_ Wie viel Auto braucht ein Außendienstler? Es ist schwer, diese Frage mit konkreten Zahlen in Kubikzentimetern (Hubraum) und Litern (Kofferraum) zu bemessen. Flottenleiter müssen dies dennoch versuchen, da dieses Zahlenwerk die Car Policy und damit die Ordermöglichkeiten ihrer Dienstwagenfahrer bestimmen. Einen markentypischen Mix aus Größe und Zurückhaltung will auch der neue Octavia Combi den drei Flotten präsentieren, die den großen Tschechen mit dem 2,0-Liter-TDI (150 PS), Sechs-Gang-DSG respektive Handschalter samt L&K-Niveau zwei Wochen lang testen konnten.
Die Flottenleiter Patrick Lamwersiek (Konica Minolta Business Solutions aus Langenhagen), Stefan Stacke (Pharmatechnik aus Starnberg) und Richard Op de Hipt (Stanley Black & Decker Deutschland aus Idstein) haben recht unterschiedliche Eindrücke gewonnen. Das Positive überwog so sehr, dass in zwei Flotten Skoda in der Car Policy nun ein höheres Gewicht erfahren soll, wie die Tester verrieten. Was für den Kombi aus Mladá Boleslav spricht, zeigt das Protokoll.
Antrieb | Motor
Patrick Lamwersiek (Konica Minolta): Der Motor ist sehr leise und kaum zu hören.
Stefan Stacke (Pharmatechnik): Solider, drehfreudiger Motor mit ausreichender Durchzugskraft. Er wird bei höheren Drehzahlen etwas laut. Im Bereich zwischen 90 und 160 km/h fehlt etwas die Leistung, was das Überholen auf Autobahnen und Landstraßen mühsam macht.
Richard Op de Hipt (Stanley Black & Decker): Durch den prima Durchzug kommt der Wagen gut von unten raus. Bei hohen Geschwindigkeiten über 150 km/h ist er aber lauter als ein vergleichbarer VW Passat.
Getriebe
Lamwersiek (Konica Minolta): Das manuelle Getriebe lässt sich sehr gut und leicht schalten und es sorgt dank der 150 PS für eine gute Beschleunigung.
Stacke (Pharmatechnik): Besonders durch die Start-Stopp-Automatik in Verbindung mit dem DSG ist die Verzögerung beim Anfahren zum Beispiel aus einer Ausfahrt etwas zu groß. Im Normalbetrieb ist das DSG unauffällig und ruckelfrei.
Op de Hipt (Stanley Black & Decker): Gute Übergänge sowohl beim Hoch- wie beim Runterschalten.
Innenraum
Lamwersiek (Konica Minolta): Der Platz im Innenraum für den Fahrer/Beifahrer und auf den hinteren Sitzen ist sehr gut. Für die hinteren Personen besteht genügend Beinfreiheit zu den Vordersitzen. Der Kofferraum ist sehr breit und bietet ausreichend Platz. Die Optik vom Cockpit könnte ein wenig mehr Emotionalität vertragen. Die Klimaautomatik funktioniert einwandfrei und die Ergonomie ist auch gut.
Stacke (Pharmatechnik): Das Platzangebot im Fahrgastraum ist enorm. Sowohl auf den Vordersitzen als auch im Fond finden alle Passagiere mehr als genug Platz zum bequemen Sitzen auch bei längeren Fahrten. Wie gewohnt ist der Kofferraum ein echtes Raumwunder. Durch den Zwischenboden ist auch die Ladekante nahezu verschwunden und das Einladen von sperrigen oder schweren Gegenständen wird enorm erleichtert. Bei umgeklappten Rücksitzen ist sogar der Fahrradtransport ohne umständliche Montagearbeiten am Rad möglich. Im Cockpit haben uns besonders die "kleinen" Details begeistert wie die Handyablage mit Abdeckung und der Müllbehälter mit Tüte in der Fahrertür. Etwas irritiert waren wir von dem Schalter oben auf dem Scheibenwischerhebel. Die Entscheidung über die Geschwindigkeit des Intervalls sollte der Fahrer dem Regensensor überlassen, wenn jetzt noch über Tröpfchengröße nachgedacht werden muss, widerspricht das dem Sinn einer Automatik.
Op de Hipt (Stanley Black & Decker): Der Innenraum inklusive des Kofferraums ist für den Außendienst geeignet. Wir haben hier immer viel Zuladung. Bis zu zehn Gerätekoffer sind einfach verstaut.
Komfort
Lamwersiek (Konica Minolta): Da die Sitze in heller Leder- und Velourausstattung waren, gewinnt man einen guten Eindruck. Da das Material empfindlich ist, ist es für den täglichen Einsatz der Außendienst- oder Servicetechniker weniger geeignet. Die Federung ist derart weich, dass der Wagen sehr zu schaukeln scheint. Der Spurhalteassistent lenkt recht häufig dagegen, was für alle unsere Tester etwas unangenehm beim Fahren war. Das Fahrverhalten war ansonsten tadellos.
Stacke (Pharmatechnik): Wie erwähnt, ist durch das sehr gute Platzangebot ein bequemer Transport von bis zu fünf Personen möglich. Sowohl die Beinfreiheit als auch der Kopfraum lassen keine Wünsche offen. Die Auswahlmöglichkeiten des Fahrwerks haben nur sehr geringe Auswirkung auf das Fahrverhalten und sind nach unserer Ansicht überflüssig. Die Federung ist auch im voll besetzten Zustand einwandfrei und nicht zu hart.
Op de Hipt (Stanley Black & Decker): Alles ist richtig gut, bis auf die Geräuschentwicklung. Die Scheiben beim Passat sind rund zwei Millimeter dicker und in der Scheibe ist noch eine Schutzfolie.
Optik
Lamwersiek (Konica Minolta): Optisch macht der Wagen von außen einen schönen Eindruck.
Stacke (Pharmatechnik): Die Linie des Octavia fanden alle sehr gelungen. Einziger Schwachpunkt für einige Tester sind die zwei diagonal verlaufenden Knicke neben dem Fahrzeugkennzeichen hinten. Manche empfanden diese als störend für die Optik von hinten.
Op de Hipt (Stanley Black & Decker): Eine schöne Front mit auffälligen Scheinwerfern. Ingesamt ist es eine prima Silhouette.
Verarbeitung
Lamwersiek (Konica Minolta): Dadurch, dass der Wagen so gut wie neu ist, lässt sich dazu wenig sagen. Allgemein scheint alles so weit ganz gut verarbeitet zu sein.
Stacke (Pharmatechnik): Sogar überzeugte Audi-Fahrer waren überrascht von der Wertigkeit und der Verarbeitung des Interieurs. Im Gegensatz zu den Vorgängermodellen wurde viel von dem wuchtigen"Plastik" entfernt. Die Kanten sind nun weich und an passenden Stellen in Klavierlack-Optik, was einen hochwertigeren Eindruck vermittelt. Der Octavia in dieser Ausstattung braucht sich nicht vor einem VW Golf, Passat oder gar einem Audi A3, 3er-BMW und der Mercedes-Benz B-Klasse verstecken. Durch die Lederausstattung, das Multifunktionslederlenkrad und den Schaltknauf in Leder war die Haptik sehr angenehm. Die Schalteranordnung ist equivalent zu allen Produkten aus dem Haus VW, daher hat man sich schnell zurechtgefunden. Es bleibt auch hier ein positiver Eindruck zurück.
Op de Hipt (Stanley Black & Decker): Hochwertig wie alles aus dem Haus Volkswagen.
Sonderausstattung
Lamwersiek (Konica Minolta): Das automatische Öffnen und Schließen des Kofferraums war in den Momenten sehr hilfreich, wenn man mit Werkzeugkoffer und umgehängtem Laptop an den Kofferraum musste. Sinnvoll wäre zudem eine Einparkhilfe für den vorderen Bereich.
Stacke (Pharmatechnik): Das hochauflösende Display mit Näherungsschalter hat uns besonders gefallen. Indes wäre eine Rückfahrkamera eine sinnvolle Ergänzung zur Park Distance Control (PDC). Neben einer Rückfahrkamera sind bei uns das Navi und die Klimaautomatik unbedingt notwendig.
Op de Hipt (Stanley Black & Decker): ACC ist bei uns als Standard hinterlegt, genauso wie das DSG. Unverzichtbar sind für uns Parksensoren vorn und hinten, hochwertige Sitze sowie ein großes Navi. Gerade für Vielfahrer mit einer Fahrleistung von jährlich mehr als 75.000 Kilometern wäre ein Massagesitz wie beim Passat interessant.
Fahrverhalten
Lamwersiek (Konica Minolta): Zu den Stärken des Octavia zählen die sehr gute Beschleunigung, die man gerade auf der Landstraße nutzen kann, und das sehr gute Soundsystem. Weniger gut waren die schwache Straßenlage und Federung sowie die einfach gehaltene Innenausstattung der Armarturen. Die Sprachausgabe des Navis war nicht flüssig und unsauber gesprochen.
Stacke (Pharmatechnik): Der Octavia mit DSG ist bei höheren Geschwindigkeiten zu träge. Bei eingeschaltetem Abstandswarner (ACC) dauert es viel zu lange, bis die Geschwindigkeit im Vergleich zum Vordermann angepasst wird. Das ACC ist zudem auf 160 km/h begrenzt, was in der Praxis nicht der Maximalgeschwindigkeit auf Dienstfahrten entspricht. Im Stadtverkehr und auf der Landstraße fühlt sich der Octavia offensichtlich viel wohler. Das Kurvenverhalten war ausgesprochen direkt und präzise. Bei den Assistenzsystemen sind Verbesserungen nötig, um den Komfort zu erhöhen. Die PDC spricht, gerade an den Fahrzeugseiten, viel zu früh an (bei 20 Zentimeter Abstand bereits Dauerton). Der Parklenkassistent hat bei drei Versuchen nur einmal zufriedenstellend agiert. Das Keyless-System macht beim Abschließen des Fahrzeugs nur dann Sinn, wenn es automatisch beim Entfernen vom Fahrzeug funktioniert und man nicht zusätzlich den Griff berühren muss. Die automatische Heckklappe, ergänzt mit einem Näherungsschalter unter dem Heckstoßfänger, würde Sinn machen. Preis, Design und Ausstattung sind Stärken des Octavia. Sein Image, die Leistung und die Fahrgeräusche bei hohen Geschwindigkeiten sind seine Schwächen.
Op de Hipt (Stanley Black & Decker): Der Octavia ist ein dynamisches, sehr gutes Langstreckenfahrzeug mit guten Beschleunigungswerten und guter Kurvenlage.
Fuhrparktauglichkeit und Konkurrenz
Lamwersiek (Konica Minolta): Für unsere Einsatzzwecke ist der Octavia nicht interessant, da unser bisher eingesetzter Opel Astra eine bessere Gesamtnote erreicht. Als Konkurrenten zum Skoda sehe ich neben dem Astra den Ford Focus sowie den Seat Leon.
Stacke (Pharmatechnik): Der Octavia Combi ist eine Alternative für unsere Flotte. Aufgrund unserer Car Policy steht dem Mitarbeiter, bedingt durch den geringeren Fahrzeugpreis, die Möglichkeit einer höherwertigeren Ausstattung offen. Vergleichen würde ich den Octavia mit dem VW Golf, Passat, Tiguan und dem Audi A3.
In diesem Umfeld sticht das hervorragende Preis-Leistungs-Verhältnis des Skoda hervor. Auch in Bezug auf Ausstattung und Qualität hat sich viel zum Positiven verbessert. Das Image von VW, Audi und BMW ist natürlich besser. Leider wird Erfolg im Vertrieb meist mit der Marke des genutzten Dienstfahrzeugs in Verbindung gebracht. Daher ist das Image des Fahrzeuges in diesem Bereich wichtiger als die tatsächliche Qualität.
Op de Hipt (Stanley Black & Decker): Der Octavia punktete mit gutem Handling und dem guten Motor (150 PS sind völlig ausreichend). Die Innengeräusche sind etwas zu laut. Der Octavia wurde in unsere Car Policy aufgenommen. Hier konkurriert er mit dem VW Passat, Touran und Opel Insignia und bietet eine geringe Besteuerung (geldwerter Vorteil).
Protokoll:
Nachgefragt
Steffen Zöhke, Leiter Verkauf Skoda Deutschland, zum Octavia Combi
Er kann vieles, aber noch nicht alles
_ Die Verkaufszahlen im Flottensegment sind weiterhin sehr gut für den Octavia. Wie viele Octavia werden bis zum Jahresende in die Flotten kommen und sind längere Lieferzeiten zu erwarten?Der Octavia ist für uns eines der wichtigsten Flottenfahrzeuge. Mehr als 70 Prozent des gesamten Modellvolumens verkaufen wir an Gewerbekunden. Aufgrund des Erfolgs dieser Modellreihe kommt es derzeit zu längeren Lieferzeiten. Der Hersteller arbeitet an Kapazitätserweiterungen._ Welche Flottenkunden will Skoda mit dem Octavia erreichen? Gerade im Hinblick auf die Konkurrenz im eigenen Konzern (VW Golf Variant oder Seat Leon ST)?Mit dem Octavia wollen wir die gesamte Bandbreite gewerblicher Kunden vom Einzelabnehmer bis zum großen Flottenfuhrpark erreichen._ Einige Tester monierten, dass der Abstandstempomat ACC nur bis maximal 160 km/h ausgelegt ist, was nicht immer der Reisegeschwindigkeit von Außendienstlern entspräche. Gibt es Möglichkeiten hier aufzurüsten?Im Moment ist das leider nicht möglich. Allerdings bieten wir im neuen Superb bereits eine neue Technik, bei der bis zu 210 km/h möglich sind._ Weiterhin hätten die Tester gern eine Rückfahrkamera an Bord. Gibt es diese als Option?Optional ist beim Octavia eine Rückfahrkamera ab der Ausstattungslinie "Ambition" zum Preis von 240 Euro erhältlich._ Gibt es die Möglichkeit einen Massagesitz zu ordern?Leider nicht. rs
- Ausgabe 09/2015 Seite 54 (759.7 KB, PDF)