_ Der Renault Scénic ist der Pionier seiner Klasse. Gut, einzelne Exemplare der Gattung Kompaktvan wie der Honda Civic Shuttle oder der Nissan Prairie bevölkerten die europäischen Straßen schon vor seinem Debüt 1996. Der richtige Durchbruch gelang dem Segment aber erst mit dem Mégane Scénic, wie der Franzose zu Beginn noch hieß. In Zeiten heiß begehrter SUVs hält Renault dem Van die Treue, Scénic Nummer vier ist seit Ende 2016 auf dem Markt. Optisch zollt aber auch er dem SUV-Trend Tribut.
Das Testauto
Unser Test-Scénic fuhr als mittelgroßer 130-PS-Diesel und Sechsgang-Handschaltung in der Topausstattung Bose Edition vor. Startpreis: 25.958 Euro. An Bord sind dann Einparkhilfe vorn und hinten, Navi mit 8,7-Zoll-Touchscreen, elektrisch klappbare Außenspiegel, 20-Zoll-Leichtmetallfelgen, Bluetooth, DAB, Bose-Soundsystem, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, schlüsselloser Zugang und Start oder Nebelscheinwerfer. Außerdem gibt es einen Fernlichtassistenten, den Spurhaltewarner, Licht- und Regensensor sowie die Verkehrszeichenerkennung. Als Extras gönnte Renault unserem Testexemplar unter anderem das Night-Paket mit Voll-LED-Scheinwerfern, Kurvenlicht und Head-up-Display (1.000 Euro), das Safe-Cruising-Paket mit adaptivem Tempomaten, Abstandswarner und aktivem Spurhalteassistenten (664 Euro) oder das Easy-Parking-Paket mit teilautomatischem Parkassistenten, 360-Grad-Einparkhilfe, Rückfahrkamera und Totwinkelassistent (748 Euro). Prägnante Einzeloption war die Zweifarblackierung (honiggelb mit schwarzem Dach; 1.000 Euro).
Karosserie
Klassisches Kastendesign war nie Kennzeichen des Galliers, die aktuelle Generation setzt aber in besonderem Maße auf modischen Style. Das fließend gezeichnete Design gibt sich - besonders in Zweifarblackierung - futuristisch, und mit seinen immer 20 Zoll großen Rädern sucht der Scénic optisch unmittelbare Nähe zu den trendigen SUVs. Das alles sieht chic aus - behindert aber die Sicht nach außen. Gerade beim Blick nach hinten rechts ist man - ohne das Easy-Parking-Paket mit dem Totwinkelwarner - aufgeschmissen. Außerdem fehlt dem Scénic das, was einen Van doch eigentlich ausmacht: Platz. Zwar sitzt man vorn angenehm und kommod, Fondpassagiere müssen aber die Beine anziehen. Trotz verschiebbarer Rückbank ist der Knieraum arg begrenzt.
Interieur
Das Außendesign setzt sich innen fort. Das Cockpit ist stylisch bis futuristisch gezeichnet. Typisch für aktuelle Renault ist der - im Testwagen 8,7 Zoll große - vertikal angeordnete Touchscreen. Er sitzt im oberen Teil der aufgesetzten Mittelkonsole, die im Zusammenspiel mit der großen Frontscheibe und den Seitenfenstern in der A-Säule an eine Pilotenkanzel erinnert. Aus unserer Sicht nicht so gut: Die Menüführung des Infotainment- und Navigationssystems. Erst nach längerer Fahrt stellte sich hier ein Gewöhnungseffekt ein. An anderen Stellen überraschen die Franzosen positiv mit pfiffigen Lösungen: So lässt sich der untere Teil der Mittelkonsole verschieben und das Handschuhfach ist als Schublade ausgelegt.
Antrieb
130 Diesel-PS reichen im Scénic zweifelsohne auch für zügige Langstreckenfahrten. Das maximale Drehmoment von 320 Newtonmeter liegt bei 1.750 Umdrehungen an, und ab da zieht der Scénic schnurstracks los. Vom Band rollt der mittlere Diesel ausschließlich als Handschalter, die wir jedoch als hakelig und wenig exakt geführt empfanden. Unabhängig davon werkelte der Diesel im Scénic wenig hörbar vor sich hin - mit einer Ausnahme: Bei rund 2.600 Umdrehungen im sechsten Gang und etwa 130 km/h waren deutlich Motorengeräusche vernehmbar. Hier wünschten wir uns quasi einen siebten Gang, um in einen akustisch angenehmeren Drehzahlbereich zu schalten. Nichts zu meckern gab es beim Verbrauch, der trotz einiger schnellerer Autobahnetappen bei glatten sieben Litern lag.
Fahrpraxis
Als Reisewagen eignet sich der Scénic auf jeden Fall. Wer Langstrecken mit ihm absolviert, steigt entspannt aus. Dazu tragen auch die straffen, aber doch komfortablen Sitze bei. Lediglich der Seitenhalt dürfte bei enger Kurvenfahrt ausgeprägter sein. Ebenfalls straff zeigt sich das Fahrwerk. Etwas holprig ist es nur auf kurzen Unebenheiten bei Stadtgeschwindigkeiten, bei höherem Tempo federt es komfortabel ab. Störend fielen uns folgende Dinge ins Auge: Der Scénic nervt bei Autobahn-Richtgeschwindigkeit mit unüberhörbaren Windgeräuschen, und bei starkem Regen behindern ab etwa demselben Tempo Wasserverwirbelungen außen den Blick in die Seitenspiegel.
Autoflotte-Tipp
Der immer handgeschaltete 130-PS-Diesel ist keine schlechte Wahl für den Scénic. Schaltfaule Fahrer greifen zum Energy dCi 110 oder zum Energy dCi 160. Ausstattungsseitig reicht der Intens ab 24.277 Euro. An Bord sind dann ein DAB-Radio oder ein Infotainmentsystem, im Vergleich zur Bose Edition fehlen das Bose-Soundsystem, das Navigationspaket oder das Relaxpaket mit Massage-Fahrersitz. Letztere würden wir für 664 beziehungsweise 496 Euro dazubestellen, dann bleiben wir immer noch unter dem Bose-Edition-Einstieg. Außerdem hätte unser Scénic
- das Night-Paket (1.000 Euro)
- ein Sicherheitstrennnetz (168 Euro)
- Metalliclack (546 Euro) und
- das Easy-Parking-Paket unter anderem mit Rückfahrkamera und Totwinkelwarner (748 Euro)
So kämen wir auf insgesamt 27.899 Euro. Und wer mehr Platz braucht, wählt für 1.092 Euro die Langversion Grand Scénic.
Details
Stärken & Schwächen
Stärken- Schickes Design- Pfiffige Innenraum-Lösungen- Ruhiger und agiler MotorSchwächen- Wenig Platz- Hakelige, unpräzise Schaltung- Infotainment mit verbesserungswürdiger Bedienstruktur
- Ausgabe 07/2017 Seite 35 (422.2 KB, PDF)