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Autonomes Fahren: Gewaltige Veränderungen

08.03.2018 10:00 Uhr
Autonomes Fahren: Gewaltige Veränderungen
Etwa 400 Milliarden Stunden verbringen Autofahrer heute am Steuer – im Roboterwagen künftig könnten sie diese Zeit frei nutzen.
© Foto: Daimler

Weniger Verbrauch und Unfälle, niedrigere Betriebskosten, mehr frei verfügbare Zeit – Schweizer Experten haben die Vorteile autonomer Fahrzeuge durchgerechnet.

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Mit selbstfahrenden Autos auf den Straßen könnte die Menschheit nach Ansicht von Schweizer Wissenschaftlern jedes Jahr gigantische Summen sparen. 30 Prozent weniger Sprit- oder Stromverbrauch, 90 Prozent weniger Unfälle und frei verfügbare Zeit im Wert von bis zu vier Billionen Euro seien wahrscheinlich, sagte Andreas Herrmann von der Universität St. Gallen am Mittwoch auf dem Genfer Automobilsalon. "Autonomes Fahren wird unser tägliches Leben gewaltig verändern. Und wir können die gesellschaftlichen Kosten dramatisch verringern."

Heute seien weltweit 1,2 Milliarden Autos auf den Straßen unterwegs, jedes im Durchschnitt knapp eine Stunde am Tag. Ein Drittel des städtischen Verkehrs sei Parkplatz-Suchverkehr, erklärte Herrmann. Das vernetzte, autonom fahrende Auto müsse aber nicht mehr suchen, könne enger parken und auf der Straße dichter fahren. In Deutschland sei heute eine Fläche von der Größe Schleswig-Holsteins Verkehrsfläche – das könne deutlich weniger werden.

Bei Verkehrsunfällen kämen jährlich 1,2 Millionen Menschen zu Tode, meist durch menschliche Fehler. Etwa 400 Milliarden Stunden verbrächten Autofahrer heute am Steuer – künftig könnten sie diese Zeit frei nutzen. Bei einem Wert von zehn Euro je Stunde kämen jährlich 4.000 Milliarden Euro zusammen. Heute koste ein Kilometer Autofahrt etwa 40 Cent, im rund um die Uhr genutzten Robotaxi würden es nur drei Cent sein – mit einem Werbesponsor sogar ganz ohne Kosten.

Ein Selbstläufer für die Autoindustrie werde die Entwicklung allerdings nicht. Um den Kampf mit Internet-Riesen wie Google zu bestehen, müssten sich die Hersteller zu Software-Unternehmen wandeln, sagte Hermann. Die Konkurrenz aus dem Netz wolle sofort das völlig autonome Auto, weil es gewaltige neue Geschäftsfelder eröffne. Audi, BMW, Mercedes, Volvo und chinesische Autobauer sieht er beim autonomen Fahren gut auf Kurs – Renault und Fiat weniger.

Neue Herausforderungen

Selbstfahrende Autos sind auf der Genfer Messe allgegenwärtig, allerdings überwiegend nur in Form von Konzepten oder Prototypen mit eng begrenztem Einsatzgebiet. Technisch ist vieles schon möglich, trotzdem sind viele Fragen offen. Der Produktionsvorstand des Zulieferers ZF aus Friedrichshafen am Bodensee, Michael Hankel, verwies am Rande der Messe auf neue Herausforderungen für die Sicherheitstechnik. Beispiel: Was bedeutet es für die Sicherheitsgurte und Airbags, wenn sich die Insassen in einem von allein fahrenden Auto mit ihren Sitzen herumdrehen können?

Peter Fuß von der Unternehmensberatung Ernst&Young (EY) sieht ein Problem auf die Branche zukommen, das viele Nutzer bisher nur von ihren Computern oder Smartphones kennen: die Überalterung der Hardware. Die Software könne man updaten, aber angesichts immer komplexerer Systeme und immer größerer Datenmengen gehe irgendwann zwangsläufig die Hardware in die Knie. "Warum sollte ein Auto da anderen limitierenden Faktoren unterworfen sein?", fragt Fuß. "Sie können das sehr aufwendig austauschen, aber das machen Sie bei Ihrem Rechner oder Smartphone ja auch nicht."

Zusammen mit dem Schweizer Autobauer Rinspeed zeigt EY in Genf ein Konzept eines zweigeteilten Fahrzeugs, das das Problem lösen soll: ein autonom fahrender Untersatz plus eine austauschbare, frei konfigurierbare Kabine. Ein wunder Punkt sei die Anfälligkeit selbstfahrender Autos für Hacker-Angriffe, sagte Herrmann. Nicht einmal das Netz der Bundesregierung sei sicher, wie die jüngste Attacke zeige. Kriminelle würden ihren Weg auch ins Auto finden.

Schon bald würden autonome Autos in den USA und Asien fahren, sagte Herrmann. Europa dagegen brauche für die Gesetzgebung sowie für gemeinsame Standards zur Kommunikation unter Autos und zwischen Autos und Infrastruktur noch Zeit. (dpa)

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