Dieselskandal, Fahrverbote, WLTP – die Autowelt ist gefühlt in Dauererregung. Dass es in der Flottenpraxis oft anders aussieht, zeigte der Autoflotte Roundtable am 7. Juni in München. Fuhrparkleiter, Leasinggeber, Hersteller und der Bundesverband Fuhrparkmanagement kamen an einem Tisch zusammen und hatten am Ende ein gemeinsames Ziel: "Die Versachlichung der Diskussion", wie es Knut Krösche, Mitglied der Geschäftsführung der Volkswagen Leasing, formulierte.
Fakten statt Gefühle: Das heißt aktuell auch, dass der realitätsnähere Messzyklus WLTP bisweilen zu Lieferengpässen bei Dieseln führt und bei den Benziner-Neufahrzeugen, die ab dem 1. September 2018 aufgrund der dann geltenden Euro-6c-Norm einen Partikelfilter benötigen, die Normverbräuche wohl leicht steigen könnten. "Ob ich nun Diesel oder Benziner fahren soll, ist dem Dienstwagenfahrer oft egal. Denn er verdient das Geld beim Kunden und nicht bei internen Diskussionen", plädierte Jörg Martini, Fuhrparkleiter bei Final aus Bielefeld, für Pragmatismus. Ins gleiche Horn stieß Martin Kaus, Fuhrparkleiter bei Efaflex Tor- und Sicherheitssysteme aus Bruckberg: "Trotz unseres Bonus-Malus-Systems, das auf die CO2-Werte abgestimmt ist, ist es vielen Fahrern egal, was ihr Fahrzeug verbraucht."
Geht hier also eine Tür für die E-Mobilität auf? Eher nicht. Schließlich wird ein Dienstwagen unter TCO-Gesichtspunkten betrieben und selten als grünes Prestigeobjekt. So testet beispielsweise BSH Bosch und Siemens Hausgeräte jeden Flottenneuling selbst vorab und nutzt die eigenen Verbrauchswerte für die Vollkostenrechnung, wie die Fuhrparkverantwortlichen Marcel Lenz und Andreas Grüneisl berichteten.
Problem Ladeinfrastruktur
So springt der Funke von batterieelektrischen Antrieben allerdings nur langsam auf die Fuhrparks über. Darüber, dass die reichweitenstärkeren Serienfahrzeuge in den nächsten zwei Jahren kommen werden, herrschte Konsens in der Runde. "Aber was passiert mit der Ladeinfrastruktur? Sobald ich das Firmengelände mit den eigenen Ladesäulen verlasse, stehe ich zum Großteil plötzlich ohne Ladesysteme da", klagte Roland Meyer, Vorsitzender der Geschäftsleitung, Leaseplan Deutschland.
Plötzlich schwang wieder das oft zitierte Henne-Ei-Problem bei der Elektromobilität im Raum mit, bei dem Andre Janssen-Timmen, Leiter Vertrieb an Flotten- und Gewerbekunden Deutschland bei BMW, auch die Politik gefordert sieht. "Wo ist das Ziel und welche Parameter lassen sich davon ableiten?", fragte sich nicht nur der BMW-Flottenchef und forderte eine führende Rolle des Staates, wenn es um den Ausbau der Lademöglichkeiten geht.
Diese Verunsicherung spürt auch Axel Schäfer. "Unsere Mitglieder fragen uns zurzeit oft, wo sie konkret investieren sollen? In neue Diesel oder in E-Modelle und Ladeinfrastruktur?", berichtet der Geschäftsführer des Bundesverbands Fuhrparkmanagement. "Der Wunsch der Flotten nach Informationen wird ständig größer. Dennoch fange ich bei jedem Beratungsgespräch im Grunde wieder bei null an", berichtet derweil Michael Peukert, Leiter B2B Vertrieb DACH E-Mobility bei Innogy, über die Gespräche mit den Fuhrparkbetreibern. Ergo ist vielerorts das Interesse stärker ausgeprägt als das eigentliche Wissen.
Einen Schritt ins Unwägbare stellen auch die Prognosen der Restwerte dar. Und diese zeigen seit Monaten, dass die gebrauchten Selbstzünder unter Druck stehen. "Diese Situation wird sich wohl noch bis 2019 fortsetzen", befürchtet Andreas Geilenbruegge, Manager Analysis & Insights bei Schwacke. So waren am Ende des Roundtables zwar nicht alle Sorgenfalten verschwunden, aber der offene Dialog führte zum eigentlichen Ziel: Zur Versachlichung der Diskussion. (rs)