Herr Bauer, wie haben sich die Marken Seat und Cupra 2023 entwickelt?
Bernhard Bauer: Das vergangene Jahr war für uns sehr erfolgreich. Das war nicht selbstverständlich und auch nicht so vorhersehbar. Wir haben Ende 2022 sehr viele Auslieferungen aufgrund des Auslaufens der Prämien für unsere Plug-in-Hybride vorgezogen und sind dann entsprechend schwächer gestartet. Erst nach dem ersten Quartal begann die "Aufholrallye". Bis zum Sommer waren wir dann auf dem richtigen Kurs.
Wir hatten teilweise einen Marktanteil von mehr als fünf Prozent. Die Pace haben wir also sehr gut gehalten. Da kann man sicher von einer enormen Entwicklung sprechen. Wichtig ist vor allem, dass der Handel Geld verdient hat und die Stimmung weiterhin hervorragend ist. Unsere Händlerinnen und Händler machen einen tollen Job, sind eines unserer "Assets" und stehen voll hinter unseren beiden Marken. Wir sind sehr stolz auf unser starkes Händlernetz.
Seat Ibiza 40 Jahre
BildergalerieWie lautet also das Ergebnis in Zahlen?
Bauer: Die Bilanz kann sich mit einem Wachstum von 18,8 Prozent gegenüber 2022 und mit 132.624 Neuzulassungen sehen lassen. Das ist der zweitbeste Wert für den deutschen Markt in der Geschichte der Seat Deutschland GmbH. Damit liegen wir nur knapp hinter dem Rekord aus dem Jahr 2019 mit 138.670 Neuzulassungen. Allerdings stieg der Marktanteil im vergangenen Jahr um 0,5 Prozentpunkte auf den neuen Bestwert von 4,7 Prozent. Wir sind an namhaften Wettbewerbern vorbeigezogen und jetzt auf Position Nummer sieben der beliebtesten Marken in Deutschland. Bei den Privatkundinnen und -kunden lagen wir zeitweise auf Platz drei und sind mit dem vierten Platz sehr zufrieden. Da kann man sicher von einer soliden Entwicklung sprechen.
Seat und Cupra sind bei den privaten Zulassungen also deutlich stärker als bei den relevanten Flotten. Sehen Sie bei den gewerblichen Flotten künftig ein stärkeres Wachstum?
Bauer: Wenn man sich die absoluten Zahlen anschaut, dann stimmt das. Man muss diese Zahlen aber in Relation zur Größe des relevanten Flottenmarktes sehen. Hier haben wir 2023 mit einem Marktanteil von 4,8 Prozent und 46.927 Neuzulassungen ein Wachstum von 8,1 Prozent im Vergleich zu 2022 erreicht und damit ebenfalls sehr gut performt.
Gleichzeitig ist die Nachfrage da und wir bieten mit unseren beiden Marken relevante Modelle bei einer breiten Angebotspalette – vom sparsamen Benziner und Diesel bis zu Plug-in-Hybrid und vollelektrischem Antrieb. Hiermit können wir die unterschiedlichen Bedürfnisse kleiner bis großer Flotten vollumfänglich abdecken.
Welche Entwicklungen erwarten Sie auf dem Flottenmarkt?
Bauer: Seat ist bereits seit vielen Jahren auf dem Flottenmarkt etabliert und Cupra leistet einen wachsenden Beitrag hin zu einer weiterhin positiven Entwicklung. Über Key-Account-Management und Leistungszentren im Handel gewährleisten wir eine gezielte Betreuung und sind nah an unseren gewerblichen Kundinnen und Kunden. Was die allgemeine Entwicklung angeht, so stellen wir trotz der bereits im September ausgelaufenen Förderung weiterhin ein Interesse an Elektromobilität fest – vor allem bei großen Unternehmen und Fuhrparks.
Die Reduzierung von CO2-Emissionen und grundsätzlich das Thema Nachhaltigkeit spielt auch dort eine Rolle. Und da wir in diesem Jahr mit dem Cupra Tavascan ein weiteres Elektromodell auf den Markt bringen werden, sehen wir uns hier auch besser aufgestellt. Die Nachfrage für das vollelektrische SUV-Coupé ist auf jeden Fall vorhanden.
Seat Tarraco Test (2023)
BildergalerieDer Nachfragestau dürfte sich jetzt aufgelöst haben?
Bauer: Klar stecken in dem grundsätzlich sehr guten Ergebnis von 2023 auch noch die Auswirkungen der nicht erfüllten Aufträge der vergangenen drei Jahre. Das Geschäft von heute ist zum Teil also auch das Geschäft von vorgestern und gestern. Wir haben aber noch immer einen guten Vorlauf. Das ist dann der Sockel für dieses Jahr.
Das Zulassungsergebnis hat man ohne neue Produkte und mit deutlich geringeren Produktionskapazitäten erreicht. Wie geht es mit Seat weiter?
Bauer: Das stimmt. Wir hatten jetzt zwei Jahre kein neues Auto. Wir werden dieses Jahr bei den Produkten den Fokus auch auf Seat legen. In den vergangenen drei Jahren waren die offenen Aufträge so hoch, dass wir eigentlich kaum noch Lagerverkäufe hatten. Die Produktion war mit Cupra-Kundenbestellungen sehr stark ausgelastet. Das wird sich jetzt ändern. Wir können wieder kleinere Autos bauen und damit den Kundinnen und Kunden Autos auch wieder "zum Mitnehmen" anbieten. Der Seat-Anteil wird im ersten Halbjahr somit steigen. Dieses Geschäft werden wir also beleben. Es gibt viele Menschen, die für den Kauf eines Hybrid- oder Elektroautos noch nicht bereit sind bzw. gar nicht die Möglichkeit haben, sich die benötigte Ladeinfrastruktur zu installieren. Außerdem feiert Seat sein 40-jähriges Jubiläum. Das werden wir entsprechend zelebrieren. Das erste Halbjahr wird also Seat gehören. Die Marke hat noch eine tolle Zukunft. Der Name ist etabliert und wir haben die jüngste Kundschaft im Konzern. Wir und unsere Händlerinnen und Händler setzen weiterhin auf die Marke Seat.
Cupra ist jetzt im sechsten Jahr. Was ist in diesem Jahr zu erwarten?
Bauer: Grundsätzlich soll es natürlich bestenfalls so weitergehen wie bisher – mit einem deutlichen Wachstum. Wir haben gerade erst für alle ab Werk bestellten Neufahrzeuge die Herstellergarantie auf fünf Jahre erweitert und damit unsere bewährten Cupra Care Services erfolgreich ausgebaut. Das ist ein super Angebot und ein nicht zu unterschätzender Kaufanreiz. Aber natürlich wird es auch mal wieder Zeit für neue Autos: Ab Sommer präsentieren wir sechs Neuheiten – davon zwei neue Modelle. Es geht los mit den komplett überarbeiteten und optisch neu gestylten Cupra Leon, Cupra Leon Sportstourer und Cupra Formentor. Zusätzlich kommt der Cupra Born als VZ in einer stärkeren Variante. Dann bereiten wir die Kundinnen und Kunden auf den neuen Cupra Tavascan vor und werden die ersten Autos noch in diesem Jahr ausliefern. Als weiteres "Highlight" präsentieren wir dann den Cupra Terramar. Das u.a. als Hybrid-SUV mit rund 100 Kilometern elektrischer Reichweite verfügbare Modell wird bei Audi in Ungarn gebaut. Wir werden also beide neuen Autos noch in diesem Jahr vorstellen. Für 2024 sind wir daher perfekt aufgestellt.
Cupra DarkRebel
BildergalerieIn welche Richtung wollen Sie das Netz entwickeln?
Bauer: Wir haben jetzt rund 380 Standorte mit 200 Eigentümerinnen und Eigentümern. Dieses Ziel habe ich immer kommuniziert und daran haben wir uns gehalten. Wir brauchen die Standorte, da die Kundinnen und Kunden hierzulande in der Regel nicht mehr als 30 Minuten zum Autohaus fahren. Die Zahl der Investorinnen und Investoren wird sich langfristig auf etwa 150 einpendeln. Dies wird die Folge einer eher "natürlichen" Entwicklung sein, auch geprägt von einer Konsolidierung aufgrund fehlender Nachfolgeregelungen. Der Handel investiert jetzt aus Überzeugung in die Cupra Garagen und bis zum Ende dieses Jahres sind wir damit durch. Es macht Spaß, zu beobachten, wie sich die Marke Cupra entwickelt. Wir haben keine Angst vor den alten und neuen Wettbewerbern.
Cupra Born 58 kWh Dauertest
BildergalerieEs wird dann keine separate Ausstellung für Seat mehr geben?
Bauer: Die Partnerbetriebe verkaufen die Seat- und Cupra-Modelle unter einem Dach mit einer "Shared CI". Das hat nicht nur den Vorteil, dass sie beispielsweise keine zwei verschiedenen Sofas kaufen müssen. Alle unsere Partnerbetriebe verfügen über zwei Marken. Wir haben dazwischen keine Berührungsängste. Wir sind "ein" Unternehmen mit "zwei" Marken.
Wie läuft das Agenturgeschäft mit den BEV?
Bauer: Der Handel kommt damit gut zurecht und es gibt keine Beschwerden. Die Partnerbetriebe können bei uns vorher festlegen, ob sie den Cupra Born zum Ende der Leasinglaufzeit kaufen wollen. Rund 70 Prozent geben das Auto allerdings zurück. Wir haben das System sauber installiert und der Prozess läuft bereits im dritten Jahr recht reibungslos.
Wie lautet Ihre grundsätzliche Einschätzung für das Autojahr?
Bauer: Das Jahr wird anders werden und aufgrund der wirtschaftlichen und konjunkturellen Entwicklung vermutlich eher rückläufig sein. Man wird sich noch mehr "strecken" müssen und es wird noch wichtiger über ein engagiertes und qualifiziertes Händlernetz zu verfügen. Eine gute Ausgangsbasis für uns, um weiter zu wachsen...
Herr Bauer, herzlichen Dank für das Gespräch.