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Meinung: Elektromobilität - Zahlen folgen Stimmungen

11.07.2023 09:54 Uhr | Lesezeit: 3 min
Die E-Mobilität kommt voran, das Tempo ist in Europa aber unterschiedlich
Die E-Mobilität kommt voran, das Tempo ist in Europa aber unterschiedlich

Zwei umfangreiche Studien (Shell Recharge und Arval) messen den Puls unter E-Mobilisten und jenen, die es werden wollen. Der Grundschlag ist pro elektrisch, wenngleich ihm nur schwer nachzufühlen ist.

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Das Auto ist ein Gebrauchsgut. Es ist teuer und lässt sich (noch) individualisieren. Deshalb hilft es beim Verkauf, den Wagen zu emotionalisieren. Schon wird aus dem Gebrauchs- ein Kulturgut. Der prägende Kern dieser Kultur kreiste in der dieselnden Otto-Welt durch Westeuropa. Mittlerweile spricht der automotive Weltgeist aber Mandarin als Hauptsprache und damit entfremdet sich dieses Gut von seinem bisherigen Ankerhafen. Für eine Übergangszeit, in der wir momentan leben und Autos kaufen, werden beide Welten noch bedient. Aber am Ende wird es wie beim Online-Banking sein und der Sog weg vom Bekannten (Bankgeschäft am Schalter) hin zum Neuen (Online-Plattform) gehen. Ungefragt. Das muss nicht zulasten der hiesigen Autofahrer passieren, aber da ihre Anpassungsfähigkeiten am stärksten herausgefordert werden (neue Auto-Marken, neuer Auto-Antrieb, neuer Auto-Vertrieb etc.), werden auch deren Beharrungskräfte am stärksten bleiben. 

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Interessanterweise – und wir biegen zum eigentlichen Kern dieses Textes ab – ist die Stimmungslage positiv. Sofern man in aktuelle Studien blickt, die bisweilen recht detailliert mit der europäischen beziehungsweise globalen Brille diesem Wandel nachfühlen. Studien aus der Auto-Welt gibt es schon seit jenen Zeiten, als man das Auspuffrohr vor lauter Rußwolken nur erahnen konnte. Also schon ziemlich lang. Die Parameter hießen vor allem BIP (Wirtschaftskraft) und in den 1990er-Jahren kam die jeweils aktuelle oder anstehende Euro-Norm dazu, denn sie bestimmte, was Stand der Technik war. 

Aktuell, und das ist die Herausforderung aller Studien-Herausgeber, die den Wandel in der Automobilwirtschaft erfassen möchten, sind die Parameter, welche speziell die Elektromobilität beschreiben, nicht nur vielfältig, sondern auch länderspezifisch ausgeprägt. Sprich: E-Autos erfahren immer noch recht unterschiedliche steuerliche Förderung und die Kaufprämien variieren stark in den Ländern. Die Ladeinfrastruktur gleicht aus europäischer Sicht eher einer Karte aus dem Mittelalter mit kleinstaatlichen Strukturen und die Energiepreise – als zentrales Steuerelement für den Betrieb der Stromer – lesen sich so bunt, wie Europa selbst ist. Kurzum: Aus dieser Gemengelage größere Rückschlüsse zu ziehen, die verallgemeinert werden können, ist nur schwer möglich.


BMW 5er / i5 Limousine (2024)

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E-Auto-Fahrer aus sechs Ländern

Dennoch lohnt der Blick auf diese aufwendigen Studien, denn der Pulsschlag der E-Auto-Fahrer schlägt trotz der unterschiedlichen Lebenswelten bisweilen recht gleichförmig. So hat Shell in seiner aktuellen Befragung (EV-Driver Report 2023) das Stimmungsbild von nach eigenen Angaben 25.000 E-Auto-Nutzern aus Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Belgien und Italien zusammengefasst. Auch Deutschland zählte zum Kreis der Datenerhebungs-Länder und war mit fast 8.000 Stimmen vertreten. 

Wie breit gefächert hier das Spektrum der E-Auto-Fahrer ist, zeigt der Fakt, dass nur jeder zweite Besitzer eines elektrischen Dienstwagens vom Arbeitgeber eine Ladekarte erhält. In Deutschland ist so was eher ungewöhnlich, da die zentrale Frage für den Erfolg der Elektrifizierung der Flotten vom bequemen und planbaren Laden abhängt. So besitzen laut der Studie hierzulande immerhin 59 Prozent der E-Dienstwagen-Fahrer eine Ladekarte vom Chef – in den Niederlanden und in Belgien sind es sogar 65 Prozent, laut den Studienzahlen. 

Eigene PV-Anlage in Holland normal

Weitere Erkenntnisse: 45 Prozent der Dienstwagenfahrer können am Arbeitsplatz laden – und zwar kostenfrei. Dieser Durchschnittswert wird hierzulande wohl im Moment noch unterschritten. Denn die Treiber der Ladeinfrastruktur sitzen wieder in Benelux. Das wird überdeutlich beim Punkt der eigenen Solaranlage. In den Niederlanden und Belgien gaben 71 respektive 67 Prozent der E-Fahrer an, ihren eigenen Solarstrom herstellen zu können. Der deutsche Wert liegt immerhin bei 42 Prozent. 

Im EV-Report von Shell gaben wiederum 44 Prozent an, keine eigene Wallbox zu besitzen, also öffentlich oder beim Arbeitgeber zu laden. Auf der anderen Seite haben 47 Prozent der E-Auto-Besitzer nicht das Gefühl, jeden Tag laden zu müssen – im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 21 Prozent. Gefühlt geht es damit in die richtige elektrische Richtung.


Dataforce-Umfrage: E-Mobilität im Fuhrpark (2022)

Dataforce-Umfrage: E-Mobilität im Fuhrpark (2022) Bildergalerie

Arvals globaler Flotten-Kompass

Fakten und Gefühle vermittelt auch eine zweite große Befragung, die sich zum Teil mit der Elektrifizierung der Fuhrparks beschäftigt hat. Das Arval Mobility Observatory 2023 richtete in der neuerlichen Auflage seinen Blick sogar nach Nordamerika sowie nach Australien und Ozeanien (Neuseeland). In der deutschen Stichprobe wurden 160 Ansprechpartner aus Firmen mit maximal 100 Mitarbeitern befragt und 140 aus dem Mittelstand oder aus Großunternehmen jeweils ab 100 Mitarbeiter

Die Elektrifizierung – hier wurden Hybride, Plug-in-Hybride und Stromer als Möglichkeiten vorgegeben – passiert aktuell bei 70 Prozent der Befragten, die mindestens eine der Diesel-Otto-Alternativen im Fuhrpark haben. Bei unseren südlichen Nachbarn in Österreich und der Schweiz ist dies noch verhaltener der Fall (62 beziehungsweise 59 Prozent). Wohingegen die Franzosen mit 77 Prozent uns hier etwas voraus zu sein scheinen. 

24 Prozent E-Dienstwagen als Ziel

In den kommenden drei Jahren wollen die befragten Unternehmen in Deutschland ihre Flotten zu einem Viertel (24 Prozent) mit vollelektrischen Modellen bestückt haben. Bei durchschnittlichen drei Jahren Leasingdauer müssten demnach die Neufahrzeuge fast alle mit Stecker versehen sein, zumal 20 Prozent des Fuhrpark-Mix dann aus Plug-in-Hybriden bestehen soll. Was allerdings voraussetzt, dass die Autoindustrie den Doppelherzen nicht zu früh den Stecker zieht.  


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Viele Kritikpunkte verlieren an Kraft

Die Planung und die Stimmung in den Flotten scheinen also durchaus „pro elektrisch“ zu sein, was auch anhand der Einschätzung der Gegenargumente abzulesen ist. Klagten vor Jahresfrist noch 44 Prozent der deutschen Interviewpartner, dass es zu wenige öffentliche Ladepunkte gäbe, waren es in diesem Jahr noch 31 Prozent. Auch das Argument des höheren Anschaffungspreises im Vergleich zum konventionellen Auto verliert an Zugkraft (von 42 auf 30 Prozent). 

Dass die Firmen wiederum ihre Hausaufgaben machen, verdeutlicht der Rückgang von 40 auf 28 Prozent zur Frage des Hemmschuhs, dass es keine Ladepunkte an den eigenen Firmen-Standorten gäbe. Es gibt sie also, und das vermehrt. Ebenso verlor der Kritikpunkt, dass die Mitarbeiter keine Lademöglichkeiten zu Hause hätten, an Zustimmung (von 38 auf 25 Prozent). Das sind alles positive Effekte, die eine Stimmung wiedergeben, welche sich in den Flottenbestellungen in Teilen längst ablesen lässt, denn hier geben die Dienstwagenfahrer bereits den E-Takt vor.

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