Die Deutsche Post wird die Produktion ihrer Streetscooter-Elektrofahrzeuge noch im Laufe des Jahres 2020 komplett einstellen. "Neubestellungen wird es keine mehr geben", sagte ein Sprecher der Post am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Die Auslieferung von Fahrzeugen werde sich voraussichtlich noch bis ins nächste Jahr hinziehen.
Man wolle die Sondierungen für einen Käufer nicht mehr weiterverfolgen, teilte der Konzern außerdem mit. Über Monate hinweg hatte die Post versucht, potenzielle Interessenten zu finden. Das Unternehmen erklärte stattdessen werde die Konzerntochter zu einem reinen Betreiber der Bestandsflotte. Der Vorstand rechnet deshalb für 2020 mit einmaligen Aufwendungen von 300 bis 400 Millionen Euro.
Noch im Februar hatte es einen überraschenden Führungswechsel bei Streetscooter gegeben: CEO Jörg Sommer verließ mit sofortiger Wirkung das Unternehmen. Markus Dörr, zuvor COO von Streetscooter, übernahm den Posten. Als Grund für den personellen Wechsel wurden unterschiedliche Auffassungen zur zukünftigen Ausrichtung von Streetscooter genannt.
Im letzten Oktober noch neue Fahrzeuggeneration vorgestellt
Ende August des vergangenen Jahres feierte das Unternehmen die Auslieferung des 10.000sten E-Lieferwagens. Im September wurden Pläne bekannt, wonach die Post-Tochter zusammen mit dem chinesischen Automobilhersteller Chery Holding einen angepassten elektrischen Lieferwagen speziell für China und möglicherweise weitere Länder bauen wolle. Im Oktober wiederum stellte Streetscooter noch die neue Generation seiner Elektrotransporter "Work" und "Work L" vor. Sie soll sich durch eine höhere Zuladung und Ladeleistung sowie eine umfangreichere Serienausstattung auszeichnen.
Das konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Geschäft des Herstellers von Elektronutzfahrzeugen bisher defizitär ist. Für 2019 rechnete Post-Chef Frank Appel mit einem signifikanten Fehlbetrag in zweistelliger Millionen-Höhe. Der Konzern hielt deshalb seit einiger Zeit nach einem Käufer oder Kooperationspartner Ausschau.
Streetscooter war im Jahr 2010 von Professoren der Aachener Universität RWTH gegründet worden. 2014 kaufte die Post das Unternehmen, um ihre Flotte klimaschonender machen. Anfangs war das medial ein Coup – der Schritt hin zur Herstellung eigener Stromer wurde als Beleg gewertet, dass klassische Autobauer beim Elektrothema nicht aus den Puschen kamen. 2017 wurde neben Aachen ein zweites Werk in Düren gebaut, damit stiegen die Produktionskapazitäten pro Jahr auf bis zu 20.000 Fahrzeuge. Seit Herbst 2018 wird zusammen mit Ford auch ein größeres Modell produziert. (dpa/ah)