Das Jahr 2020 brachte viele ins Schlingern. Auch und gerade die Reifenbranche hatte es vor einem Jahr schwierig. Denn da begann die Corona-Zeitrechnung und viele wussten nicht, was geht und was nicht geht. Der Reifenwechsel wurde aus verschiedensten Gründen daher oft hinausgezögert - gewollt und ungewollt.
Dabei sind gerade die schwarzen Rundlinge das wichtigste Bauteil am Automobil und die saisongerechte Montage wichtig. Denn auf einer Aufstandsfläche von der Größe einer Handfläche (x4) müssen die Gummis Schwerstarbeit leisten. Jeden Tag, bei jedem Wetter, bei jeder Fahrweise. Gute Reifen sind daher eine Investition ins Leben. Klingt dramatisch? Ist es auch. Denn nicht nur der Zustand der Reifen, also zum Beispiel Luftdruck, Profiltiefe und ungehobelte Bordsteinkontakte entscheiden über das Leben - der Reifen und der Insassen. Zudem ist die Qualität der Reifen entscheidend. Dass die Unterschiede teils gravierend sein können, beweist jedes Jahr aufs Neue der ADAC-Reifentest.
205/55 R16 und 225/50 R17
Die Testprofis aus Landsberg am Lech kauften für den Sommerreifentest 2021 pro Reifen 28 Exemplare im Handel. Das gewährleistet Unabhängigkeit und bedeutet, dass man Reifen testet, die die Verbraucher bekommen. Getestet wurden die gerade für Flotten relevanten Größen 205/55 R16 sowie 225/50 R17, die auf nahezu die gesamte Kompakt- und Mittelklasse passen können. VW Golf und Passat, BMW 3er, Ford Focus, Audi A3 und A4, Mercedes C-Klasse, Opel Astra, Seat Leon und Skoda Octavia sind nur einige der gängigsten Modelle. Wichtig zu wissen: Nur weil die getesteten Reifen in diesem Vergleich besonders gut oder schlecht abgeschnitten haben, bedeutet es nicht, dass dieses Ergebnis auf andere Formate desselben Typs übertragen werden können.
Gerade Winterreifen mit den deutlich höheren Profilblöcken ereilt bei frühlingshaften Temperaturen, wie wir sie jetzt teils schon haben, und dynamischer Fahrweise die "Profilschmelze". Das bedeutet nicht nur, dass die Reifen früher ersetzt werden müssen, die entstehenden Feinstaubpartikel tragen zudem nicht unerheblich zur Emissionsbelastung in Innenstädten bei, obwohl das E-Auto vor Ort keine Abgase mehr erzeugt. Daher ist es ratsam, zeitnah auf die Sommerpneus umzusteigen.
Gerade die schweren und besonders kraftvollen Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride stellen also spezielle Anforderungen an Reifen, denn das Gewicht dieser Fahrzeuge liegt oft 300 Kilogramm und mehr über dem Gewicht der Verbrenner. Das hohe Drehmoment, das ab der ersten Radumdrehung ansteht, sorgt für erhöhte Reifenabnutzung. Aufgrund der steigenden Gewichte der Fahrzeuge - die mit zunehmender Batteriegröße vorerst noch schwerer werden, hat Continental nun den ersten Reifen im Programm, der dem hohen Gewicht der E-Autos Rechnung tragen soll. "HL" lautet die Zusatzkennung der neuen Contireifen. Stefan Habicht, Projektleiter des neuen Reifens, erläutert es folgendermaßen:"In der Konstruktion haben wir den Wulst verstärkt und dem Reifen eine verbesserte Kontur gegeben, die das Abrollgeräusch reduziert. Auch die Laufstreifenmischung haben wir optimiert. So konnten wir niedrigen Rollwiderstand erreichen, präzises Handling sichern und die Laufleistung auf dem gewohnt hohen Niveau halten." Für die hier aufgeführten Reifendimensionen und genannten Fahrzeuge ist das nicht nötig, aber gut zu sehen, dass sich in der Entwicklung was tut.
Hersteller wollen grün werden
Denn auch den meisten Reifenkäufern - laut einer You-Gov-Umfrage 82,7 Prozent - ist bewusst, dass "die richtigen Reifen in Hinblick auf den Kraftstoffverbrauch oder die Langlebigkeit des Reifens einen Unterschied machen können". Reifenhersteller suchen aber bereits seit Jahren nach Möglichkeiten, die Pneus grüner zu machen.
Michelin hat gerade angekündigt, bis 2050 Reifen vollständig aus recycelten und biologisch abbaubaren Materialien herstellen zu wollen. Der finnische Reifenhersteller Nokian gab kürzlich bekannt, im Jahr 2025 zumindest einen "Konzeptreifen zu entwickeln, der ausschließlich aus erneuerbaren und recycelten Materialien besteht". Auch andere Hersteller tendieren in diese Richtung. Bridgestone, die ebenso wie Nokian gerade ihren 90. Geburtstag feierten, möchte bis 2050 klimaneutral agieren. Laut Michelin tauschen 45 Prozent der Autofahrer die Winter- gegen die Sommerpneus jetzt - im April. Die richtige Zeit also, um sich Gedanken über eventuelle Neuanschaffungen zu machen. Der ADAC-Sommerreifen-Test ist dafür immer ein Indikator.
Gleich vorweg. Auch beim Reifentest 2021 gab es keine Komplettkatastrophen bei den "neuen" Reifen, was aber nicht heißt, dass die Unterschiede nicht markant und relevant sind. Besonderer Fokus lag beim 16-Zoll-Format auf dem Verschleiß, gerade bei Vielfahrern ein Kostentreiber. In Gänze der 15 getesteten Modelle lag der Continental Premium Contact6 mit dem Semperit Speed Life 3 (beide Note 2,2) ganz vorne. Dicht gefolgt vom Bridgestone Turanza T005 (Note 2,3). Alle drei erhielten die Beurteilung "Gut" - und sind damit besonders empfehlenswert. Der Conti ist vor allem auf nasser Fahrbahn ein Ass und erzielt dabei mit Abstand die besten Noten. In unseren Breiten ein wichtiger Aspekt. Dass auch Conti nicht zaubern kann, sieht man an dem Fakt, dass der Pneu im Umkehrschluss nicht besonders kraftstoffschonend sei. Der Semperit, ebenfalls aus dem Hause Conti, weist einen deutlich niedrigeren Rollwiderstand auf und ist bei den anderen Disziplinen nur kurz hinter seinem großen Bruder. Platz 3 geht an den Bridgestone, der laut ADAC sehr ausgewogene Eigenschaften bietet. Ankreiden können ihm die Tester lautere Abrollgeräusche.
55.000 km sind möglich
Wie skizziert, lag bei den 16-Zöllern der Verschleiß im Fokus. Und das Ergebnis zeigt, dass es gerade dort deutliche Unterschiede gibt. Der Goodyear EfficientGrip Performance 2 (Platz 4) beweist, dass ein guter Reifen durchaus 55.300 Kilometer gefahren werden kann, was ihn zum Kilometerkönig macht - mit Abstand. Am anderen Ende der Skala befindet sich der Nokian Wetproof. 24.800 Kilometer, also weniger als die Hälfte des Goodyear, schafft der Finne. Aus ökonomischen, aber vor allem ökologischen Gesichtspunkten, was sich die Skandinavier auf die Fahnen geschrieben haben, ist das klar am Ziel vorbei. Beim Bremsen auf Trockenheit ist der Nokian dafür top wie auch der Hankook und der Maxxis Premitra 5. Schlusslicht ist der King Meiler Sport 01 - ein Runderneuerter, der abermals zeigt, dass runderneuerte Reifen am Pkw nichts zu suchen haben - Ökoaspekt hin oder her.
Bei den 17-Zöllern hat der ADAC 17 Reifen-Modelle getestet. Vier Pneus erhalten von den Testern das Prädikat "Gut", Testsieger wird der Falken Azenis FK510 vor dem Continental Premium Contact6, dem Kumho Ecsta PS71 und dem Bridgestone Turanza T005. Schnitzer erlauben sich der Falken, der Continental sowie der Kumho und der Bridgestone nur beim Außengeräusch. Alle rollen recht laut ab, was sich innen jedoch lediglich beim Kumho und Bridgestone widerspiegelt. Befriedigende Ergebnisse lieferten alle anderen Reifen, bis auf den Firestone Roadhawk, der bei Nässe sogar eine Abwertung erhielt, aber auch auf trockener Fahrbahn nicht zu überzeugen weiß.
- Ausgabe 04/2021 Seite 58 (268.8 KB, PDF)