GWM ist nach der Neujustierung der Modellbezeichnungen in Deutschland mit dem Elektro-Modell Ora 03 (zuvor Funky Cat) und den Plug-in-Hybriden Wey 03 (zuvor Coffee 02) und Wey 05 (zuvor Coffee 01) vertreten. Wey ist der Familienname von Firmengründer Jack Wey, der sein Unternehmen innerhalb weniger Jahre zur achtgrößten Automarke in China und zur achtzehntgrößten weltweit gemacht hat – mit immerhin 1,5 Millionen verkauften Fahrzeugen im Jahr 2023. Mit dem 4,67 Meter langen 03 wollen die Chinesen der etablierten Nobel-Konkurrenz in Europa wie BMW X3, Audi Q5 oder Volvo XC60 Marktanteile abjagen – mit relativ knapp kalkulierten Preisen ab 47.900 Euro, reichlich Ausstattung – und einer beinahe rekordverdächtigen Elektro-Reichweite für Plug-in-Hybride.
Beinahe, weil es mit WLTP-Werten von 130 (2WD) bis 139 Kilometern (4WD) laut GWM „nur“ zum zweiten Platz reicht. Aber der bleibt in der Familie, ihn belegt nämlich der rund 20 Zentimeter längere Wey 05, der bis zu 158 Normkilometer schaffen soll. Bei Testfahrten im Raum München mit Temperaturen um die zehn Grad plus ließ sich die nominelle Reichweite mit dem schwächer motorisierten Frontantriebs-Modell bei eher zurückhaltender Fahrweise im Hybrid-Betrieb annähernd realisieren. Beim Zwischenstopp nach gut 100 Kilometern wurden noch rund 50 Kilometer Restreichweite und ein Spritverbrauch von circa 2,7 Litern angezeigt.
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Schwächer motorisiert bedeutet im Fall des Wey 03 immer noch reichlich Leistung. Die Kombination aus Zweiliter-Turbobenziner und E-Motor an der Vorderachse bringt es auf eine Systemleistung von 270 kW / 367 PS, das maximale Drehmoment liegt bei 500 Nm. Wer an der Kreuzung zu kräftig aufs Fahrpedal steigt, muss mit kurzfristig durchdrehenden Vorderrädern rechnen.
GWM Wey 03
BildergalerieBei artgerechter Verwendung der gebotenen Kraft zeigt sich der 03er aus China geschmeidig, komfortabel und bietet reichlich Reserven für schnelle Überholmanöver. Wenn die volle Power abgefordert wird, ist der Verbrenner zwar deutlich zu hören, wird aber nicht lästig laut. Der Vollständigkeit halber: GWM gibt den Null-bis-100-Spurt mit 7,3 Sekunden und die Höchstgeschwindigkeit mit 230 km/h an. Der wegen der großen E-Reichweite zumindest auf den ersten gut 100 Kilometern ansatzweise nachvollziehbare WLTP-Verbrauch liegt bei 0,5 Litern Sprit und 25,2 kWh Strom.
Allradantrieb dank eines zusätzlichen E-Motors im Heck, eine Leistung von 325 kW / 442 PS und ein System-Drehmoment von mächtigen 685 Nm bringt die stärkere 03-Version ins Spiel. Mit ihr gestaltet sich die Fortbewegung noch ein bisschen geschmeidiger, sie bringt die Leistung lockerer auf die Straße und ermöglicht bei Bedarf blitzartigere Überholmanöver (0 bis 100 km/h: 7,3 s, Vmax: 230 km/h). Angesichts der der durchschnittlich 40 Kilometer, die deutsche Autonutzer pro Tag abspulen, muss der in beiden Versionen netto 28,9 kWh große Akku nur alle dreieinhalb Tage nachgefüllt werden. Auch das geht fix, denn der Wey 03 kann am CCS-Lader mit bis zu 50 kW befüllt werden, der Hersteller spricht von circa 38 Minuten für die Betankung von null bis 80 Prozent. Am AC-Lader sind bis zu 11 kW möglich. Dass die neuen China-SUVs ziemlich große Batterien an Bord haben, lässt sich übrigens auch am Leergewicht von immerhin 2.175 und 2.295 Kilo ablesen.
Um den eigenen Premium-Anspruch einlösen zu können, muss der Neuzugang auf dem verwöhnt-anspruchsvollen deutschen Markt einiges bieten. Eine mehr als nur ordentliche Verarbeitung etwa. Der Wey 03 gibt sich hier keine Blöße, er wirkt solide, hat angenehm anzufassende Materialien und ein auch für europäische Geschmäcker passendes Außen- und Innendesign, gute Vordersitze und reichlich Platz vorne wie hinten. Die Ausstattung ist schon in der Basisversion namens Premium üppig ausgefallen, etwa mit einem Display hinter dem Lenkrad und zwei Bildschirmen auf und im Armaturenbrett, einem Multimediasystem, zehn Lautsprechern und einem umfangreichen Assistenz-Arsenal. Die Version Luxury (2WD ab 51.900, 4WD ab 55.900 Euro) hat von allem noch ein bisschen mehr, etwa 20- statt 19-Zöller, zwölf Lautsprecher, kabelloses Smartphone-Laden oder ein Head-up-Display.
Beim ersten Kennenlernen kann der Wey 03 durchaus eine ganze Reihe positiver Akzente setzen. Die Arbeitsweise der diversen Sicherheitswächter und die ein wenig verschachtelte Bedienstruktur fielen neben kräftigen Kunststoff-Ausdünstungen in den Testwagen allerdings negativ auf. Dass die Systeme etwa für die Spurhaltung oder die Geschwindigkeit nach jedem Start aufs Neue piepen und klingeln und in mehreren Schritten stummgeschaltet werden müssen – geschenkt. Aber dass eine Computerstimme bereits eine Aufmerksamkeits-Ermahnung ausspricht, wenn man nur mal eine Zehntelsekunde zu lang in den Außenspiegel schaut, das ist wirklich zu viel der Nerverei.