_ Herr Hägele, Sie sind seit 15. September Direktor Verkauf Groß- und Gewerbekunden bei Opel. Sie starteten in einem Jahr, in dem die Opel-Neuzulassungen im relevanten Flottenmarkt gegen den Markttrend um 0,5 Prozent zurückgingen. Was sind aus Ihrer Sicht als neuer Opel-Flottenchef die Gründe dafür?
Frank Hägele: Wir bei Opel können mit der Entwicklung im Flottenbereich in 2015 und den Jahren davor nicht zufrieden sein. Wir haben nicht das erreicht, was wir hätten erreichen müssen und was uns der Markt ermöglicht hätte. Aber wir sind unter Wert geschlagen worden. Von September bis November hatten wir acht Groß- und Gewerbekundenveranstaltungen. Bestandteil waren immer ausgiebige Testfahrten, im Mittelpunkt stand der neue Astra Fünftürer. Wenn unsere Kunden und Interessenten die Autos gefahren sind oder auch Technologien wie Onstar kennengelernt haben, sagen die genau das: Ihr schlagt Euch unter Wert. Deshalb beurteile ich das Jahr 2015 zwar als nicht zufriedenstellend, aber auch nicht als schlecht. Nicht zuletzt mit diesen Kundenfeedbacks blicken wir sehr positiv nach vorne.
_ Hat also die "Umparken-im-Kopf"-Kampagne dann doch nicht den erhofften Erfolg
gebracht, wenn man die Zahl der Verkäufe als Messlatte heranzieht?
F. Hägele: Doch. Wir sehen, dass sich Großkunden verstärkt mit Opel beschäftigen. Ein Frühindikator dafür ist, dass wir die Anzahl neuer Lieferabkommen von 2014 zu 2015 verdoppeln konnten. Aber natürlich zeigt sich das nicht sofort in den Verkaufszahlen. Wir alle wissen, dass es nur ganz wenige Konstellationen gibt, in denen Unternehmen von heute auf morgen ihren kompletten Fuhrpark umstellen.
_ Das heißt, 2016 soll es dann wieder bergauf gehen?
F. Hägele: Ja. Für 2016 erwarten wir ein signifikantes Wachstum.
_ Das bedeutet in Zahlen?
F. Hägele: Konkrete Zahlen möchten wir nicht nennen. Aber es soll ein deutliches Wachstum werden.
_ Was haben Sie genau vor, um im Flottenmarkt aufzuholen?
F. Hägele: Zunächst ist es wichtig, dass die Basis stimmt. Erstens haben wir ein sehr motiviertes Team, hier in der Zentrale in Rüsselsheim, aber auch im Außendienst und sehr motivierte Händlerpartner, die sich sehr viel intensiver mit dem Flottengeschäft auseinandersetzen. Und alle sind bereit, die Dinge zu verändern, die es zu verändern gilt. Zweitens hat sich das Image der Marke Opel sehr gut entwickelt, auch bei großen Gewerbekunden. Und drittens sind wir jetzt produktseitig sehr gut aufgestellt. Um Ihre Frage zu beantworten: Das ist die Grundlage für die klassische Vertriebsarbeit, die uns weiter voranbringen wird.
_ Woran denken Sie bei notwendigen Veränderungen genau?
F. Hägele: Gegenüber dem Privatkundenbereich war der Groß- und Gewerbekundenbereich bei Opel in der Vergangenheit in der Wahrnehmung etwas zurückgesetzt. Wir müssen das Thema also intern wie extern viel offener spielen. Wir müssen mehr investieren, richten auch unsere Verkaufsprogramme stärker auf die Bedürfnisse von Groß- und Gewerbekunden aus oder beteiligen uns auch sehr intensiv in den Abstimmungsmeetings zu neuen Produkten. Kurz gesagt: Flotte muss in Zukunft präsenter sein.
_ Eine wichtige Rolle dabei spielt ja sicherlich auch der Handel. Gibt es Maßnahmen, durch die die Opel-Händler Groß- und Gewerbekunden in Zukunft besser ansprechen können?
F. Hägele: Aus meiner Sicht hat Opel mit den 140 Flottenzentren, die schon seit Jahren im Einsatz sind, eine sehr gesunde Struktur. Da sind wir gut aufgestellt. Aber wir wollen das Groß- und Gewerbekundengeschäft auch im Handel präsenter machen. Maßnahmen sind zum Beispiel unsere derzeitige Recruiting-Offensive für Groß- und Gewerbekundenverkäufer, die verstärkte Präsenz der Dienstleistungen der Opel Bank am Point of Sale und der Start unserer Nutzfahrzeug- Profipartner zu Jahresbeginn, die für den Nutzfahrzeugverkauf und -service spezifische Standards umsetzen.
_ Was sind das für Standards und welchen Nutzen haben die Kunden davon?
F. Hägele: Es geht hier vor allem um die Sichtbarkeit von Nutzfahrzeugen im Handel, konkret zum Beispiel um einen Mindestvorrat an Transportern oder je nach Händlergröße das Angebot von Sonderlösungen. Ein anderes Beispiel sind die speziell qualifizierten Mitarbeiter, die die Kunden professionell und bedarfsgerecht beraten.
_ Egal ob Pkw oder Transporter: Ansprechpartner für den Gewerbekunden wird auch in Zukunft der Opel-Händler sein?
F. Hägele: Da ist unsere Aussage klar: Das Groß- und Gewerbekundengeschäft macht der Händler - unterstützt und begleitet durch unseren Außendienst. Mit zunehmender Flottengröße ist der Impuls des Herstellers intensiver und im Bereich der Akquisitionen unterstützen wir sehr nachhaltig.
_ Was können die Groß- und Gewerbekunden in Zukunft von der Opel Bank erwarten?
F. Hägele: Mittelfristig werden wir gemeinsam das Leasingportfolio der Opel Bank weiterentwickeln. Schon im Laufe des ersten Quartals 2016 möchte die Opel Bank auch Angebote für das kommunale Behördenleasinggeschäft abgeben können. Das hat sie bisher nicht abgebildet. Wir fahren heute eine Zwei-Partner-Strategie: Die gewerblichen Full-Service-Geschäfte und die Großkunden- sowie Behördengeschäfte bilden wir sehr erfolgreich mit der BDK/ALD Lease Finanz ab. Langfristig wollen wir auch das normale Großkundengeschäft mit den kompletten Leistungen über die Opel Bank bedienen.
_ Kommen wir zur Opel-Modellpalette. Wie schlägt sich der neue Astra im Gewerbekundenmarkt?
F. Hägele: Die Groß- und Gewerbekunden reagieren extrem positiv auf das Auto. Aktuell sind wir zwar ausschließlich mit dem Fünftürer unterwegs, aber der bietet ein großes Potenzial für uns. Definitiv: Das Astra-Volumenmodell wird ab April der Kombi, der Sports Tourer, bleiben. Mit ihm erreichen wir heute und in Zukunft eine große Stückzahl. Aber mit dem Fünftürer sind wir sehr stark in der Akquisition. Mit ihm konnten wir bereits im vierten Quartal 2015 eine ordentliche Zahl komplett neuer Lieferabkommen abschließen. Unser Ziel ist vor diesem Hintergrund aber auch, den Astra Fünftürer an Kunden mit bestehendem Lieferabkommen zu verkaufen. Auch und vor allem dann, wenn diese Kunden in diesem Segment bislang vielleicht noch nicht auf Opel setzen.
_ Welche weiteren Varianten oder Motoren planen Sie für den Astra?
F. Hägele: Grundsätzlich ist die Astra-Motorenpalette komplett. Neu ist aber sicherlich der 160-PS-Biturbo-Diesel, der gerade für Vielfahrer interessant ist. Der verbraucht genauso viel wie sein 136-PS-Pendant und ist nur 546 Euro teurer als dieser.
_ Werden Sie den großen Diesel auch mit einem Automatikgetriebe anbieten?
F. Hägele: Das ist erst einmal nicht geplant. Diesel und Automatik gibt es im Astra in der 136-PS-Version.
_ Wie entwickeln sich Ihre anderen Modelle in der Flotte? Beispielsweise der ###Karl bei Pflege- oder Sozialdiensten?
F. Hägele: Da haben Sie genau die Zielgruppen des Karl im Flottenmarkt genannt. Und dort funktioniert der Karl auch gut. Insgesamt liegt unsere Hauptausrichtung in diesem Jahr auf dem Astra. Aber natürlich spielen auch Corsa, Insignia und der Zafira Tourer weiter eine wichtige Rolle.
_ Und wie geht es nach dem Auslauf des Antara bei den größeren SUVs weiter?
F. Hägele: Da ist bislang nichts spruchreif. Aber mit unserem Kompakt-SUV Mokka sind wir ja mehr als gut unterwegs, insgesamt gab es bislang 500.000 Bestellungen.
_ Da ist ja im Herbst ein umfangreiches Facelift geplant, genauso wie für den Zafira Tourer, richtig?
F. Hägele: Aktuell sind wir mit dem Fahrzeug in bekannter Form gut positioniert, zu dem, was kommen soll, dürfen Sie natürlich gerne spekulieren.
_ Ihre Schwestermarke Chevrolet hat in Detroit das Elektroauto Bolt vorgestellt. Wäre das mit dem Opel-Blitz ein Nachfolger für den Ampera?
F. Hägele: Das Thema Elektromobilität wird bei uns weiterhin definitiv einen hohen Stellenwert haben. In welcher Form, wird man sehen.
_ Wie zufrieden sind Sie mit dem Nutzfahrzeuggeschäft? Was gibt es da 2016 Neues?
F. Hägele: Insgesamt ist das Nutzfahrzeuggeschäft letztes Jahr für Opel sehr gut gelaufen. Also nicht nur, was die Steigerung der Verkaufszahlen betrifft, sondern auch mit Blick auf den Marktanteil: Wir haben 0,2 Prozentpunkte dazugewonnen. Und wir waren mit allen drei Modellreihen gut unterwegs, besonders aber mit dem Vivaro, den wir im letzten Jahr neu aufgelegt haben. Hauptaugenmerk für 2016 ist aktuell die Umstellung auf die Euro-6-Motoren.
_ In Zukunft setzt Opel sehr stark auf seinen Telematikdienst Onstar. Wird es da weiter flottenrelevante Services geben?
F. Hägele: Wie bereits angesprochen, haben wir auf unseren Flottenveranstaltungen Opel Onstar präsentiert und unsere Kunden haben die Technologie im Live-Betrieb ausführlich getestet. Das Feedback darauf war sehr gut. Die Funktionalität, die speziell mit dem Callcenter hinter Opel Onstar steht, unterstützt ja auch oder gerade Vielfahrer. Für viele Dienstleistungen, die man über Opel Onstar abwickeln kann, braucht man sonst ein Reisebüro. Denken Sie nur an die Suche nach einem Hotelzimmer von unterwegs aus. Die Adresse bekomme ich von Opel Onstar direkt ins Navigationssystem gesendet. Ob bei Opel Onstar weitere Services hinzukommen, können und müssen wir sicherlich diskutieren. Derzeit befinden wir uns aber noch in der Phase der Markteinführung.
_ Wie sind Sie auf die Datenschutzproblematik bei Onstar eingegangen?
F. Hägele: Die Datenschutzregeln haben wir verständlicherweise komplett eingehalten - anders funktioniert das bei Opel auch nicht. Die Intensität dieser Thematik ist ein sehr deutsches Thema. Und da spielt unsere Privacy-Taste eine wichtige Rolle: Mit der können Sie sich völlig abschotten und jegliche Ortung von Dritten abschalten. Nur wenn der Airbag oder die Gurtstraffer auslösen, schaltet sich die Ortungsfunktion wieder ein und sendet den Standort automatisch an die Opel-Onstar-Notrufzentrale. Auch im Falle eines Diebstahls wird die Privacy-Taste nur "überstimmt", wenn ein polizeiliches Aktenzeichen vorliegt, das eine Anzeige bestätigt.
_ Herr Hägele, herzlichen Dank für das Gespräch.
Interview: Christian Frederik Merten
- Ausgabe 02/2016 Seite 38 (158.6 KB, PDF)