Von Holger Holzer/SP-X
Die USA sind ein SUV-Land. Doch Kalifornien hält dagegen. In dem Pazifikstaat stehen nach wie vor klassische Limousinen und seit kurzem auch E-Autos hoch im Kurs. Das lässt sich auch auf der Los Angeles Auto Show (1. bis 10. Dezember) beobachten. Der Trump-Regierung ist die Pkw-Enklave nicht nur deswegen ein Dorn im Auge.
Natürlich sind in den beiden Ausstellungshallen in LA auch zahlreiche SUV zu sehen, nicht nur bei dezidierten Truck-Marken wie GMC oder RAM. Doch die Stars der Messe kommen aus klassischeren Segmenten - ganz anders als zuletzt etwa bei der IAA in Frankfurt oder dem Autosalon in Genf. Zu den wichtigsten Premieren etwa zählt der Mercedes CLS, die optisch dynamisierte Version der E-Klasse-Limousine. Die soll nicht nur Geschäftsführer und Freiberufler mit Sinn für flottes Design ansprechen, sondern nicht zuletzt die immer noch existierenden SUV-Verächter. Sie finden in dem viertürigen Coupé eine stilistische Alternative zum landläufigen Stufenheckmodell, ohne die typischen Crossover-Nachteile bei Verbrauch und Image in Kauf nehmen zu müssen.
Dass Mercedes seine wichtigste Winter-Neuheit ausgerechnet in Kalifornien vorstellt, ist kein Zufall, zählen doch die USA und vor allem deren Westküste zu den wichtigsten Märkten für die Vorgängermodelle. Und auch generell sind klassische Pkw hier beliebt: Während in 33 US-Staaten der Pick-up der Ford F-Serie die Verkaufs-Charts anführt, zählt Kalifornien zu den wenigen Staaten, wo mit dem Honda Civic noch ein sogenannter Sedan der Bestseller ist. Der Westküsten-Staat schwimmt damit klar gegen den Trend: Auf dem stagnierenden US-Markt versprechen aktuell nur noch SUV, Pick-up-Trucks und Crossover Wachstum. Ihr Absatz wuchs in den ersten acht Monaten um immerhin vier Prozent, die Limousinen-Verkäufe brachen parallel dazu jedoch um zwölf Prozent ein.
LA Auto Show 2017 - Highlights
BildergalerieLimousinen im Vordergrund
Auf der LA Auto Show lassen sich die meisten Hersteller von dem Trend nicht schocken. Toyota, Honda und Nissan rücken vor allem ihre Limousinen in den Vordergrund, Mazda feiert sogar die Premiere des gelifteten Madza6 vor Ort. Die deutschen Marken setzen ebenfalls auf SUV-Kontrastprogramm. BMW zeigt den i8 Roadster, Mini seinen Elektro-Kleinwagen, Porsche die GTS-Varianten der Sportwagen 718 Boxster und Cayman. Und VW verzichtet komplett auf Neues und rückt stattdessen die Elektroauto-Studien der I.D.-Familie noch einmal ins Rampenlicht.
Auch die deutsche Elektro-Euphorie ist in Kalifornien an der richtigen Adresse. Der Staat verweigert sich nicht nur dem SUV-Boom, sondern setzt gleichzeitig konsequent wie keine US-Region auf das E-Auto. Rund 6,7 von 1.000 Fahrzeugen werden hier elektrisch angetrieben. Mindestens doppelt so viel wie in jedem anderen Staat. Im mittleren Westen etwa liegt die Elektro-Quote höchstens bei 0,5 Autos je 1.000 Zulassungen.
Der ökologisch geprägte Markt hat in Kalifornien Tradition. Schon seit den 60er-Jahren ist der Staat amerikanische und weltweite Avantgarde, was Verbrauchs- und Schadstoffgrenzwerte angeht. Wer einmal den Himmel über LA gesehen hat, weiß auch warum. Vor allem wegen des immer noch sichtbaren Smogs pocht die kalifornische Regierung auf ihr verbrieftes Recht, eigene Verbrauchs-Grenzwerte erlassen zu dürfen, ohne auf die Zentralregierung in Washington angewiesen zu sein. Seit dort Donald Trump an den Reglern sitzt, führt das wieder regelmäßig zu Konflikten. Der Präsident hat der Autoindustrie laschere Vorgaben versprochen, kann gegen die kalifornische Strenge aber aktuell nicht viel unternehmen. Ignorieren lässt sich der Staat am Pazifik aber auch nicht: Auch ohne den Rest der US zählt er zu den zehn größten Volkswirtschaften der Welt. Einen solchen Markt können weder Trump noch die US-Autoindustrie in Detroit links liegen lassen.