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Die Mitterfelder: Elektromobilität - nicht für alle

07.03.2022 14:40 Uhr | Lesezeit: 5 min
Die Mitterfelder: Elektromobilität - nicht für alle
Ulla Kehl (links), Christiane Ammer-Wabnitz (mittig) und Joachim Doppstadt im Gespräch.
© Foto: Rocco Swantusch/Autoflotte

Nüchtern betrachtet helfen E-Autos, Emissionen zu senken und die Lebensqualität aller zu steigern. Um Lebensqualität geht es auch bei "den Mitterfeldern".

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"In der Mauerkircher Straße fing alles an", erzählt Christiane Ammer-Wabnitz, Vorständin der Stiftung Kath. Familien- und Altenpflegewerk, sozusagen der Dachorganisation von "Die Mitterfelder gGmbH". Wir sitzen im großen Besprechungsraum in der Mitterfeldstraße - daher kommt der Name - in München. Mit dabei sind auch Ulla Kehl, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Einrichtung, und Joachim Doppstadt, Schatzmeister sowie Elektroauto-Enthusiast. "Es war schon damals ein Wohnheim mit Schule, Büros und Tagespflege in einem 50er-Jahre-Bau. Das war hochherrschaftlich", führt Doppstadt aus. Angefangen hat es dort 1956, um genau zu sein. Die Mauerkircher Straße ist längst passé. Aber bis heute sind die Pflege von Bedürftigen und die Aus- und Weiterbildung in Pflegeberufen das, worum es hier geht. Mit Herzblut.

Vier Standorte in München

Vier Standorte gibt es in München. In der Zentrale in der Mitterfeldstraße laufen alle Stränge zusammen. Eingebettet ist die Zentrale in das Projekt "Wohnen im Viertel", das gemeinsam mit der städtischen Wohnbaugesellschaft GEWOFAG betrieben wird. Das Gebäude hat Ende der 1970er-Jahre den Bauherrenpreis als Quartiersmodell bekommen. Kleine Wohnungen helfen, für vornehmlich einkommensschwache Menschen, ein neues Zuhause zu finden, oft sind es Ältere und Menschen mit Bewegungseinschränkungen. Unterstützung im Alltag kommt auf Wunsch von "den Mitterfeldern", die mittendrin sind. Wer nicht hier wohnen kann oder möchte, bekommt ambulante Unterstützung in den eigenen Wänden oder wird zur Tagespflege abgeholt, damit Kontakte weiterhin gepflegt werden können.

In der Pflegeeinrichtung selbst gibt es Zimmer für Azubis in den Pflegeberufen. Vier fangen jedes Jahr neu an. Hinzu kommen rund 200 Schüler, die in dem Komplex den Theorieteil ihrer Ausbildung oder eine Weiterqualifizierung absolvieren. Sie kommen aus allen Pflegeeinrichtungen und derzeit aus 64 Nationen."Pflege war bis vor kurzem nicht fair bezahlt. Dabei ist gerade in der Ausbildung das Gehalt extraordinär gut," wie Wabnitz hervorhebt. "Und auch das Einstiegsgehalt hier in München direkt nach der Ausbildung liegt bei uns bei 3.000 Euro." Wohnungen für Angestellte sind zudem ein Schlüssel zur Mitarbeiterfindung. Denn oft endet das Visum mit der Ausbildung, sofern kein fester Arbeitsplatz UND keine Wohnung nachgewiesen werden können. Dabei ist ein unbefristeter Arbeitsvertrag meist nicht das Problem.

28 Fahrzeuge, zwei elektrisch

Damit die ambulante Pflege und der Fahrservice funktionieren, benötigen die Angestellten ihr Arbeitsgerät. Das sind aktuell ein E-Bike und 20 Seat Mii und VW Up sowie acht Kleinbusse. Rund 10.000 Kilometer spult jeder Wagen pro Jahr ab - überschaubar und prädestiniert für die E-Mobilität. "Wir nehmen jetzt nochmal drei Jahre den VW Up und haben Zeit, alles umzustellen und das richtige Auto zu finden", sagt Doppstadt. Gefunden hatte es Doppstadt eigentlich bereits - dachte er.

Der elektrische Nissan E-NV 200 Evalia ist mittlerweile fester Bestandteil der Flotte - bislang jedoch nur in der Station in der Kreillerstraße. Dort wurden - gefördert von der Stadt München - die Voraussetzungen für die E-Mobilität geschaffen. Denn "in der Kreillerstraße haben wir eine Wohn-Geschäftsimmobilie und mit der Stadt München ein Arrangement getroffen, dass die die Tiefgarage mit 56 Plätzen elektrifizieren. Da sind 275 kW Anschlussleistung. Nicht genug, wenn alle gleichzeitig laden wollen. Aber mittels Lastmanagement sind wir zukunftsfähig aufgestellt.

Dass mit den E-Autos wird am Hauptsitz und den anderen Standorten noch etwas dauern. Auch wenn Doppstadt und Wabnitz überzeugt sind, dass es der bessere Antrieb ist. Eine Hürde: die Fahrzeuge selbst. Abgemacht war bereits, dass nach den 20 Seat Mii mit Benzinmotor 16 Seat Mii electric folgen. Doch bei der Bestellung hieß es: ausverkauft und eingestellt. Auch die Nachfrage bei VW, die den Zwilling namens e-Up noch etwas länger im Angebot hatten, führte nicht zum Erfolg. So hat Doppstadt abermals Verbrenner geordert - keine Seat Mii, denn auch die gab es nicht mehr. Jetzt sind es VW Up mit Benzinmotor. Dass in Kürze der VW e-Up reanimiert wird, kommt zu spät.

Die Ladeinfrastruktur

Damit verschiebt sich jedoch ein weiteres Problem, das an den drei Standorten nicht so einfach gelöst werden kann. Dass sich die Mitterfelder nicht nur einen grünen Anstrich verpassen wollen, sondern grün und sozial handeln, ist obligatorisch. Daher ist die eigene Stromproduktion via Photovoltaik ein Thema, das Wabnitz, Kehl und Doppstadt am Herzen liegt. Was in der Mitterfeldstraße technisch möglich ist, relativiert sich in Grünwald, denn dort ist nicht einmal eine Ladestation in oder am Mietobjekt realisierbar - obwohl das Gebäude gerade vier Jahre alt ist.

Aber auch am Hauptstandort ist noch nicht alles auf Grün gestellt."Bevor wir eine Photovoltaik-Anlage installieren lassen, müssen wir klären, ob wir unser Gebäude um eine Etage aufstocken - den Platz können wir gebrauchen. Wir benötigen jetzt einen Fachmann, der das mit uns angeht", sagt Wabnitz, wohlwissend, dass der Standort laut Doppstadt "auf 66 Prozent Stromautarkie kommen kann. Das ist bei unseren Stromkosten von rund 30.000 Euro im Jahr durchaus relevant. Nach etwa drei Jahren hätten wir also ein Return on Investment." Und Wabnitz schildert, dass "gerade die Entwicklung der vergangenen zwei Jahre zeigt, wie Digitalisierung den Strombedarf erhöht hat - ohne E-Autos. Wir haben mittags extreme Lastspitzen. Unsere Leute fahren morgens los, kommen mittags zurück und abends kommt eine neue Schicht. Ein Benefit für Mitarbeiter wäre auch, dass diese perspektivisch ihre privaten Fahrzeuge anschließen könnten. Dann wird die Ausnutzung effizienter."

Wenige angepasste Modelle

Doch die oben skizzierten Schwierigkeiten bei der Fahrzeugbeschaffung sind für Doppstadt nicht neu. Als er sich vor einigen Jahren in das Thema einarbeitete und vom zusammengewürfelten Kauffuhrpark auf Leasing umstellen wollte, fragte er bei Sixt nach Konditionen. Er hatte aus vorangegangener Tätigkeit gute Erfahrungen mit den Pullachern gemacht. "Nachdem ich sagte, dass ich jetzt "Pflege" mache, sagte man am Telefon, dass sie aber keine Pflege machen. Da habe ich mir den ersten Schiefer eingezogen." Mit unserem Händler haben wir vor zirka sieben Jahren auf VW Leasing umstellen können. "

Da mittelfristig nicht nur die Kleinstwagen elektrifiziert werden sollen, informiert sich das Trio stets, wie es mit E-Bussen aussieht. Doch Wabnitz wirft ein:"Es gibt aktuell keinen gescheiten Bus, der für den Transport älterer Menschen geeignet ist. Alle sind zu niedrig und eng - und das unabhängig vom Antrieb. Stets fehlen vernünftige Haltegriffe zum Ein- und Aussteigen und in die dritte Reihe kommt kaum ein älterer Mensch. Gefühlt hat sich in den letzten 20 Jahren nichts weiterentwickelt; die Fahrzeuge sind für junge Menschen gemacht. Dabei sind die älteren in der Mehrheit. Ähnlich sieht das bei den Rollstühlen aus. Da gab es kaum Weiterentwicklung. Aber schauen Sie sich hingegen mal einen modernen Hightech-Kinderwagen und einen von 1980 an."


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