Limit übersehen zu haben. Diese wiederum ist jedoch zuverlässig unzuverlässig.

MG4 mit grob regelnden Assistenzsystemen

Die Smartphone-Spiegelung gelingt nur mittels Kabel, da mutet die Induktivladeschale fast wie ein Witz an. Die Sprachbedienung ist auch keine Offenbarung. Sie zeigt zwar exakt die ausgesprochene Adresse im Display, findet das Ziel aber nicht, was im Anschluss per Tippeingabe gelingt. Auch ist die Logik nicht immer so, wie es andere Fahrzeughersteller machen. Drückt man beispielsweise die Musiknote im Display links, gelangt man nicht ins Radiomenü, das gerade aktiv ist (man hört einen Radiosender). Nach dem Druck auf die Note kommt man ins Bluetooth-Menü, selbst dann, wenn kein Smartphone mit dem Infotainmentsystem per Kabel oder via Bluetooth gekoppelt ist. Ähnliches auch bei der Bedienung des Tempomaten. Die Funktionsweise erschließt sich wohl erst nach einigen Wochen. Zudem sind der Tempomat und der Tempobegrenzer nur in Fünf-km/h-Schritten regelbar und lässt sich beispielsweise nicht bei 73 km/h setzen. Dafür, dass die Chinesen nicht nur billig sein sollen, sondern auch beim Thema Infotainment weit vorne seien, merkt man nichts.

MG4 Extended Range orange lackiert Cockpitaufnahme
Das Interieur des MG4 ist unspektakulär. Klavierlack sollte 2024 aber eigentlich out sein.
© Foto: Michael Blumenstein

Perfekter Gangwahlhebel im MG4

Doch wir wollen auch Dinge im MG4 loben. Da wären die durchaus befriedigende Akustik auf der Autobahn sowie die zwar einfachen, aber komfortablen Sitze. Auf der Beifahrerseite fehlt dennoch die Höhenverstellung, die ein Fahrzeug, das an die 50.000 Euro heranreicht, an Bord haben muss. Die Sitzposition geht in Ordnung. Unschön sind die nicht verkleideten Türrahmen, in denen sich dann die Schweißnähte der Fensterkonstruktion offen zur Schau stellen. Die Verarbeitung ist hingegen tadellos, lediglich hier und da wünscht man sich bessere Materialien.

Also Motor an. Das klappt allein durchs Drehen des Gangwahlhebels in der Mitte. Der ist perfekt platziert und lässt sich ebenso bedienen. Leider jedoch erwacht der MG4 nicht immer auf Anhieb. Ab und an dauert es gemessene zehn Sekunden, bis sich vom Einlegen der Fahrstufe D der MG4 in Bewegung setzen lässt. Die Bremse spricht giftig an, das ist gut, aber gewöhnungsbedürftig. 245 PS leistet der MG4 mit dem 77er-Akku. Ausreichend für den 1.750 Kilogramm „leichten“ Kompakten. Das Handling gefällt, wenngleich die Fahrwerksabstimmung vor allem innerstädtisch auf der straffen Seite zu Hause ist. 18-Zoll-Aluräder gehören zur Ausstattungslinie, die eh keine Optionen anbietet.

MG4 Extended Range orange Kofferraumfoto
Der Kofferraum ist zwar gut zugänglich (es gibt keine elektrische Heckklapp, wie schön). Aber es fehlen Verzurrösen (die auch genutzt werden sollten).
© Foto: Michael Blumenstein

12 kWh sind mit dem MG4 in der Stadt easy möglich

So setzt sich die Fuhre behände in Bewegung und bietet dank des Heckantriebes durchaus Fahrspaß. Der kommt zudem auf, wenn man sich die Verbrauchsdaten vor Augen führt. In der Stadt mit abgeschalteter Klimaanlage kann man auf unter elf kWh kommen. Das ist ein extrem niedriger Verbrauch. Auf der Langstrecke im Verkehr mitschwimmen bedeutet knapp 19 kWh und selbst, wer es eiliger hat, wird bis zur Tempobeschränkung bei 180 Sachen nicht wirklich bestraft. Im Mittel kamen wir auf knapp 22 kWh mit viel Autobahn und Tempo oberhalb der Richtgeschwindigkeit.
Unschön ist, dass ab einem State of Charge von 20 Prozent die Restkilometer nicht mehr angezeigt werden. Da heißt es eventuell bangen. Gut wiederum, dass die Anzeige den gefahrenen Fahrstil widerspiegelt, auch nach der Ladepause. Dafür muss man den Fahrmodus „Individual“ nach jedem Motorstart mitteilen, dass man keine Rekuperationsstufe möchte oder aber One-Pedal-Drive bevorzugt. Alle anderen „Individual-Präferenzen“ speichert es ab, die Rekuperation wird stets wieder „mittig“ gesetzt.

MG4 ist nicht günstig – in Deutschland

142 kW zeigte die Ladekurve wiederholt als Maximum an, wenn man bei cirka zehn Prozent Akkustand den Wagen an den High Performance Charger (HPC) anschließt. Bis gut über 40 Prozent SoC (State of Charge) blieb der Stromfluss bei knapp 140 kW, um danach spürbar abzuflachen. Wer bei rund 80 Prozent den Stecker zieht, erntet eine durchschnittliche Ladeleistung von etwa 100 kW, prima.
Kommen wir zur angeblichen Domäne der chinesischen Hersteller, dem Preis. 46.640 Euro brutto lautet dieser für den Testwagen. Einziges Extra: der Orange-Lack.

Ein VW ID.3 Pro S (77-kWh-Akku) durchbricht mit gleichwertiger Ausstattung dezent die 50.00- Euro-Grenze. Dieser hat bereits ein überarbeitetes Infotainmentsystem, über das man sich wenig beschweren muss. Ein Cupra Born (gleiche Technik wie ID.3) kostet gut zwei Tausend Euro mehr als der MG4 und somit ähnlich viel wie ein Peugeot e-3008, der eine Nummer größer ist (bei ähnlicher Batteriekapazität). Die Luft wird also auch für die Chinesen dünner. Vor allem dann, wenn man den Blick in den Osten wagt und sieht, was dort die gleichen Modelle kosten. Für den MG4 mit 64-kWh-Akku (analog zu unserem MG4 Comfort) werden 21.000 Euro fällig, inklusive Steuern, exakt das kostet dort auch ID.3 (Vor-Facelift). Bei uns kosten beide Modelle knapp 40.000 Euro.

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