_ Mietwagen, Taxi oder Carsharing oder vielleicht auch mal zu Fuß. Wenn Manuel Gabler in seiner Freizeit unterwegs ist, entscheidet er jedes Mal aufs Neue, auf welche Weise er mobil sein will. Einen Firmenwagen hat der 31-Jährige nicht, obwohl ihm als Unternehmensberater bei A.T. Kearney ein solcher als Gehaltsbestandteil zustünde. Er hat, wie viele aus der Generation Y, aus pragmatischen Überlegungen bewusst darauf verzichtet: Er wohnt in Berlin, und die Vorstellung, regelmäßig in den überfüllten Straßen einen Parkplatz finden zu müssen, schreckt ihn ab. Zudem ist er beruflich viel unterwegs und könnte einen Firmenwagen, den er als geldwerten Vorteil versteuern müsste, ohnehin nur am Wochenende nutzen.
Seit Jahresbeginn bietet sein Arbeitgeber allen Dienstwagenberechtigten Alternativen zum Geschäftswagen an: eine Bahncard 100 oder ein Mobilitätsbudget. Gabler hat sich für das Mobilitätsbudget entschieden und fährt damit gut. Für jeden Anlass kann er das passende Auto und das passende Mietangebot nehmen: "Das ist schon toll, dass man jetzt die Alternative hat und innerhalb dieser Alternative zwischen verschiedenen Varianten auswählen kann, je nachdem, was man gerade braucht", sagt Gabler.
"Das Auto ist immer noch sehr wichtig. Das steht außer Frage", beschwichtigt Mirja Telzerow, Director Operations & HR bei A.T. Kearney."Was wir innerhalb der letzten Jahre gesehen haben, ist aber, dass gerade bei den jüngeren Beratern immer weniger einen Dienstwagen genommen haben", so die Personalerin weiter. Erst mit fortschreitendem Dienstgrad, bei den Senior-Beratern also, oder wenn eine Familie gegründet wird und die Mitarbeiter ins Umland ziehen, werde ein Dienstwagen bestellt.
Ein Drittel verzichtet aufs Auto
Gut jeder dritte Consultant bei A.T. Kearney verzichtet mittlerweile auf einen Dienstwagen und damit auf einen wesentlichen Benefit, den der Arbeitgeber als einen Baustein der Mitarbeiterbindung anbietet. Dieser Anteil ist im Laufe der Jahre immer weiter gestiegen. "Es ist nicht fair, wenn man sagt, man möchte allen ein gleiches Angebot machen und ein Drittel interessiert dieses Angebot aber gar nicht", sagt Telzerow. Deswegen wurden in Gesprächen mit Beratern deren Mobilitätswünsche ermittelt und überlegt, wie diese zu einem Paket geschnürt werden können, das einerseits die Attraktivität als Arbeitgeber gerade bei den hochqualifizierten Nachwuchskräften erhöht, andererseits aber für das Unternehmen leicht zu verwalten ist.
Der gemeinsame Nenner lautete: mehr Flexibilität. "Flexibilität im ganzen Arbeitsprozess wird immer wichtiger. Und Mobilität ist ein Teil davon", erläutert Telzerow.
So kam es zur Entscheidung, das bisherige klassische Dienstwagenkonzept in Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Jahresbeginn 2018 auf drei Säulen zu stellen. Zur Wahl stehen: ein Dienstwagen, eine Bahncard 100 oder das neue Mobilitätsbudget von Sixt, das als "Mobility as a Service", kurz: MaaS, im August vergangenen Jahres auf den Markt kam. Es kann weltweit für Mietwagenbuchungen bei Sixt, den Chauffeurdienst "My Driver" und das Carsharing-Produkt "Drive Now" eingesetzt werden.
Für aktuelle wie zukünftige Berater bei A.T. Kearney ist es ein Angebot von vielen innerhalb des Gesamtpakets, das die Anziehungskraft des Arbeitgebers verstärken soll. "Das Sahnehäubchen", wie Telzerow sagt. Und auch der Berater Gabler stimmt ihr zu, da er glaubt, dass Bewerber die Zusatzleistungen der Arbeitgeber vergleichen."Man hat schon recht klare Vorstellungen davon, was der jeweilige Arbeitgeber im Angebot hat. Durch Mobility as a Service haben wir nochmal einen greifbaren Vorteil erlangt", findet Gabler.
Budget für ein halbes Jahr
Das Budget für MaaS wird den Consultants bei A.T. Kearney für sechs Monate zur Verfügung gestellt. Danach wird auf der Plattform ein neues hinterlegt, der Rest vom alten verfällt. Der Arbeitgeber zahlt also nur, was der Mitarbeiter wirklich nutzt. Und der Vorteil für den Mitarbeiter: Nur die verbrauchte Summe wird monatlich mit 30 Prozent pauschal besteuert. Hierfür erhält die Unternehmensberatung von ihrem Dienstleister am Monatsende eine Aufstellung über alle in Anspruch genommenen Budgetfahrten, die automatisiert in die Lohnabrechnung einfließen.
Vorteile für beide Seiten
"Pay as you use, tax as you use", formuliert Jakob Brombacher, Head of Product Management bei Sixt, die Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Vergleich zum klassischen Dienstwagen - und der Bahncard 100, für die der Gesamtpreis von mehr als 7.000 Euro mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern ist. Die Versteuerung lässt sich allerdings deutlich oder sogar komplett reduzieren, wenn der Nutzer ein Fahrtenbuch führt, in dem die geschäftlichen und privaten Fahrten getrennt dokumentiert werden.
Dennoch haben sich 93 Prozent der "Mobilitynutzer", so werden bei A.T. Kearney diejenigen Mitarbeiter bezeichnet, die die Alternativen zum Dienstwagen wählen, für das Mobilitätsbudget entschieden und nur sieben Prozent für die Freifahrten bei der Bahn.
Ein weiterer Vorteil des flexiblen Mobilitätsbudgets gegenüber dem Dienstwagen und der Bahncard: "Sollte jemand frühzeitig ausscheiden oder es nicht nutzen, sind es Eins-zu-eins-Savings für das Unternehmen. Und das ist schon etwas, womit man sich auch kostentechnisch sehr attraktiv aufstellt", sagt Brombacher.
Doch den Dienstwagen abzuschaffen, war weder das Ziel von Sixt bei der Entwicklung von MaaS noch das von der Unternehmensberatung, als sie das Mobilitätsbudget einführte. Es sollte ein Angebot geschaffen werden, das flexibler ist und besser zu den individuellen Bedürfnissen der verschiedenen Mitarbeiter passt. "Es geht nicht darum, ein etabliertes Modell abzulösen oder jemandem etwas Neues aufzuzwängen. Es geht um Flexibilität und das richtige Angebot für individuelle Bedürfnisse. Jeder soll die Wahlmöglichkeit haben", sagt Markus Maier, Senior Manager New Mobility bei Sixt. "Der prozentuale Teil derer, die solche ergänzenden Lösungen nutzen, wird zunehmen", glaubt er.
Konzept ist aufgegangen
Das neue Konzept kommt laut A.T. Kearney gut in der Belegschaft an."Wir haben schon super Erfolge und sehr gutes Feedback bei der Nutzung erzielt und erwarten auch noch wesentlich mehr", sagt Telzerow. Sie rechnet damit, dass zum Ende des Jahres 20 Prozent der dienstwagenberechtigten Mitarbeiter eine der zwei Alternativen zum Dienstwagen gewählt haben werden.
Schon gut zwei Monate nach der Einführung zeigt sich bereits, dass der Plan aufgegangen ist, mit dem Incentive gezielt für die jungen Nachwuchskräfte einen Mehrwert zu schaffen: Über 60 Prozent der Mitarbeiter, die sich bereits dafür entschieden haben, sind jünger als 30 Jahre, 75 Prozent leben wie Manuel Gabler in einer Großstadt. Überwiegend handelt es sich um Mitarbeiter, die zuvor auf einen Wagen verzichtet hatten. "Wir haben einige Leasingverträge, die dieses Jahr auslaufen. Hier haben wir bereits Anfragen zum Mobility-Budget bekommen und die Mitarbeiter überlegen, eventuell zu wechseln", sagt Christine George, Manager Compensation & Benefits bei A.T. Kearney.
Angebot weiter ausbauen
Auf der ersten Erfolgswelle will sich die Unternehmensberatung im Wettbewerb um die qualifiziertesten Mitarbeiter allerdings nicht ausruhen. "Wichtig ist, dass wir einen kreativen Weiterentwicklungsprozess haben. Das Konzept, das wir jetzt anbieten, ist nicht in Stein gemeißelt. Wir wollen es permanent verbessern und erweitern, um für unsere Mitarbeiter etwas Gutes zu schaffen", sagt Telzerow. Auch Sixt plant weitere Bausteine in seinem Mobilitätsbudget."Die Reise ist ja noch nicht zu Ende. Auch für uns nicht", sagt Maier.
Als nächste Ausbaustufe kann sich A.T. Kearney vorstellen, den Mitarbeitern, die sich bewusst für einen kleineren Dienstwagen oder für ein Elektrofahrzeug entscheiden, einen finanziellen Ausgleich aus dem Mobilitätsbudget anzubieten. Das sei auch aus Arbeitgebersicht interessant und käme zudem der Umwelt zugute. Und für den Mitarbeiter wäre dies ein weiteres Plus an der allseits gewünschten Flexibilität. Mehr Win-win geht dann bald nicht mehr.
In Kürze
A.T. Kearney
Die internationale Managementberatung ist mit mehr als 3.600 Mitarbeitern in über 40 Ländern vertreten. In der D-A-CH-Region mit 500 Mitarbeitern unterhält das Beratungsunternehmen Büros in Berlin, München, Düsseldorf, Wien und Zürich. Zu den Kunden zählen drei Viertel der Firmen, die in den Fortune Global 500 gelistet sind, eine jährlich erscheinende Liste der 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt.
- Ausgabe 04/2018 Seite 28 (204.8 KB, PDF)