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Großer Trendsetter

01.07.2016 06:00 Uhr
Großer Trendsetter

Marktbeobachter sehen das Vereinigte Königreich als den innovativsten und ausgereiftesten Flottenmarkt an. Viele Neuerungen entstehen hier und werden dann in das restliche Europac "exportiert".

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_ Unsere Rundreise durch die europäischen Flottenmärkte beginnt nicht zufällig in Großbritannien. Der britische Markt ist nicht nur einer der größten Flottenmärkte, sondern auch besonders innovativ und ausgereift. Viele Services und Marktplayer, auf die internationale Fuhrparkbetreiber im Vereinigten Königreich stoßen, sind aus dem deutschen Markt vertraut. Aber es gibt auch viele Anforderungen an den Flottenmanager, die sich deutlich unterscheiden.

Entwicklung des Flottenmarkts

Gemäß den Daten der britischen Society Of Motor Manufacturers & Traders (SMMT) hat Großbritannien in 2015 im vierten Jahr in Folge ein starkes Wachstum bei den Neuzulassungen gezeigt. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr über 2,6 Millionen Fahrzeuge zugelassen, ein Plus von 2,6 Prozent. Der britische Flottenmarkt wuchs im Jahr 2015 um knapp zehn Prozent und erreichte damit ein Allzeithoch bei gewerblichen Zulassungen von mehr als 1,4 Millionen Fahrzeugen. Dieser Sektor ist damit für über 54 Prozent aller Neuzulassungen verantwortlich und somit von ähnlich hoher Relevanz für die Automobilhersteller und -importeure wie in Deutschland.

Ford hält deutlich den größten Marktanteil in Großbritannien und konnte zudem ein deutliches Wachstum erzielen (siehe Tabelle 1). Eine ähnliche Zuwachsrate verzeichnete BMW, allerdings auf insgesamt deutlich niedrigerem Niveau.

Die Umweltverträglichkeit der Firmenwagen steht auch in Großbritannien ganz oben auf der Agenda. Man erwartet hier eine weiter stark ansteigende Nachfrage nach Fahrzeugen mit geringem CO2-Ausstoß, wodurch die durchschnittlichen CO2-Emissionen in Flotten auf ca. 115g/km sinken sollten, bei Neuzulassungen auf zirka 110 g/km. Die Nachfrage für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben war in Großbritannien im vergangenen Jahr um zirka 40 Prozent angestiegen. Hybrid-Fahrzeuge verdoppelten sich bei den Neuzulassungen, Elektro-Fahrzeuge nahmen um etwa 50 Prozent zu.

Flotten-Leasing-Sektor

Die British Vehicle Rental and Leasing Association (BVRLA), der Verband der Leasing- und Autovermietunternehmen, stellte im Flottenleasing-Sektor ebenfalls ein stetiges Wachstum fest. Die Bestände der Mitgliedsunternehmen wuchsen in 2015 um etwa elf Prozent. Für 2016 erwartet der Verband ein einstelliges Wachstum im Flottensegment.

Die Top 5 der Leasinggesellschaften werden von einem lokalen "Platzhirsch" angeführt: Lex Autolease liegt an der Spitze der britischen Leasingbranche mit einer Flotte von 291.111 Fahrzeugen im Jahr 2015 (siehe Tabelle 2). Lex dominiert den Markt deutlich. Der nächstgrößte Anbieter, Leaseplan, hat in Großbritannien einen um fast 50 Prozent kleineren Fahrzeugbestand. Die Unternehmen der nachfolgenden Spitzengruppe sind alle auch in Deutschland vertreten.

Unterschiede zum übrigen Europa

Da die Besteuerung auch in einem vereinten Europa ganz überwiegend national erfolgt, ist die Kraftfahrzeugsteuer in Großbritannien anders gestaltet als bei uns. Als eines der ersten Länder in Europa wurde dort bereits vor 15 Jahren eine CO2-bezogene Steuerkomponente eingeführt, die die hubraumbezogene Steuer ablöste.

Die Zielsetzung ist klar: Hohe CO2-Emissionen führen auf Seiten des Unternehmens zu niedriger Absetzbarkeit der Flottenkosten - auf der Seite des Mitarbeiters zu hoher Besteuerung des geldwerten Vorteils.

Die heutige Kfz-Steuerregelung unterscheidet 13 verschiedene, auf dem CO2-Ausstoß basierende Kategorien, denen eine entsprechende Steuer zugeordnet ist. Für alternative Kraftstoffe gibt es entsprechende Nachlässe.

Auch die steuerliche Abzugsfähigkeit von Firmenfahrzeugen als Betriebsausgaben ist seit 2013 konsequent am CO2-Ausstoß ausgerichtet. Abhängig von der Höhe der Emissionen können sie anteilig abgesetzt werden. Ausgaben für Fahrzeuge mit weniger als 95 g CO2/km oder Elektrofahrzeuge können im ersten Jahr sogar zu 100 Prozent geltend gemacht werden.

Mit der gleichen Logik wird die Privatnutzung von Firmenwagen besteuert. Auch hier hängt die Höhe der Besteuerung des geldwerten Vorteils vom CO2-Ausstoß ab. Hinzu kommt, dass bei kostenfreier Privatnutzung des Firmenwagens inklusive Kraftstoff das Unternehmen nur für den geschäftlichen Teil der Kraftstoffkosten die Mehrwertsteuer absetzen kann. Diese Regelung soll die Mitarbeiter dazu bewegen, verstärkt auf den Verbrauch zu achten. Die Besteuerung ist zudem mit einem jährlichen Anstieg konzipiert.

Diese Regelungen führen dazu - und das ist klar das politische Ziel -, dass die Unternehmen ihre Car Policy in Bezug auf CO2 regelmäßig anpassen müssen, um eine hohe Besteuerung für ihre Mitarbeiter zu vermeiden. Dieser Aufwand führt allerdings auch dazu, dass immer mehr Unternehmen neben dem Firmenwagen eine Fahrzeugpauschale anbieten.

Full-Service-Leasing

Wie in vielen europäischen Ländern wird auch in Großbritannien das Full-Service-Leasing, also geschlossene Leasing-Konzepte, mehrheitlich von Unternehmen genutzt. Allerdings seien in Großbritannien deutlich transparentere Konzepte im Einsatz, erläutert Graham Rees, Geschäftsführer von Fleetworx und Partner von Fleetcompetence Europe in Großbritannien. Die Flottenbetreiber forderten von ihren Leasinggesellschaften eine deutlich umfassendere Einsicht in die Kalkulationen in Bezug auf Kosten und Ertrag. Daraus resultiere üblicherweise auch eine Aufteilung der Erträge zwischen Dienstleister und Kunde.

Einen weiteren Unterschied im britischen Flottenmarkt stellt Graham Rees bei den im Full-Service-Leasing eingeschlossenen Bausteinen fest. Leistungen wie Wartung, Treibstoff, Reifen oder Glasersatz würden zunehmend aus dem Leistungsumfang herausgenommen und auf Istkostenbasis abgerechnet. Gleiches gelte für die Versicherungslösung, die ebenfalls meist gesondert abgeschlossen wird. Dieser Trend geht einher mit der verstärkten Nutzung spezialisierter Dienstleister, die diese Service-Bausteine für den Kunden abwickeln.

In Großbritannien sind zudem in wesentlich größerem Umfang Telematik-Lösungen und Software-Applikationen im direkten operativen Flottenmanagement im Einsatz. Diese werden verstärkt auch zur Kommunikation zwischen Fahrer und Leasinggesellschaft oder Flottenmanagement-Dienstleister genutzt.

Der hohe Einsatz von Telematik-Lösungen in Großbritannien mag mit einer rechtlichen Besonderheit zusammenhängen, die es im übrigen Europa so (noch) nicht gibt: der gesetzlichen Pflicht des Unternehmens und seiner Geschäftsleitung, für die Sicherheit der Mitarbeiter zu sorgen, die einen Firmenwagen oder ihren Privatwagen geschäftlich nutzen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, können die Unternehmen andere Mittel einsetzen.

So ist es für ein britisches Unternehmen zum Beispiel Standard, dass es bezüglich Verkehrsverstöße die "Punkte-Statistik" eines Mitarbeiters mit Firmenwagen online abrufen kann. Das ist auch nachvollziehbar, da nur so vorbeugend agiert werden kann.

Trends des britischen Flottenmarktes

Betrachtet man einen Flottenmarkt näher, ist es insbesondere wichtig zu erkennen, welche Trends sich abzeichnen. Graham Rees sieht folgende vier Trends im britischen Flottensegment:

- Outsourcing: Eine weitergehende Auslagerung des Flottenmanagements wird zunehmend beliebter, da immer mehr Unternehmen das operative Flottenmanagement nicht zu den unternehmerischen Kernaufgaben zählen.

- Konsolidierung: Entlang der gesamten Lieferkette erfolgt eine Konsolidierung der Anbieterpalette. In allen Bereichen werden Nischenanbieter von größeren Unternehmen aufgekauft. Dies führt zu stärkeren Dienstleistern, aber auch zu immer weniger Auswahl für die Kunden.

- Flottendaten: Unternehmen nutzen zunehmend die verfügbaren Daten zur Flotte, aber auch einzelnen Fahrzeugen, um ein effizientes Flottenmanagement zu erreichen.

- Technologischer Fortschritt: Die Nutzung innovativer Technologien in der direkten Verwaltung von Fahrern und bei der Bereitstellung von Services wird sich verstärken. Hier haben die Dienstleister die Möglichkeit, Kosten zu senken und dadurch profitabler und wettbewerbsfähig zu werden.

Zukünftige Herausforderungen

Ich habe Graham Rees zudem weiter befragt, welche Herausforderungen er für den britischen Flottenmarkt in den kommenden Jahren sieht. Nach seiner Ansicht werden folgende Punkte dabei wichtig sein:

- Die zunehmende Globalisierung führt dazu, dass immer mehr Länder durch zentrale Geschäftsbereiche gesteuert werden - einschließlich Flottenmanagementaufgaben. Dies bewirkt, dass sich das Flottenmanagement immer mehr von einer lokalen zu einer regionalen oder sogar globalen Funktion entwickelt. Dies erfordert zunehmend andere Tools und Profile aufseiten der Flottenmanager, aber auch der Dienstleister.

- Das Outsourcing von Nicht-Kernaktivitäten des Unternehmens, wie des Flottenmanagements, beruht maßgeblich auf der zunehmenden Restriktion bei Personalressourcen. Dies führt letztlich dazu, dass Unternehmen immer mehr interne Spezialisten verlieren und die Wahl des externen Dienstleisters an Bedeutung gewinnt.

- In Bezug auf die Attraktivität von Unternehmen wird es aufgrund der steuerlichen Regelungen zunehmend herausfordernder, die Balance zwischen einem attraktiven Firmenwagen-Paket und den Erwartungen der Mitarbeiter zu halten. Eine regelmäßige Anpassung der Car Policy wird zwingend notwendig, bedeutet aber auf der anderen Seite einen erhöhten Aufwand.

Case Study

Wie sich das Thema Globalisierung in der Praxis des Flottenmanagements auswirkt, beleuchtet ein von Rees durchgeführtes Projekt. Kunde war ein Technologie-Unternehmen mit 1.800 Firmenwagen in 19 Ländern innerhalb Europas und dem Mittleren Osten. Ziel war es, die Kosten um zirka zehn Prozent zu reduzieren. Um dies zu erreichen, sollte die Lieferkette im Flottenmanagement stark konsolidiert werden.

Zur Erreichung dieses Ziels wurden eine Reihe von Maßnahmen implementiert:

Der erste Schritt war die Analyse der Car Policy in den Ländern. Diese ergab massive Abweichungen, die den Entwurf einer neuen und konsequenten europäischen Car Policy notwendig machten. Diese Politik wurde so gestaltet, dass sie die Regelungen über alle Länder wesentlich vereinheitlichte, aber flexibel genug blieb, um regionale und kulturelle Abweichungen zu ermöglichen.

Anschließend wurde die Lieferantenbasis in Bezug auf die Fahrzeughersteller durchleuchtet und so neu ausgerichtet, dass die gewünschte Kostenreduzierung beim Kunden erreicht werden konnte. Bei der Auswahl der Modelle wurde dabei die Balance zwischen kulturellen Besonderheiten der Länder und optimalen Kosten gefunden. Die Konsolidierung weiterer Lieferanten im Bereich Flottenmanagement führte insgesamt zu einer Kostenreduzierung von über zehn Prozent.

Fahrsicherheit

Vergleich zum deutschen Flottenmarkt

_ In Bezug auf die Fahrersicherheit haben wir in Deutschland zwar keine solch intensiven Haftungsregeln wie in Großbritannien, bei der der Arbeitgeber beispielsweise auch für die Verkehrssicherheit der Privatfahrzeuge bei geschäftlicher Nutzung zur Verantwortung gezogen wird.Aber auch in Deutschland wird dem Thema im Zuge der Halterhaftung der Arbeitgeber mehr und mehr Bedeutung beigemessen. Hier ist zum Beispiel die Führerscheinkontrolle angesiedelt, für die es allerdings unverändert keine klare gesetzliche Regelung gibt.Für Firmenfahrzeuge sind zudem die Unfallverhütungsvorschriften durch die DGUV Vorschrift 70 relevant. Diese schreibt vor, welche Maßnahmen der Arbeitgeber ergreifen muss, um sicherzustellen, dass sein Arbeitnehmer einen sicheren "Arbeitsplatz Auto" hat. Sowohl die Organisation und Verwaltung der UVV Prüfung nach dieser Vorschrift als auch die ebenfalls durch das Arbeitsschutzgesetz im §12 ArbSchG vorgeschriebenen jährlichen Fahrerunterweisungen werden immer professioneller durch entsprechende Dienstleister unterstützt.In Bezug auf das Fahrverhalten selbst gibt es einen klaren Trend bei Unternehmen, durch entsprechende Schulungen (auch mehr und mehr ressourcensparend online) sowohl Fahrsicherheit als auch Verbrauchsorientierung zu verbessern.Roland Vogt, Geschäftsführer Fleetcompetence Deutschland

Thilo von UlmensteinManaging Partner bei Fleetcompetence Europe. Das Schweizer Beratungsunternehmen unterstützt mit seiner Expertise Unternehmen im Bereich Flotten- und Mobilitätsmanagement. Es ist mit einer Tochtergesellschaft in Deutschland vertreten und verfügt darüber hinaus über ein Netzwerk spezialisierter Fachexperten in Europa. Das Unternehmen bietet nationales und internationales Consulting für Flottenbetreiber und Dienstleister an und führt für sie Schulungen und Trainings sowie Marktstudien durch. Mit dem "International Fleet Meeting Geneva" hat Fleetcompetence Europe zudem innerhalb weniger Jahre eine anerkannte Networking-Plattform am Autosalon Genf für die internationale Flotten-Branche geschaffen. Weitere Informationen:

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Autoflotte ist die monatlich erscheinende Fachzeitschrift für den Flottenmarkt im deutschsprachigen Raum. Zielgruppe in diesem wachsenden Markt sind die Fuhrpark-Entscheider in Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen mit mehr als zehn PKW/Kombi und/oder Transportern. Vorstände, Geschäftsführer, Führungskräfte und weitere Entscheider greifen auf Autoflotte zurück, um Kostensenkungspotenziale auszumachen, intelligente Problemlösungen kennen zu lernen und sich über technische und nichttechnische Innovationen zu informieren.