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VW ID.3: Das Finale – das wird easy

07.06.2021 06:00 Uhr | Lesezeit: 3 min
VW ID.3: Das Finale – das wird easy
Die Langstrecke ist auch 2020 bereits mit dem Elektroauto machbar. Ob das gut klappt, hängt jedoch von vielen Faktoren ab, die man selbst wenig beeinflussen kann.
© Foto: Michael Blumenstein/Autoflotte

Die letzten Kilometer unserer Tour gehen nach Landshut und München. Und uns wird klar: Der VW ID.3 ist ein echt gutes Elektroauto – manchmal. Doch zuvor heißt es: heimkommen.

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Wir langweilen uns in Erlangen. Verzeihung: Wir laden in Erlangen. Denn die Strecke von Eisenach-Kindel - wo wir Sven Lindig mit seinen E-Flugzeugen besuchten - nach München beträgt ziemlich genau 450 Kilometer, die meisten auf der Autobahn. Im Winter ist das mit einem E-Auto nicht am Stück machbar - mit keinem.

Doch fangen wir mal wieder vorne an. Fast zumindest. Wir haben es im vierten Teil der ID.3-Deutschlandtour mit dem verbleibenden Strom und Schleichfahrt gerade so bis nach Erlangen geschafft. Mit acht Prozent Restenergie, dafür rasendem Puls, summen wir an die Ladesäule. Schön, dass diese frei ist. Wobei, Mitte Dezember verabreichte die Bayerische Staatsregierung den Einwohnern bereits die Ausgangssperre - vielleicht war diese für uns hilfreich. Andererseits hatten wir auf der Tour kein einziges Mal Ladestau. Den Rufen nach mehr Ladesäulen auf der Langstrecke stimmen wir derzeit (noch) nicht ein. Da sind sich die beiden Insassen des makenatürkisfarbenen ID.3 an dem Abend einig - mal sehen, was die Zeit nach Corona an Frequenz an den Säulen bringt.

Wie beim Pils

20:30 Uhr wir sind voll. Nahezu. Wie beim guten Pils dauert die Krone (also der Schaum) am längsten. Zum Glück ist es beim E-Auto nicht nur Schaum, was so lange dauert, sondern Energie. Dafür benötigt die Krone mehr als sieben Minuten, bis sie korrekt sitzt. Wir verzichten aufs letzte Quäntchen und machen es wie die Briten. Ne, die Iren, da gibt es weder Schaum noch Krone - zumindest beim Bier. 49,6 kWh haben reingepasst, in 45 Minuten und die kosten 23,69 Euro netto.

Nächste Handlung: Zieleingabe nach München-Schwabing. Macht 193 Kilometer und knapp zwei Stunden Fahrt - laut Navi. Wir gucken uns an und lachen. Immerhin, das klappt noch.

Und wieder mal kalkulieren wir mit Erfahrungswerten und Ladeapps, wie wir die letzte Tages-Etappe angehen. Also, mit 100 schleichen und durchkommen; oder doch 130, dafür ziemlich sicher mit einem weiteren 15-Minuten-Stopp? Irgendwie hätte man als E-Auto-Fahrer beste Voraussetzungen, um auch in der Formel 1 Strategieplaner für die Tankstopps zu werden.

Schnell ist (sehr) subjektiv

Wir entscheiden uns für "schnell". Die A9, dreispurig und mit Ausgangssperre um 21 Uhr frei wie am 1. Januar um 5 Uhr, fliegen wir mit atemberaubenden 130 tempomatgeregelten km/h gen Süden. Ab und an überholt uns "etwas". Es müssen Autos sein, wenngleich das vorbeifliegende Lichtband auch Ufos suggerieren könnte. Unsere Gedanken sind schon im warmen Bett. Die Ufo-Fahrer könnten in rund einer Stunde drinliegen - sofern es sich in München befindet. Und wir? Wir stoppen nochmals in Fürholzen - keine 50 Kilometer vorm Ziel. Wahrscheinlich wären wir bis München gekommen. Aber wir haben die Hosen voll (im übertragenen Sinne) und als geübter Laternenparker weiß man, dass ein mit 30 Restkilometern abgestelltes E-Auto am nächsten Morgen auch mal nur noch fünf Kilometer anzeigen kann - bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt. Bei mir ist zwar eine Ladesäule der Stadtwerke München vor der Tür und ich könnte morgens in einen voll geladenen ID.3 steigen, aber ab der vierten Stunde werden Strafgebühren fällig und die summieren sich auf bis zu zwölf Euro, zusätzlich zum Ladepreis. Wir laden in Fürholzen. Der Nebel an den Ladesäulen passt zur Stimmung. Um 23:25 h liege ich im Bett, Kollege Grünig vielleicht ein paar Minuten zuvor.

Ein Mal "Vollgas"

Neuer Tag, neues Glück. Die kurze Fahrt geht nach Landshut. München-Giesing Landshut macht 87 Kilometer einfach. Ich erinnere mich an die letzte Nacht und spiele auch mal Ufo. 160 km/h schafft der ID.3. Über die leere A9 und A92 sollten viele Kilometer mit Topspeed zurückzulegen sein. Wie hoch der Verbrauch des ID.3 bei dem Tempo ist? 38 kWh laut Anzeige. Der Termin in Landshut ist mittags, und zwar bei LA-Umwelt gGmbH. Ali Cengiz, Markus Förster und Geschäftsführer Rudolf Schnur erwarten Autoflotte. Wie es sich gehört, ist eine Ladesäule vor der Tür - in dem Fall sogar eine öffentliche. Das Umweltzentrum befindet sich in einer kleinen Ladenzeile und bereits beim Eintreten merkt man, worum es geht: Öko und Bio wabert einem entgegen - wie schön. Die drei kümmern sich nicht nur um PR und Marketing, sie organisieren in normalen Jahren auch die Landshuter Umweltmesse und treiben weitere Dinge voran, die im Einklang mit Mensch und Natur stehen. Ali Cengiz betreibt eine freie Kfz-Werkstatt und ist E-Mobilist der ersten Stunde. So hat er 2014 einen 1er-BMW auf Elektroantrieb umgerüstet und selbiges bei einem alten Porsche Boxster bereits ein Jahr zuvor getan. Doch auch vor Bussen wird nicht Halt gemacht und eine Umrüstung auf E-Antrieb schenkt auch Landshuter Stadtbussen ein zweites Leben. Bei den Herren dreht es sich aber nicht nur um die E-Mobilität. Sie sind Treiber von Biomethan (CNG) und mischen bei den Themen Brennstoffzelle und Wasserstoff mit. Doch Baubiologe Schnur berät auch Bauwillige, wie sich Schadstoffe in Form von Farben, Feinstaub und Elektrosmog reduzieren und verhindern lassen.

Das Pionier-Finale

Die letzte Etappe der ID.3-Deutschlandtour führt uns spärliche 7,5 Kilometer vom Springer Fachmedien-Büro in Giesing nach Sendling. Das hätten wir mittlerweile auch mit einer Restreichweite von acht Prozent gemacht, wohlwissend, dass Strom am Zielort vorhanden sein müsste. Müsste, hätte, würde, könnte, sollte. Konjunktive, die es in sich haben können. Bei unserer Ankunft gibt es keinen Strom - der fehlt seit einigen Minuten und noch etwas länger im gesamten Areal. Welch Streich am Ende der Tour. Gut, dass wir geladen sind.

Fleetster heißt das Unternehmen nach außen, Next Generation Mobility im Detail. Und beide Namen sind sehr passend gewählt. Tim Ruhoff ist eine Kind der 80er und kennt sowohl die analoge Welt als auch die digitale, in der er sich beruflich aufhält. Mobilität ist sein Thema - beruflich. 2010 besaß er einen der ersten Tesla Roadster und nennt noch heute einen sein Eigen - damals vielgenutzt für Elektro-Rallyes, steht der Meilenstein der modernen E-Mobilität mittlerweile die meiste Zeit. Zum Termin wurde er reanimiert.

Ruhoff hat Fleetster Anfang der 2010er-Jahre gegründet und versuchte bereits damals, E-Autos in Flotten zu integrieren, als es noch kaum brauchbare Fahrzeuge gab. "Leider waren wir damals vermutlich sieben bis neun Jahre zu früh mit der Idee. Doch auch im Jahr 2014 Software fürs Elektro-Carsharing in Unternehmen zu verkaufen, war kein Spaß. Aber wenn man von seiner Vision überzeugt ist, dann geht fast alles!", sagt Ruhoff im Gespräch in der Zielstattstraße, in der sich diverse Start-ups - auch aus der Mobilitätsbranche - tummeln.

Fleetster entwickelte sich so mit der Zeit zum Software-Anbieter. Heute bietet Ruhoff mit seinem Team von 20 Kollegen sowohl für Fuhrparkbetreiber als auch für Mobilitätsanbieter Carsharing und Fuhrparkmanagement sowie elektronische Fahrtenbücher, Fahrzeugvermietung, Travelmanagement und weitere Dienstleistungen an. Wie Ruhoff tickt, merkt man an dem Punkt, wie er Mitarbeiter wertschätzt. "Wir haben tatsächlich seit fast gut sechs Jahren drei Werkswohnungen. Als ich die erste Wohnung angemietet habe, war mir klar, dass das für die damals kleine Firma ein ganz entscheidender Faktor sein würde." Doch wie der CEO unterstreicht, hatte es "der Pitch" um den ersten Mietvertrag in sich und die Bewerbung lautete in etwa so: "Der Mietvertrag soll bitte auf eine Firma laufen. Die ist klein und macht nicht viel Gewinn, aber wir sind eine super Truppe - ehrlich! Die Bewohner kommen übrigens fast ausschließlich aus dem Ausland und sind licht- und kommunikationsscheu (Software-Entwickler) und kleiden sich meist so, dass man sie sehr ungern mit der eigenen Tochter am Wohnzimmertisch sitzen haben möchte. Aber die Jungs sind wirklich nett! Kann ich die Wohnung haben?" Mittlerweile sind es drei Wohnungen und die kommunikationsscheuen IT-ler wurden um sprachgewandte Service- Kolleginnen und -kollegen ergänzt. Doch genau diese Ehrlichkeit und der Spaß an dem, was Ruhoff und seine Truppe tun, begeistert und bringt das, was ihr Name sagt: die Next Generation Mobility. Denn dieser Bereich ist massiv im Wandel.

Die Rückfahrt ins Büro ist easy, es geht dezent bergab und sicherlich hätten die acht Prozent sogar für die Hin- und Rückfahrt gereicht - denn gerade in der Stadt macht der ID.3 aus sehr vielen Gründen Spaß. Ehrlich.

Acht Monate und 12.000 km – Zwischenbilanz des Longrunners

Nach acht Monaten und gut12.000 Kilometern hat unser ID.3 nun zwei Werkstatt-Termine für Software-Updates hinter sich. Over-the-Air? Nicht bei dem Datenumfang. Der Datenaustausch dauerte laut Aussage des Händlers jeweils "bis zu acht Stunden". Beide Male musste der Wagen für zwei Tage in die Werkstatt. Doch unsere grüne Banane reift langsam zum gelben Ei. Denn mit jeder Rückkehr wurde der ID.3 spürbar besser. Oder anders: Er wird langsam so, wie von Anfang an erwartet. Zwar nicht bei der Materialauswahl und Verarbeitung. Auch nicht beim etwas groben Fahrwerk. Aber eben beim Thema Software. Zusatzinfos werden angezeigt und das Infotainmentsystem erwacht schneller am Morgen. Doch noch wichtiger: Die Reichweite ist leicht gestiegen und - jetzt, wo es wärmer ist - sind 330 Kilometer Autobahn möglich. Angeblich könnte sogar das Schnellladen bald länger schnell funktionieren. Denn von den 100 kW Ladeleistung sind wir meist weit entfernt.An die Bedienung haben wir uns gewöhnt, störend ist - gerade beim Poolwagen -, dass nach wie vor keine dauerhafte Kilometeranzeige im kleinen Kombiinstrument vorhanden ist. Dieser Fehler müsste sich durch ein Update doch auch beheben lassen? Schade, dass das Herz der E-Mobile weder Fahrwerk noch Motor sind, sondern die Elektronikkomponenten. Vertrauenserweckend sind diese nicht immer - und zwar nicht nur beim ID.3. Denn die Autoindustrie möchte uns weismachen, dass Megadisplays und noch mehr Funktionen das Nonplusultra sind. Nein, sie sind es nicht. Wir freuen uns über konstant kurze Ladezeiten. Wir freuen uns über einfache Menüführungen und Kurzwahltasten (echte Tasten), die verkehrssicher bedient werden können und man nicht sekundenlang in den Menüs wühlt. 2.300 km durch Deutschland an vier Tagen und weitere 10.000 in acht Monaten haben gezeigt, dass auch lange Strecken mit einem E-Auto möglich sind, sofern man plant oder seine Strecken kennt. Unsere Deutschlandtour hat aber auch gezeigt, dass E-Autos in aktueller Ausprägung noch lange nicht das Richtige für alle sind. Hätten wir bei den diversen Besuchen nicht (kostenfrei) zwischenladen können, wäre unsere Reise nicht nur deutlich teurer geworden, sie hätte auch noch mal länger gedauert. So ist der Schlüssel zum "E-rfolg" nach wie vor die Ladeinfrastruktur. Nicht nur die öffentliche, sondern gerade auch die in Unternehmen - und zuhause schadet sie auch nicht.

400 km bei Richtgeschwindigkeit – der Wunsch ans E-Auto

Unser Wunsch ist deshalb ziemlich klar formuliert: Ein E-Auto muss bei 130 km/h 400 km Strecke schaffen und (bei gemäßigten Außentemperaturen) nicht mehr als 20 kWh pro 100 km benötigen. Denn letztendlich gelingt der Durchbruch - und da sind wir doch mal ehrlich - meist nur über den Preis. Das sieht man aktuell daran, wie das Thema "E" anzieht, weil Subventionen fließen. Und wenn man mit einem Diesel fünf Liter bei Tempo 130 benötigt, bedeutet das derzeit eben rund sieben Euro Kraftstoffkosten auf den 100 Kilometern. Beim E-Auto werden beim Schnellladen (bis auf Abomodelle mit Grundgebühr) selbst mit den 20 kWh/100 km noch zehn Euro fällig. Klar, einen Teil der Kosten holt man über geringere Inspektionsumfänge wieder rein, doch die Ladezeit in keinster Weise. Das Bezahlen muss zusätzlich mit EC- und Kreditkarte (via RFID/NFC) sowie Paypal und Co. möglich sein - Plug&Charge zusätzlich wäre ein Traum. Und last but not least muss das Netz dichter werden. Denn derzeit ist an Autobahn-Ladesäulen noch tote Hose. Aber innerstädtisch, wo Frankfurt als Negativbeispiel herhalten muss, ist überall Nachholbedarf.Werden diese Bedingungen nicht erfüllt, bleibt E-Mobilität auf der Langstrecke auch in den kommenden Jahren etwas für Individualisten mit großem Zeitkontingent. Wenn zum Beispiel ein Vertriebler zwei Kundenbesuche pro Tag durch Laden und langsames Fahren verliert, wird er sich kaum fürs E-Auto begeistern. Und das wäre eigentlich schade. Denn E-Autofahren ist eigentlich das entspanntere Autofahren - auch mit dem ID.3.

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