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Fahrbericht Bentley Continental GTC V8: Sparen ohne Spaßverzicht

11.05.2020 09:43 Uhr
Fahrbericht Bentley Continental GTC V8: Sparen ohne Spaßverzicht
Bentley bietet den 2018 neu aufgelegten Continental GT nun auch mit V8-Motor an.
© Foto: Bentley

Selbst der Earl in Eile muss bisweilen aufs Geld schauen, und auch auf sein Gewissen. Das wissen sie auch bei Bentley und reichen für den neuen Continental deshalb nun wieder die V8-Modelle nach. Eine erste Ausfahrt.

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Von Benjamin Bessinger

Reichtum mag zwar ein gutes Ruhekissen sein. Doch in Zeiten wie diesen hält selbst der Geldadel seine Barschaft ein wenig zusammen und entwickelt obendrein bisweilen sogar ein grünes Gewissen. Deshalb fahren die Wagenmeister der Besserverdiener mittlerweile einen konsequenten Sparkurs. Während sie auf der einen Seite immer stärkere, exklusivere und damit natürlich auch teurere Modelle für ein paar wenige Auserwählte vom Stapel lassen, treten sie zugleich ein wenig auf die Bremse und geben sich etwas nahbarer. Bei Bentley steht dafür vor allem der V8-Motor, der in den letzten Jahren zur ebenso kassen- wie klimafreundlichen Alternative zum Zwölfzylinder avanciert ist und nun seinen Weg wieder in den frisch erneuerten Continental findet. Mit ihm sinkt der Preis um rund 12.600 auf 164.300 Euro netto für das Coupé und 181.862 Euro netto für das Cabrio und zumindest auf dem Prüfstand geht auch der Verbrauch um knapp 3,0 Liter zurück.  

Gefühl von Solidität

Egal ob acht oder zwölf Zylinder bleibt eines unverändert im Continental: das Gefühl von Solidität, Authentizität und absoluter Wertigkeit. Nicht umsonst bedient man die Lüftung noch immer wie die Züge einer Orgel, nicht ohne Grund fällt man in Sessel, die bei allem sportlichen Zuschnitt so weich und kuschelig sind wie man sich den Thron der Queen vorstellt, und nicht umsonst fallen die schweren Türen so satt ins Schloss wie der Tresor tief unten im Keller einer Züricher Bank. Und selbst die digitalen Instrumente und die drehbare Walze mit dem Touchscreen auf der einen und den drei mechanischen Uhren auf der anderen Seite können und wollen de etwas barocken Charme nicht korrigieren, den dieses Auto umgibt.  

All das wirkt auf eine charmante Art behäbig, völlig entschleunigt und zeigt auf jedem Meter, dass es wahrer Luxus ist, wenn man sich Zeit lassen kann. Doch all die Ruhe und Gelassenheit ist vorbei, sobald man auch nur etwas fester aufs Gas tritt. Dann wird das sonore Grollen aus den Endrohren zu einem wütenden Brüllen und der Continental schiebt voran, als könnte er seine 2,5 Tonnen mühelos abschütteln. Natürlich spürt man das Gewicht in engen Kurven, wenn die Wuchtbrumme trotz verstellbarer Luftfederung quietschend um Halt auf dem Asphalt ringt und die Insassen um eine aufrechte Haltung kämpfen. Doch es ist erstaunlich, mit welcher Vehemenz das 404 kW / 550 PS starke Dickschiff von dannen stürmt und wie spielend leicht die Luxusyacht mit ihren 770 Nm in kaum mehr als vier Sekunden von Null auf 100 beschleunigt. Dass auch der V8-Motor mühelos auf mehr als 250 km/h stürmt, das ist selbstverständlich. Und die 318 km/h Höchstgeschwindigkeit glaubt man dem Continental unbesehen.

Während man im Continental über Land stets versucht ist, die Grenzen der Physik noch ein wenig weiter zu dehnen, den Wagen viel zu oft am Limit fährt und die Zylinderabschaltung allenfalls in der Theorie oder im Stau kennenlernt, lässt man es in der Stadt freiwillig schön langsam angehen. Und zwar nicht nur, weil man förmlich darauf wartet, dass die Passanten zu einem herüberblicken und man huldvoll zurückschauen kann. Dabei die Hände am Steuer zu lassen und nicht auch noch majestätisch zu winken, erfordert fast schon etwas Selbstbeherrschung. Erst wenn man gemächlich über den Boulevard bummelt, spürt man, wie solide diese Sänfte wirklich ist.

Kopfsteinpflaster, Temposchwellen, Gullydeckel oder Schlaglöcher – so, wie der Tower in London die Jahrhunderte unbeschadet überstanden hat, so lässt sich auch der Bentley von nichts und niemandem erschüttern. Außerdem ist die städtische Schleichfahrt eine der wenigen Gelegenheiten, an denen die Zylinderabschaltung tatsächlich einmal wirken und den halben Motor stilllegen kann. Ob sie das tut, wann und wie sie das macht, dass muss man in blindem Vertrauen schon der Elektronik überlassen. Denn wie viele Töpfe jetzt brennen, das kann weder hören noch spüren, so perfekt haben die Briten den Sound moduliert und den Übergang kaschiert.

Kaum Unterschied beim Verbrauch

Dass unter der Haube ein Rumpfmotor sitzt, dem zum wahren Luxus vier Zylinder und zwei Liter Hubraum fehlen, fällt ohnehin kaum auf. Nicht den anderen Mitgliedern im Golfclub, die schon nach dem V8-Signet am Kotflügel oder den Endrohren im so genannten Quad-Design schauen müssen. Und erst recht nicht dem Fahrer: Denn auf die 85 PS und 130 Nm Differenz zum Zwölfzylinder kann man locker verzichten, zumal der V8 ja auch vier Zentner weniger auf die Waage bringt. Man hört beim Anlassen und beim Gasgeben keinen Unterscheid und man spürt keinen beim Beschleunigen. Aber man sieht eben auch an der Tankstelle keinen wirklichen Unterschied. Die 11,4 Liter vom Prüfstand jedenfalls sind reine PS-Poesie und im Alltag ist der V8 kaum weniger durstig als der Zwölfzylinder. Aber wer hat, der hat – und rümpft selbst über Werte um die 20 Liter und mehr nicht einmal die Nase. Erst recht nicht in Zeiten wie diesen. Denn bei Benzinpreisen um 1,15 Euro reicht allein der Unterschied zwischen V8 und W12 für mehr Treibstoff, als ihn der gemeine Bentley-Kunde im Jahr verfährt.


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