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Mobilitäts- und Travelmanagement: Nach jeder Fahrt etwas schlauer

27.04.2018 12:00 Uhr
Mobilitäts- und Travelmanagement: Nach jeder Fahrt etwas schlauer
Mit der Marke "Ioki" will die Deutsche Bahn auch firmeneigene Ride-Sharing-Lösungen anbieten. Vorerst wird in Frankfurt getestet.
© Foto: Deutsche Bahn

Wenn einer vernetzen kann, dann die Bahn. Mit der Marke "Ioki" will man auch firmeneigene Ride-Sharing-Lösungen anbieten. Vorerst wird in Frankfurt getestet. Und sogar autonom fahrend in Bayern.

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_ Nicht mehr Verkehr, sondern intelligente, also leicht verständliche, zuverlässige und später auch autonom fahrende Mobilität ist die Lösung. Die Ansätze dafür verfolgen die Autohersteller intensiv. Daimler bündelt Startups und eigene Mobilmacher auf seiner Moovel-Plattform, VW shuttelte in Hannover mit dem eigenen Ride-Pooling-Konzept seit Oktober letzten Jahres nach eigenen Angaben gut 2.000 Nutzer auf über 100.000 Fahrten, die vom Dienst "Moia" abgewickelt werden. Bei der Deutschen Bahn (DB) nennt sich der Geschäftszweig für On-Demand-Mobilität und autonomes Fahren "Ioki".

Straßenkilometer

Im Oktober vergangenen Jahres startete medienwirksam der Betrieb eines autonomen Shuttlefahrzeugs in Bad Birnbach. Auf den ersten Blick wirkt das Shuttle eher putzig, sodass die Frage berechtigt ist, ob dies die Lösung für den städtischen Transport in einigen Jahren sein wird? "Es ist sehr wichtig, dass man solche neuen Produkte überhaupt auf die Straße bekommt. Dabei ist unser Ansatz nicht das autonome Fahrzeug für den Einzelnen, sondern die Einbindung solcher Fahrzeuge in den ÖPNV", verteidigt Michael Barillère-Scholz, Managing Director von Ioki, das Projekt und dessen zwei Ziele. Neben den Daten aus dem operativen Betrieb für die eigene Forschung soll das selbstfahrende Mobil die Kundenakzeptanz für solche Systeme per se erhöhen. Es soll also in einem Markt, in dem es noch an ernsthaften Angeboten fehlt, die Nachfrage antrainiert werden.

Die erste Zwischenbilanz des Fahrdienstes im niederbayerischen Kurort kann sich laut dem Ioki-Manager sehen lassen: "Wir sind sehr glücklich mit dem Start. Wir haben mit der ersten autonomen Buslinie in Deutschland bisher schon über 5.000 Fahrgäste befördert." Nun ist der autonome Kleinbus nur so gut, wie es die Technik zulässt. Und die letzten Monate waren bekanntlich schneereich. Aber der kleine Shuttle scheint robuster zu sein als vermutet, wie Barillère-Scholz berichtet:"Die Sensorik muss natürlich stets die Fahrsituationen erfassen, was bei gewissen Wetterlagen eine Herausforderung ist. Die Sicherheit ist aber stets gewährleistet, sodass das Shuttle bei sehr schlechtem Wetter nicht fährt. Das war in den ersten 120 Tagen aber nur an 20 Tagen der Fall, und das trotz der sehr extremen Wettereinflüsse." Wenn beispielsweise ein Schneesturm die Fahrt behindern würde, dann wird der Betrieb auf der noch recht kurzen Strecke von 800 Metern eingestellt.

Promotionfahrt

Obwohl der Bus selbst steuert, ist mit jeder Fahrt ein Fahrtbegleiter dabei. Dieser muss nicht etwa die Tickets kontrollieren - die Fahrt selbst ist nämlich kostenfrei -, vielmehr erklärt er den Reisenden die Technik. Der große Zuspruch zeigt, dass dies funktioniert. Deshalb sollen die Kreise des Shuttles bald ausgeweitet werden. "In der nächsten Projektphase wird der Bahnhof in Bad Birnbach angebunden. Im zweiten Halbjahr wollen wir dann den zweiten Streckenabschnitt in Betrieb nehmen, so dass die Kunden mit unserem autonomen Bus vom Bahnhof aus sowohl die Innenstadt als auch die Therme ansteuern können", freut sich der zuständige Projektleiter in Bad Birnbach und verrät: "Zudem planen wir, ein zweites Fahrzeug einzusetzen."

Das alles generiert mehr Praxisdaten. Diese helfen bei den weiteren Plänen, wenn es darum geht, dass On-Demand-Angebote perspektivisch autonom verkehren. So wurde in Frankfurt für die 15.000 Bahn-Mitarbeiter eine Mobilitätsplattform ins Leben gerufen. Dieser Fahrdienst verbindet die 32 DB-Standorte in der Mainmetropole. Dabei werden klassischerweise Fahrgäste mit ähnlichen Routen zu Fahrgemeinschaften gebündelt, um damit den Verkehr zu entlasten. Auch dieses Projekt wurde komplett von Ioki aufgebaut und betrieben. "Mit einer eigenen Flotte und eigenen Fahrern bieten wir diesen kostenlosen Dienst an. Dazu wurden die Fahrer vorher geschult, wie sie die Kunden aufnehmen können und wie das Bezahlen mit der App funktioniert." Bislang wurde die App in hoher dreistelliger Zahl abgerufen, erklärt Barillère-Scholz. Damit wird das System von Tag zu Tag schlauer.

Sharing auf dem Land

Mindestens so herausfordernd wie der städtische Verkehr ist jener im ländlichen Raum. Ein Pilotbetrieb in Wittlich läuft bereits seit Ende November 2017 mit 100 ausgewählten Testkunden. Derzeit wird daran gearbeitet, den Service für alle Kunden zu öffnen."Zudem wollen wir damit auch in Hamburg in diesem Jahr starten, dann auch nutzbar für die Öffentlichkeit", so Barillère-Scholz.

Dieser Schritt beschreibt das Wesen der Plattform, die zwar von einem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn betrieben wird, die sich aber für regionale Verkehrsverbünde wie für Unternehmen öffnet. Ioki tritt dabei als Enabler, also als Dienstleister für andere, auf. Firmen können die Plattform nutzen und unter ihrem eigenen Namen laufen lassen."Damit kann man in seinem eigenen Gebiet ein Ride-Sharing anbieten", freut sich der DB-Manager.

Das gilt natürlich auch für die Bahn selbst, wie Barillère-Scholz herausstellt: "Das Ziel ist es, dass Ioki perspektivisch in den DB-Navigator eingebunden und die Vernetzung der Mobilitätsangebote optimiert wird. Das könnte so aussehen, dass Sie zuerst mit dem ICE in die nächstgrößere Stadt fahren, dann die S-Bahn nehmen und schließlich bringt Sie ein Ioki-Shuttle an Ihr Ziel." Das ist keine Vision, sondern soll in Hamburg erprobt werden - und zwar noch in diesem Jahr beginnend. Wer zur Elbphilharmonie möchte, könnte bald ein Shuttle von Ioki nutzen.

Allein wird man darin aber selten sitzen, denn wie Barillère-Scholz betont, ist das System auf Ride-Sharing also auf das Teilen einer Fahrt mit anderen ausgelegt. "Unsere Vision ist es, eine Alternative zum privaten Pkw anzubieten." Das würde zum Beispiel eine Menge Zeit und Ressourcen einsparen, die allein für die Parkplatzsuche draufgeht. Aber damit endet noch nicht die Idee des Projekts.

"Wir möchten, dass die Nutzer die Zeit im Fahrzeug so effektiv wie möglich verbringen können. Es soll genügend Platz für jeden geben und WLAN natürlich auch." Das Thema Platz für jeden Mitfahrer ist genau der Punkt, weshalb man bei der Bahn nun ähnlich wie es bereits die Deutsche Post vorgemacht hat, darüber nachdenkt, eigene Fahrzeuge zu entwickeln. Der Streetscooter der Post könnte also bald für den Personentransport einen Nachahmer finden. "Wir planen, ein eigenes On-Demand-Fahrzeug zu bauen, das jedem Mitfahrer genug Platz und Freiraum bietet", so das Versprechen von Barillère-Scholz. "Ebenso wichtig ist hier der Punkt Komfort. Das heißt, es wird WLAN und Steckdosen geben, um die eigenen Geräte anschließen und nutzen zu können. Und am Ende muss dies natürlich auch preislich attraktiv sein, um beispielsweise gegen die Taxifahrt oder ein eigenes Auto konkurrieren zu können." Der Erfolg der neuen Plattform wird sich an zwei Prämissen festmachen lassen, glaubt der Managing Director. Zum einen muss das System, sprich die App, überall verfügbar und leicht zu bedienen sein."Hier setzen wir auf eine Tarifintegration, sodass der Service mit dem Lösen einer Karte im jeweiligen Tarifverbund bezahlt ist. So ist es auch in Hamburg geplant."

Nicht mehr Verkehr

Zum anderen müssen die Angebote"tief in den ÖPNV integriert sein", wie Barillère-Scholz betont. Denn es soll sich laut ihm nicht wiederholen, was in den USA passierte, nachdem sich Ridesharing-Dienste wie Uber oder Lyft etabliert haben."So gab es im Jahr 2016 allein in New York 600 Millionen Personenmehrkilometer. Der Verkehr mit dem Auto nahm also nicht ab, sondern steigerte sich erheblich."

Komfort, Zeit und Preis müssen also in Gleichklang gebracht werden. Damit dies funktioniert, müssen die vernetzten Angebote vor allem einem dienen: dem Kunden. Hier kommt nochmal die optimale Verbindung verschiedener Mobilitätsformen ins Spiel. Dafür erleichtert die Plattform das Zusammenschließen vorhandener Systeme sehr einfach. Wie dies in der Praxis funktioniert, wird bereits mit der Optimierung des Zubringerverkehrs an einem Flughafen in Deutschland gezeigt.

Die Kür ist dann zweifelsohne das fahrerlose Transportsystem. Dass dieses hohe Ziel nicht erst in Dekaden Realität wird, steht für den Experten außer Frage. "Ich bin überzeugt, dass wir zwar in den nächsten fünf Jahren noch viele Anwendungen haben werden, wo ein Fahrtbegleiter an Bord mitfahren wird. In den nächsten zehn Jahren glaube ich aber, dass diese Verkehre dann komplett autonom unterwegs sein werden", gibt sich der Profi optimistisch.

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