Der britische Online-Gebrauchtwagenhändler Cinch hat eine massive Finanzspritze erhalten: Eine Milliarde britische Pfund (rund 1,163 Milliarden Euro) pumpt ein Investorengremium bestehend aus den Staatsfonds von Abu Dhabi (ADIA) und Singapur (GIC), der Investment-Firma Neuberger Berman und Starinvestor George Soros in den Cinch-Mutterkonzern Constellation Automotive Group.
Zu Constellation gehören neben Cinch auch die Auto-Ankaufsplattform "WeBuyAnyCar" und die auch in Deutschland sehr aktive B2B-Auto-Auktionsplattform BCA. Cinch, das nicht nur eigene Autos verkauft, sondern auch als Marktplatz für Händler, Hersteller und Leasinganbieter fungiert, ist seit Oktober 2020 am Start. Die Briten bieten neben Kauf auch Finanzierung und Haustürlieferung ihrer Fahrzeuge an. Seit seinem Start verzeichnet Cinch nach eigenen Angaben monatliche Wachstumsraten von durchschnittlich 45 Prozent. Einer aktuellen Mitteilung zufolge rechnet Cinch in seinem ersten Jahr bereits mit 45.000 verkauften Autos. Befeuert wurde die schnelle Expansion unter anderem durch massives Marketing – vor allem im Sportbereich. Dort ist Cinch beispielsweise als Sponsor von Tottenham Hotspur aktiv.
Das Ziel: "führender digitaler Disruptor" werden
Mit dem frischen Investorengeld soll nun die weitere Expansion in Großbritannien und Europa finanziert und der dortige Gebrauchtwagenmarkt aufgerollt werden. Britischen Medienberichten zufolge ist das Investment die größte jemals getätigte Private Equity Finanzspritze für ein britisches Unternehmen. Ursprünglich sei nur eine halbe Milliarde Pfund geplant gewesen. Dass es nun doppelt so viel wurde, spricht für die Hoffnungen, welche die Investoren in den Markt setzen. Thibaut Large vom Constellation Mehrheitseigentümer TDR Capital erklärte: "Der 400 Milliarden Euro schwere europäische Gebrauchtwagenmarkt steht am Beginn einer massiven digitalen Transformation – ähnlich wie sie so viele andere Einzelhandelsbranchen bereits erlebt haben". Constellation sei nun in der Lage, diese Transformation anzuführen. Man wolle der "führende digitale Disruptor" auf dem europäischen GW-Markt werden, so Large.
Nicht die erste Geldlut für einen Online-Gebrauchtwagenhändler
Mit diesem Vorhaben ist er allerdings längst nicht allein: Der britische Cinch-Konkurrent Cazoo hat bereits Anfang April einen sieben Milliarden Dollar (ca. 5,744 Milliarden Euro) schweren Zusammenschluss mit dem an der New Yorker Börse (NYSE) notierten SPAC (Special Purpose Acquisition Company) bekannt gegeben. SPACs sind Mantelgesellschaften, die zunächst von Anlegern Kapital über einen Börsengang einsammeln und dieses anschließend in die Übernahme eines Unternehmens investieren. Durch den Deal erhielt Cazoo nach Aussage von Chef Alex Chesterman fast eine Milliarde US-Dollar an Kapital, das in das Wachstum des Online-GW-Händlers fließen soll. Und auch die deutsche Auto1 Gruppe will nach ihrem 1,7 Milliarden-Euro-Börsengang 750 Millionen Euro in das Wachstum ihres Online-GW-Händlers Autohero stecken. Wer sich am Ende durchsetzt, ist vor diesem Hintergrund also völlig offen. Entscheidend dürfte dabei auch sein, wie sich der etablierte Autohandel verhält. (aw)