Wer auf die Autobahn fährt, muss Rücksicht auf die von hinten kommenden, schnelleren Fahrzeuge nehmen. Das gilt auch, wenn diese aufgrund eines Staus nur langsam fahren. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat das jetzt an einem Fall verdeutlicht, bei dem ein Pkw-Fahrer versucht hatte, sich in eine Lücke zu zwängen.
Dabei konnte er nicht vollständig vom Beschleunigungsstreifen auf die rechte Spur wechseln und blieb schräg dazwischen stehen. Beim erneuten Anfahren übersah ihn der nachfolgende Lkw, es kam zum Zusammenstoß. Das OLG hat das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Siegen aufgehoben und die Bußgeldsache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
Dabei stellten die Richter klar, dass auch bei zähfließendem Verkehr und Stop-and-Go der auf die Autobahn Auffahrende dem Verkehr auf der Autobahn Vorfahrt gewähren muss (§ 18 Abs. 3 StVO), er sich also nicht rücksichtslos reindrängeln darf, nur weil die Fahrzeuge langsam fahren oder kurz stoppen. Allerdings müsse ein Mindestmaß an Bewegung herrschen, heißt es in der Gerichtsmitteilung, sonst könne nicht von einer Vor-"Fahrt" gesprochen werden. Erst wenn wirklich Stillstand herrscht, also "mit einer erneuten Fahrbewegung in kürzerer Frist nicht zu rechnen ist", gelte die Vorfahrtsregelung nicht mehr.
In dem konkreten Fall ist darüber hinaus nach Ansicht des OLG auch aufzuklären, ob der Autofahrer gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot verstoßen habe, weil er sich so dicht vor dem Lkw platziert hatte, dass der Fahrer ihn wegen des toten Winkels nicht sehen konnte (Az.: 4 RBs 117/18). (sp-x)