Immer noch wenig ansteckend
GE Capital Fleet Services | Ludger Reffgen, Mitglied der Geschäftsführung des Flottendienstleisters, erlebt die Facetten der E-Mobilität in der Praxis. Er fordert Geduld und hofft zeitgleich auf ein Umdenken in den Fuhrparks.
— „Die Anfangsphase ist verpufft und skeptischem Abwarten gewichen“, meinte Ludger Reffgen noch vor zwei Jahren. Das Mitglied der Geschäftsführung von GE Capital Fleet Services sprach vielen in der Branche aus dem Herzen, als er im Juni 2012 in der Autoflotte (siehe Ausschnitt) der Elektromobilität eine „lange Anfahrt statt eines Kickstarts“ vorhersagte. So kam es auch.
i3 statt Ampera | Der erste Star unter den neuen Diesel-Herausforderern war damals der Opel Ampera, der zumindest unter den deutschen Herstellern als Alleinstellungsmerkmal galt. Mittlerweile haben VW, Mercedes & Co. nachgezogen und der Ampera wird trotz massiver Preissenkung im vergangenen Herbst und Dreingaben wie dem Infotainment-System IntelliLink im Straßenverkehr zur Rarität. Er weicht auch in den Fuhrparks nun vollelektrischen Rivalen wie dem BMW i3 (siehe Beitrag rechts S. 31).
Sind die Stromer also mittlerweile auch im Flottenalltag angekommen, Herr Reffgen? „Es gilt leider nach wie vor, dass Elektromobilität in den gewerblichen Fuhrparks nur ein Randthema ist “, kontert der Manager im Gespräch mit Autoflotte. Zwar hätten in den vergangenen Jahren einige Flotten mehr Erfahrungen mit Stromern oder Plug-in-Hybriden gesammelt, aber bei vielen stünde am Ende die Erkenntnis: zu teuer. Das gelte vor allem für die reinen E-Fahrzeuge von der Größe eines Kompakt- oder Mittelklässlers. Hier stimme das Paket noch nicht. „Der Anschaffungspreis ist sehr hoch und die variablen Energiekosten würden den Betrieb erst dann wirtschaftlich machen, wenn der Kraftstoff mindestens fünf Euro pro Liter kosten würde“, rechnet Reffgen vor.
Klein rechnet sich | Deutlich positiver fällt laut dem Fachmann die Bilanz für Kleinwagen mit E-Herz aus. „Dennoch ist auch hier das Urteil der Dienstwagenfahrer entscheidend, ob sich die Modelle im Flottenalltag durchsetzen. Und hier dominieren immer noch die Skepsis gegenüber der Ladeinfrastruktur und die Reichweitenangst.“
Projekte wie der Ausbau der Schnellladestationen an der A9 gehen demnach zwar in die richtige Richtung, dennoch müssten die Ladesäulen auch an Überlandstrecken aufgebaut werden – mindestens aber flächendeckend an den Rasthöfen. Die staatlich finanzierten Schaufensterprojekte sollen über den konkreten Bedarf Auskunft geben. „Da die Projekte aber zum Großteil noch nicht beendet sind, wird es noch eine ganze Weile dauern, bevor die Maßnahmen zum Ausbau der Elektromobilität konkret festgelegt werden und die Bundesregierung die Leitplanken ihrer zukünftigen Politik setzt“, betont der Branchenkenner. Gleichzeitig schickt Reffgen eine Alternative ins Rennen: Hybride. „Da mittelfristig die E-Motoren die Verbrennungsmotoren nicht ablösen werden, ist der Mix aus beiden momentan die beste Lösung. Der E-Motor hilft beim Anfahren und dann übernimmt der Diesel.“
TCO-Versprechen | Diese Doppelherzen mit großer Reichweite würden zumindest helfen, die Akzeptanz seitens der Fahrer für die alternativen Antriebe zu erhöhen. Weitere Maßnahmen wie das Freigeben einer speziellen Fahrspur oder eigener Parkplätze nur für Stromer würden dann in die TCO- (Total Cost of Ownership-) Betrachtungen der Flottenleiter einfließen und die gesamte Kostenrechnung der neuen Fahrzeugmodelle positiv beeinflussen. Stichwort: TCO. Dass die Hersteller der E-Modelle nun die Batterien zur Miete anbieten und damit im ersten Moment die Anschaffungskosten stückeln, hält Ludger Reffgen aus Sicht der Fuhrparks für wenig praktikabel. „Zum einen entspricht dies nicht dem klassischen Eigentumsmodell, was auch bei der Aussteuerung des Fahrzeugs nach ein paar Jahren zu beachten ist, da die Batterie ja nur gemietet ist. Zum anderen unterscheidet sich diese Mischfinanzierung vom Leasingmodell für Dienstwagenfahrer.“ Ergo sei die Batterie-Miete aus Fuhrparkleitersicht als experimentell zu sehen. „Immerhin trauen die Hersteller den Batterien solche langen Laufzeiten zu, das ist wiederum ein positives Signal“, findet der Fachmann. Bliebe die Frage, ob GE Capital Fleet Services die eigenen Ziele von 1.000 E-Fahrzeugen, die bis zum Jahr 2015 in deutsche Flotten kommen sollen, erreichen wird. Reffgen stellt fest: „An dem Ziel werden wir wohl weit dran vorbeifahren. Sofern wir es auf reine Elektromodelle begrenzen.“ Dieser Nachsatz ist wichtig, denn die Strategie läuft nun zweigleisig. Stromer und Hybride heißt das Duo, von dem der Flottendienstleister heute schon Fahrzeuge deutlich im dreistelligen Bereich platzieren konnte. Ob sich diese Zahl aber bis zum nächsten Jahr derart vervielfältigen lassen wird, bleibt mehr als fraglich.
Aber Reffgen beschränkt E-Mobilität nicht auf ein Ziel, sondern sieht sie als Prozess. „So werden die Flottenchefs angehalten, sich dauerhaft mit strukturellen Veränderungen auseinanderzusetzen, und zwar nicht nur über dieses Thema, sondern über die generellen Fragen zu modernen Formen der Mobilität.“ | Rocco Swantusch
- Ausgabe 7/2014 Seite 30 (2.1 MB, PDF)