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Der wahre Aufwand für Mobilität

03.04.2018 06:00 Uhr

Kilometerkosten bei Dienstreisen Vielschichtiger als gedacht: Warum es sich in vielen Unternehmen lohnt, das Mobilitätsverhalten zu ergründen, zeigt das frei erfundene Beispiel eines Jungcontrollers.

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_ Stellen wir uns vor, ein junger Bachelor of Business Administration bewirbt sich erfolgreich in einem mittelständischen Finanzdienstleistungsunternehmen als Junior Controller und seine erste konkrete Aufgabe besteht darin, die stark angestiegenen Reisekosten zu untersuchen.

Umfassende Reisekostenreports

Voller Stolz erläuterte ihm der Leiter Controlling, dass alle Kosten sehr transparent reportet würden, es eine rollierende Planung für die zweite Jahreshälfte und das Folgejahr gebe und auch jede Menge Abweichungsanalysen vorhanden seien. Die Kostenstellenverantwortlichen hätten online Einblick in die Kostenentwicklungen ihrer Bereiche und fänden die Aufwendungen für den Fuhrpark, Bahn-, Flug- und Taxireisen, für Mietwagen und Hotelübernachtungen sauber neben den sonstigen Kosten der Reisekostenabrechnung für beliebige Zeiträume und auch heruntergebrochen bis auf den einzelnen Mitarbeiter in den Reports. Sie könnten auch erkennen, wie die aktuellen Kosten im Vergleich zu ihrer Planung stünden und welche Abweichungen sich in einer Trendberechnung ergäben, so der Controlling-Chef. So hatte sich der Hochschulabsolvent das auch vorgestellt und dieser Grad an Professionalität im Controlling passte auch zum Auftritt des Unternehmens.

Alles im grünen Bereich?

Die Gründe für den Anstieg der Reisekosten waren schnell gefunden : Zusätzliche Vertriebskräfte waren eingestellt worden und die gesteigerten Taktzahlen von Interessenten- und Kundenbesuchen - gemäß der neuen Vertriebsstrategie, waren die Kostentreiber. Die Kosten waren zum Glück nicht überproportional gestiegen. Erstes Fazit: Alles im grünen Bereich!

Der fiktive Fuhrpark in unserer Mustergeschichte umfasst 120 geleaste Dienstwagen, überwiegend eingesetzt im Vertrieb. Lediglich ein Drittel der Fahrzeuge sind Kollegen im Innendienst und den Führungskräften zugeordnet. Die Kosten dafür: durchschnittlich 700 Euro netto pro Monat.

Große Bandbreite an Laufleistungen

Ein wenig skeptisch wurde der Controller bei seinen Auswertungen der Fahrleistungen. So fand er in den beiden Hauptgruppen Fahrzeuge mit einer großen Bandbreite von Jahreslaufleistungen. Auch die waren schnell begründet: Vor allem die sehr unterschiedlichen Distanzen zwischen Wohnort und Arbeitsplatz waren dafür verantwortlich oder aber unterschiedlich große Vertriebsgebiete.

Auch war ihm aufgefallen, dass es einige Nutzer gab, deren Reports Kostensprünge zeigten: Unfallreparaturen und auch hohe Schadenkosten bei Rückgabe.

Ebenso in anderen Einzelpositionen zeigten sich auffällige Zahlen: Fahrzeugwäschen von 60 Euro pro Monat, Taxikosten von über 100 Euro monatlich oder aber Parkgebühren, die die monatlichen Kraftstoffkosten des jeweiligen Fahrzeugs regelmäßig bei weitem überstiegen.

Unterschiedliche Kilometerkosten

Diese Unterschiede motivierten den Junior-Controller zu weiteren Berechnungen. Spannend erschien ihm, wie hoch die Kilometerkosten in vergleichbaren Fahrzeugklassen sind.

Nachdem die Jahreslaufleistungen über die Tankdaten und das Reporting der Leasinggesellschaft schnell ermittelt waren und die Leasingverträge regelmäßig auf die reale Fahrleistung hin angepasst wurden, war diese Auswertung schnell erstellt. Das Ergebnis hatte er allerdings so nicht erwartet: Allein im Mittelklassesegment lag die Bandbreite der Kilometerkosten von 40 bis zu über 60 Cent! Und es waren nicht nur die sehr unterschiedlichen Fahrleistungen für diese Differenz verantwortlich!

Bei genauerem Blick auf die Reisekosten verschiedener "Kilometerkosten-Spitzenreiter" stellte er auch noch andere Reisekosten in beträchtlichem Umfang fest. Dahinter verbargen sich diverse Bahnfahrten oder Flugkosten. Anscheinend wurden die Dienstwagen wenig genutzt und hatten daher relativ hohe Kosten pro Kilometer verursacht.

Nun war sein Ehrgeiz, einen vollständigen Überblick über alle kilometerabhängigen Reisekosten zu gewinnen, geweckt. Denn es könnte ja sein, dass seine Kollegen mit "negativen Ausreißern" in den Fahrzeugkosten in Summe dennoch sehr wirtschaftlich unterwegs sind. Auch die eine oder andere Bahncard hatte er ausgemacht.

Aber das war auch der Moment, in dem sich offenbarte, dass es mit den Daten des Controllings doch nicht zum Besten bestellt war. Auswertungen zu Reisekostenabrechnungen: Fehlanzeige! Kreditkartenabrechnung: Fehlanzeige! Bahn-Portal: ebenso!

Also entschied sich der Nachwuchs-Controller für die "Ochsentour": Er ermittelte alle Reisekilometer mit allen Verkehrsmitteln über die Dauer eines Jahres und berechnete die Durchschnittskosten pro Kilometer. Um den Aufwand und die Anzahl seiner Überstunden in Grenzen zu halten: nur für die Vielreisenden und nur im Inland. Das Ergebnis überraschte ihn: Plötzlich sind einige der Firmenwagen-Kostentreiber diejenigen mit den geringsten Kilometerkosten.

Produktivität auf Dienstreisen

Mit diesen Zwischenergebnissen konfrontierte er "bei Tisch" eine Gruppe von Vertrieblern."So kannst du das nicht rechnen", war einer der Kommentare."Wenn du ein echtes Ergebnis ermitteln willst, gehört dazu auch die Berücksichtigung der Produktivität auf Dienstreisen: also die Zeit, die uns im Auto, in der Bahn oder im Flieger zum Arbeiten bleibt."

Mit ihnen kam er zu folgenden Produktivitätsgraden: Auto 20 Prozent (Telefonate), Flug 40 Prozent (Mails vor Abflug und Telefonate) und Bahn 70 Prozent (Mails und Abarbeiten von Besuchsberichten, Termin- und Meetingvorbereitungen).

Auf dieser Basis berechnete er jetzt die echten Reisekosten. Mit einem angenommenen Stundensatz für Arbeitskosten waren die Kosten für unproduktive Zeiten zu ergänzen. Und schon ergab sich ein ganz anderes Bild: Hier kamen jetzt die Bahnfahrer und Flugreisenden wieder in die Gefilde vergleichsweise günstiger Reisekosten. Diese Auswertung veranlasste ihn dann auch noch zu einer Analyse der "Rennstrecken" seiner Vielfahrer und deren Potenzial für die Nutzung der Bahncard 50 oder 100.

Vermeidbare Reisen

Dann interessierte er sich auch noch für einen Vergleich bei Nutzung von besonderen DB-Angeboten, ÖPNV-Tickets, Mitfahrgelegenheit über Blablacar, Flixbus und Call-a-Bike und Carsharing. Ihm war klar, dass er damit besser nicht argumentieren sollte.

Wäre es nicht auch zeitgemäß, im Vertrieb über regelmäßige Telefonkontakte nachzudenken? Auch die Möglichkeit, sich für Meetings und Arbeitsgruppen dank Skype gar nicht erst fortzubewegen, behielt er vorsichtshalber für sich. Es erschien ihm klüger, das Potenzial vermeidbarer Geschäftsreisen nicht schon jetzt zum Thema zu machen. Aber mit seinem Vorschlag, sich mit dem gesamten Mobilitätsmanagement, der Wahl der Verkehrsmittel und der Produktivität auf Geschäftsreisen zu beschäftigen und darauf gezielt Einfluss zu nehmen, konnte er punkten.

Wäre es auch denkbar, dass ein Firmenwagennutzer seine Wegstrecken künftig auf Blablacar anbietet und somit nicht nur unterhalten wird, sondern auch noch eine Beteiligung an den Kraftstoffkosten erhält? Versicherungstechnisch schwierig: Ja! Aber doch nicht unlösbar?

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