-- Anzeige --

Kontinuität schaffen

28.09.2009 12:02 Uhr

-- Anzeige --

Kontinuität schaffen

Fuhrparkmanager wollen immer häufiger Mehrjahresverträge für ihre Flottenversicherung abschließen. Sie sollen vor Beitragserhöhungen für die Dienst- und Firmenfahrzeuge schützen und die Prämien für einen längeren Zeitraum plan- und kalkulierbar machen. Solche Verträge müssen allerdings im Rahmen der Individualvereinbarungen sauber ausgearbeitet werden, damit sie auch rechtlich tragfähig sind.

Im Kfz-Flottengeschäft werden die Versicherungsverträge auf Basis der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) und der Tarifbestimmungen (TB) im Wesentlichen individuell vereinbart. Dies bedeutet, dass sowohl Versicherer als auch Geschäftskunde weitreichenden Verhandlungsspielraum für die Ausgestaltung der Verträge haben. Vorrangiges Ziel für den Flottenkunden ist hierbei, dass der Fuhrpark risikotechnisch so abgesichert wird, dass er durch eine schnelle Schadenregulierung einsatzbereit bleibt. Hat der Fuhrparkbetreiber die optimalen Eckpfeiler ausgehandelt, möchte er den Vertrag so lange wie möglich laufen lassen.

Doch wie sieht es mit der Laufzeit der Verträge in der Praxis aus? In der Regel werden lediglich Jahresverträge zwischen den Parteien abgeschlossen. Immer häufiger wird jedoch vonseiten der Versicherungsnehmer der Wunsch nach Mehrjahresverträgen laut, um mehr Planbarkeit durch konstante Prämien- und Vertragsgrundlagen zu erhalten. Aber sind Flottenversicherungen mit fixer Beitragsgrundlage über mehrere Jahre überhaupt machbar? Die Erfahrung zeigt, dass solche Mehrjahresverträge von den Versicherern nur sehr zögerlich abgeschlossen werden. Einige Versicherer gehen zwar mit Firmenfuhrparks den Weg des präventiven Riskmanagements und bieten auf Basis einer absolut transparenten Risikolage den Kunden Mehrjahresverträge, aus denen die Versicherer selbst den Nutzen eines geringeren internen Kostenaufwandes ziehen. Sie gehen mit den meisten anderen Fuhrparks das Risiko aber nicht ein, da dort oft nur oberflächliche Risikoanalyse betrieben wird und die Verträge für den Versicherer somit nur sehr schwer abzu-schätzen und zu kalkulieren sind. Darüber hinaus ist aus juristischer Sicht die Zulässigkeit derartiger Laufzeitvereinbarungen äußerst umstritten. Es wird argumentiert, dass Mehrjahresverträge aus rechtlichen Gründen nicht möglich sind, weil die Laufzeit von Kfz-Haftpflichtversicherungsverträgen laut Gesetz nicht mehr als ein Jahr betragen dürfe.

Mehrjahresvertrag gegen das Gesetz?

Der gesetzliche vorgesehene Vertragstyp ist auch tatsächlich ein Jahresvertrag mit Verlängerungsklausel. Diese Thematik wird allerdings in Juristenkreisen durchaus kontrovers diskutiert. Sofern man auf § 11 III Versicherungsvertragsgesetz (VVG) abstellt, ist eine Vertragsdauer von drei Jahren zulässig. In der Kfz-Haftpflichtversicherung gibt es jedoch eine vorgehende Spezialregelung. Der Knackpunkt hierbei ist § 5 Absatz 5 des Pflichtversicherungsgesetzes (PflVersG), der die Dauer und Beendigung des Vertrages wie folgt regelt:

(5) Das Versicherungsverhältnis endet spätestens,

1. wenn es am ersten Tag eines Monats begonnen hat, ein Jahr nach diesem Zeitpunkt,

2. wenn es zu einem anderen Zeitpunkt begonnen hat, an dem nach Ablauf eines Jahres folgenden Monatsersten.

Es verlängert sich um jeweils ein Jahr, wenn es nicht spätestens einen Monat vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. …

Dieser gesetzlichen Regelung ist folglich zu entnehmen, dass ein Versicherungsvertrag im Bereich der Kraftfahrthaftpflicht längstens ein Jahr läuft. Dem Wortlaut strikt folgend heißt dies, dass Mehrjahresverträge prinzipiell unwirksam wären. Trotz schriftlicher Vereinbarung zwischen Flottenbetreiber und Versicherer bestünde also in der Konsequenz eine Kündigungsmöglichkeit nach einem Jahr, da eine unzulässige Laufzeitvereinbarung vorliegen würde.

Als Frage stellt sich nun: Kann man sich über diese gesetzlich normierte Regelung hinwegsetzen? Dies erscheint durch Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) jedenfalls kaum möglich. Insbesondere, weil eine derartige geregelte Laufzeitklausel in den AGB der Inhaltskontrolle des § 307 II Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht standhalten wird. Berechtigterweise kann man hier einwenden, dass der Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) auch im Versicherungsrecht gilt. Dieser Grundsatz wird aber bereits deshalb nicht tangiert, weil der Versicherungsvertrag, der die unwirksame Klausel enthält, als solcher bindend bleibt. Denn nach herrschender Rechtsprechung kann jede vertragliche Vereinbarung der Überprüfung auf Gesetzesverstöße unterliegen, ohne dass damit der Grundsatz „pacta sunt servanda“ verletzt wird.

Um die Zulässigkeit von Mehrjahresverträgen zu prüfen, muss man demzufolge den Schutzzweck von § 5 PflVersG ergründen. Prinzipiell stellt sich bereits die Frage, ob diese Regelung grundsätzlich nur für Verbraucher gilt. Ein Indiz hierfür wäre, dass zum Beispiel eigene Absätze speziell Taxen, Personenmietwagen und Selbstfahrermietfahrzeuge von dem Kontrahierungszwang ausnehmen. Dies alleine wäre jedoch – aufgrund des klaren entgegenstehenden Gesetzeswortlautes – zu unsicher, um die Wirksamkeit eines Vertrages darauf zu stützen bzw. zu verneinen.

Laufzeitregelung als Individualvereinbarung

Vielmehr muss auch auf den Schutz des Allgemeininteresses abgestellt werden. Hintergrund für die Jahresregelung war vor der VVG-Reform § 9 a Absatz AKB in Verbindung mit § 31 VVG alte Fassung (a. F.). Demnach hatten Flottenbetreiber bei Prämienerhöhungen nur dann eine Kündigungsmöglichkeit, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten wurden. Aus diesem Grund führte man auch § 5 Abs. 5 PflVersG zum Schutze des Versicherungsnehmers ein, da unter diesem Blickwinkel Laufzeiten von über einem Jahr in einer Pflichtversicherung für den Versicherungsnehmer unzumutbar waren. Durch das reformierte VVG ist diese Regelung jedoch überholt, da dem Versicherungsnehmer jetzt bei Anhebung der Beiträge eine uneingeschränkte Kündigungsmöglichkeit zusteht. Ein Schutzbedürfnis ist daher nicht mehr zwingend erforderlich.

Daraus kann man schließen, dass es sich bei der gesetzlichen Höchstlaufzeit von einem Jahr nicht um zwingendes Recht handelt, sondern um dispositives Recht. Dies bedeutet wiederum, dass man im Rahmen der Vertragsfreiheit davon abweichen kann. Die Meinungen gehen sogar so weit, dass man hier in § 5 Absatz 5 PflVersG einen Widerspruch zum europäischen Gemeinschaftsrecht sieht, weil ein unzulässiger Eingriff in die Freiheit der Bedingungsgestaltung angenommen wird.

Aus den eben genannten Gründen bietet es sich deshalb an, gerade zur Deckung von Großrisiken Vertragskonstruktionen mit längeren Vertragslaufzeiten zu vereinbaren. Denn insbesondere bei Großrisiken sind Vertragskonstruktionen mit mehrjährigen Laufzeiten nicht nur sinnvoll, sondern grundsätzlich auch zulässig, da eben kein schutzwürdiges Inte-resse entgegensteht. Doch Vorsicht: Es handelt sich aus rechtlicher Sicht um keine Individualabrede, wenn die Dauer wie auf einem Formular in einem Feld von mehreren Möglichkeiten eingetragen oder angekreuzt wird. Eine Vielzahl der Gerichte geht nur von Individualvereinbarungen aus, wenn der Vertrag Beginn- und Ablaufdatum anhand handschriftlicher Ergänzungen beinhaltet. Fuhrparkbetreiber sollten folglich darauf achten, dass sie die Regelung individuell mit dem Versicherer verhandeln und im Individualrahmenvertrag gesondert deklariert fixieren. Endgültige rechtliche Klarheit gibt es allerdings nicht, da es eine höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu noch nicht gibt. Aus unternehmerischer Sicht empfiehlt sich jedenfalls oft ein Mehrjahresvertrag, da er in einem Fuhrpark kontinuierliche Transparenz und eine planbare Kostenstruktur schaffen kann. Inka Pichler

-- Anzeige --
-- Anzeige --

MEISTGELESEN


-- Anzeige --

STELLENANGEBOTE


-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Autoflotte ist die monatlich erscheinende Fachzeitschrift für den Flottenmarkt im deutschsprachigen Raum. Zielgruppe in diesem wachsenden Markt sind die Fuhrpark-Entscheider in Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen mit mehr als zehn PKW/Kombi und/oder Transportern. Vorstände, Geschäftsführer, Führungskräfte und weitere Entscheider greifen auf Autoflotte zurück, um Kostensenkungspotenziale auszumachen, intelligente Problemlösungen kennen zu lernen und sich über technische und nichttechnische Innovationen zu informieren.