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Elektroauto-Offensive von VW: Wolfsburg will den Stecker

05.08.2016 12:00 Uhr
Elektroauto-Offensive von VW: Wolfsburg will den Stecker
VW will in zehn Jahren zwei bis drei Millionen reine Elektroautos verkaufen.
© Foto: VW

Manchmal hat etwas Schlechtes auch sein Gutes. Der Dieselskandal bei Volkswagen ist für die künftige Ausrichtung des Konzerns ein Katalysator und beschleunigt die Fahrt in Richtung saubere Mobilität.

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Von Michael Specht/SP-X

Es tut sich was in Wolfsburg. Man hat sogar ganz Großes vor. Volkswagen-Chef Matthias Müller kündigte kürzlich auf der Hauptversammlung an, dass in weniger als zehn Jahren konzernweit jährlich zwei bis drei Millionen reine Elektroautos verkauft werden sollen. Das wären gut 25 Prozent des gesamten Absatzes. Die Zahl der E-Modelle soll laut Müller bei etwa 30 liegen. Eine imposante Steigerung gegenüber jenen zwei, die Europas nach wie vor größter Autobauer derzeit anbietet. Selbst Marken wie Bugatti und Bentley dürften damit von der künftigen Elektrifizierung betroffen sein.

Für die Umsetzung der neuen Antriebstechnologie bedarf es gewaltiger Investitionen. Ohne stringente Plattform-Strategie wird es nicht gehen. Volkswagen ist dabei, einen Modularen Elektrifizierungsbaukasten (MEB) auf die Räder zu stellen. Dieser ist so ausgelegt, dass er sowohl Brennstoffzellen-Fahrzeuge als auch batterieelektrische Autos abdeckt. Es reicht allerdings nur für kleinere und mittelgroße Modelle, ähnlich wie heute beim MQB (Modularer Querbaukasten).

Seit Ende 2013 bietet VW den e-Up an. 2014 kam der e-Golf hinzu. Vom kleineren Stromer will Volkswagen bis Ende 2016 rund 14.000 Einheiten produziert haben, beim Elektro-Golf sollen 34.000 Stück sein. Bei beiden handelt es sich hier noch um auf E-Antrieb umgebaute Serienmodelle, für die ursprünglich ein Verbrennungsmotor vorgesehen war, auch wenn der MQB beim Golf schon eine hohe Flexibilität in Sachen Antriebsvielfalt vorweist. Auch die Fertigung der beiden E-Autos auf ein und derselben Linie zusammen mit ihren jeweiligen Diesel-, Benzin- und CNG-Varianten war Volkswagen aus Kostengründen enorm wichtig. Ob dies in Zukunft so bleiben kann, wird derzeit im Konzern diskutiert.

Reichweiten-Update beim e-Golf

Zunächst: Golf und Up behalten ihren Elektroantrieb bis zum Ende ihrer Modellzyklen. Für den Bestseller im Kompaktsegment, der Anfang nächsten Jahres ein Facelift bekommt, das unter anderem ein voll-digitales virtuelles Cockpit und neue Motoren beinhaltet, planen die Wolfsburger in der E-Variante ein Batterie-Update. Die Kapazität des Akkus soll von 24 auf rund 35 kWh steigen, was eine Reichweite von über 300 Kilometern nach NEFZ bedeuten würde. Nicht zuletzt sind die Wolfsburger hier ein wenig in Zugzwang, weil BMW derzeit seinen i3 überarbeitet und mit 330 Kilometern (zuvor 190 km) die zweite Runde ums Reichweitenrennen eingeläutet hat.

Wie ernst Volkswagen die Sache angeht, zeigt auch der Plan, eine eigene Batteriefabrik zu bauen, um die Abhängigkeit von den asiatischen Batteriezellen-Herstellern zu verlieren. Zumindest lässt Müller diese Vorhaben momentan durchrechnen. Experten stehen dem mit Zweifeln gegenüber. Die Erfahrungen, die Firmen wie Samsung, LG oder Panasonic in Sachen Zellforschung und Produktions-Effizienz besitzen, sind kaum noch aufzuholen.

Auf dem Pariser Autosalon im Herbst, so ist zu hören, wird Volkswagen die Studie eines Compact-E-Cars präsentieren. Das NUVe (New Urban Vehicle) genannte E-Fahrzeug in Golf-Größe steht auf dem MEB-Chassis. VW verspricht die Innenraummaße eines Passat. Das NUV soll einen Ausblick auf die Serienversion geben, die für 2019 geplant ist. Frühestens ab dann sieht sich Volkswagen technisch so weit gerüstet, dass die Stromautos Reichweiten ab 400 Kilometer vorweisen können. Dass sie sich durchweg kabellos per Induktion laden lassen, wie mancherorts schon zu lesen war, ist hingegen eher unwahrscheinlich. Die Übertragungsraten – derzeit nur 3,6 kW – sind zu gering. Die Dauer einer Nacht reicht nicht, um die Akkus wieder zu füllen.

Eigene Plattformen bei Porsche und Audi

Preislich will VW beim Elektroauto ab 2019 jedoch auf dem Niveau eines leistungsmäßig vergleichbaren Dieselmodells liegen. Auch Seat und Skoda haben für 2019 jeweils ihre ersten Elektrofahrzeuge angekündigt, die sich dann der Konzerntechnik bedienen. Etwa zeitgleich kommt Porsche mit dem Serienmodell der voriges Jahr auf der IAA gezeigten Studie Mission E, einem 2+2 Sitzer mit einer 800-Volt-Batterie und einer Kapazität von 90 kWh. Leer soll sie sich in nur 15 Minuten zu 80 Prozent aufladen lassen. "Wir schaffen in vier Minuten, 100 Fahrkilometer zu laden", heißt es aus Porsche-Entwicklerkreisen. Damit wären dann auch längere Reisen möglich. Für den Mission E verwenden die Zuffenhausener eine eigene Plattform. Synergien mit dem VW-Konzern entstehen nur in den Bereichen Batteriezellen, Ladetechnik und Steuerungselektronik.

Audi läutet seine Stromer-Strategie bereits 2018 mit dem Q6 e-tron ein. Der Crossover, offiziell noch als C-BEV tituliert, steht auf einer speziellen Hochboden-Architektur, die der nächste Phaeton wohl nur in Teilen nutzen können wird. Die modulare Austauschbarkeit wie beim MEB ist hier nicht gewährleistet. VWs erstes großes Elektrofahrzeug ist "ab 2020" avisiert. Zuvor wird die MEB-Familie ausgebaut. Hierzu wollen die Wolfsburger in den kommenden zwei Jahren noch fünf weitere Studien auf den internationalen Messen präsentieren. Darunter sollen eine Limousine in Jetta-Größe, ein Crossover, ein SUV, ein Coupé und ein MPV im Touran-Format sein, ähnlich wie ihn Volkswagen im Januar dieses Jahres auf der CES in Las Vegas mit dem Budd-e gezeigt hat.

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