Von Autoflotte-Chefredakteur Michael Blumenstein
Ein Jahr, sechs Monate und fünf Tage dauerte es exakt, bis nach dem Fuhrpark-Monitor 2019 wieder eine Autoflotte-Veranstaltung durchführbar war. Am Bilster Berg, in der Nähe von Bad Driburg, fanden Anfang Juni die Autoflotte Fuhrparktage unter dem Motto "Der richtige Antriebsmix macht’s" statt. Denn das, was viele Fuhrparkbetreuende umtreibt, ist das Finden des passenden Antriebs für die dienstwagenberechtigten Personen im Unternehmen sowie für die Poolfahrzeuge und klassischen Funktionswagen.
Denn nicht immer ist das "Allheilmittel" namens Plug-in-Hybrid wirklich eins. Nicht bei jedem passt noch der klassische Diesel ins Fahrprofil oder ist vitaler Teil der Car-Policy und manches Mal sind es eben die Nischenprodukte wie der Erdgasantrieb, die die Kosten senken und gleichzeitig den CO2-Fußabdruck des Unternehmens minimieren. Und zwar nicht nur auf dem Papier und in der Theorie, sondern im vielfältigen Alltagseinsatz im Fuhrpark.
Zwei Marken für die Flotten
Mit Seat und Cupra gibt es zwei Marken bei den Spaniern, die mittlerweile ein Portfolio aufweisen, das an Vielfalt nur schwierig zu überbieten ist und daher kaum Wünsche offen lässt. Dass auch die Fuhrparkverantwortlichen das so sehen, beweist die Tatsache, dass Seat und Cupra auch im relevanten Flottenbereich seit einigen Jahren deutlich und kontinuierlich zulegen. Die Vielfalt spiegelte sich auch am Fuhrparktag wider. Doch bevor es an die Fahzeuge ging, war etwas Theorie angesagt.
Das Intro machten Christian Voß, Leiter Flotten bei Seat und Cupra und Michael Blumenstein (Autoflotte) zusammen – im Gespräch auf zwei roten E-Rollern sitzend, deren Bedeutung für die künftigen Mobilitätsfragen bei der spanischen Doppel-Marke kurze Zeit später den pro Event-Tag jeweils gut 30 Flottenverantwortlichen vor Augen geführt wurde. Denn es gab noch eine News zu verkünden, die den Antriebsmix perfekt ergänzt. Neben den Marken Seat und Cupra habe die Südeuropäer seit Kurzem eine dritte Unit unter der Seat-Dachmarke installiert. Seat Mó heißt diese, was das Label für Mobilität werden wird. Was mit einem kleinen Elektro-Kickscooter im vergangenen Jahr begann, wird nun zu einer Familie weiter ausgebaut.
Denn Mó bedeutet im konkreten Fall auch Motorrad. Seat hat zusammen mit dem spanischen Kooperationspartner Silence ein 125er-Elektromotorrad auf die Räder gestellt. Fahrbar ist der batteriebetriebene Flitzer sowohl mit dem klassischen Motorrad-Führerschein als auch mit dem neuen B196-Führerschein, der ohne Prüfung mit lediglich zehn Fahrstunden machbar ist. Mó schafft bis zu 137 Kilometer Reichweite und fährt rund 100 km/h schnell.
Der Clou ist neben der bequemen Sitzbank, unter die zwei Integralhelme passen, der "mó"-bile Akku, der – wie ein Trolley – hinter sich hergezogen werden kann und einfach wieder einsetzbar ist. Das erleichtert das Aufladen, falls am Stellplatz kein Stromanschluss vorhanden ist. Eine passende Ergänzung zum Antriebsmix, weshalb Mó perfekt ins Programm passte. Genau hinsehen, was passt Das attestierte auch Marco-Oliver Prinzing vom Bundesverband Fuhrparkmanagement (BVF) dem Zweirad, wenngleich sein Fokus auf den Fahrzeugen mit vier Rädern lag.
Doch einfach ist die Auswahl des richtigen Antriebs nicht. Prinzing zeigte auf, wie schwierig es sein kann, die Dienstwagenberechtigten in die richtige Richtung zu führen, ohne anzuecken. Er zeigte auf, wie man firmenintern auch hart vorgehen kann und die Nutzung der mittlerweile so beliebten Plug-in-Hybride so deklariert, dass sie nur die Mitarbeiter wählen, die den Anforderungen entsprechen – vor allem Pendler mit Lademöglichkeit zuhause und im Büro.
Wie das gelingt? Indem die Car Policy klar regelt, dass der Strom kostenfrei für den Dienstwagenfahrer ist, der Kraftstoff wie Benzin oder Diesel hingegen selbst bezahlt werden muss. Wieso? Weil die Dienstwagen-Versteuerung halbiert wurde und so im Jahr schnell bis zu 2.500 Euro Einsparungen für den Nutzer entstehen. Wer nun primär den Phev so nutzt, wie es vorgesehen ist, kommt damit günstig weg, wer hingegen oft erdölbasierten Kraftstoff tankt, dezimiert damit seinen eigenen Steuervorteilsbonus.
Autoflotte Fuhrparktage 2021
BildergalerieAutoflotte Fuhrpark-Tag 2021 - Bilster Berg
Vergesst das Erdgas nicht
Ob das jedoch die einzig richtige Entscheidung darstellt, ist sehr individuell zu entscheiden. Denn Antriebs-Optionen gibt es ausreichend. Prinzing selbst ist ein Fan des Erdgases, sofern die CNG-Motoren mit Biomethan betrieben werden. Dann reduzieren sich nicht nur die Emissionen, sondern auch die Kosten für das Unternehmen auf ein Minimum. Klar, die gut 800 CNG-Tankstellen in Deutschland, von denen fast 80 Prozent mit Biomethan betrieben werden, decken nicht jeden Bedarf ab, doch in vielen Fällen ist es der beste Antrieb für die Unternehmen aus Kosten- und Umweltgesichtspunkten.
Aber selbstverständlich hat auch der klassische Verbrenner seinen Platz im Firmenpool. Denn vor allem am Diesel geht noch immer kein Weg vorbei, wenn die jährliche Kilometerleistung die 40.000er-Marke überschreitet und der Zeitaspekt beim Touren im Vordergrund steht. Dass jedoch gerade auch die vollelektrischen Fahrzeuge hier zunehmend punkten können, zeigte Prinzing anhand eines Berechnungsbeispiels. Der Bev (battery electric vehicle) ist aus Kostensicht unschlagbar, selbst dann, wenn es um das Laden außer Haus geht. Denn sind die Strompreise am Unternehmensstandort und beim Dienstwagenfahrer zuhause berechen- und überschaubar, dann rechnet sich laut Prinzing das Elektroauto fast immer – und das trotz eines Strompreises, der in Europa seinesgleichen sucht. Dass beim Laden außer Haus zahlreiche Unbekannte hinzukommen, wurde aus der Rechentabelle zwar ersichtlich, das änderte aber nichts am Vorteil der Elektrofahrzeuge.
Laden als Schlüsselfaktor
Wie das Laden von E-Autos – egal, ob rein elektrisch oder mit Doppelherz betrieben – gelingen kann, erklärten Justus Linke (Volkswagen Financial Services) und René Meißner (Elli) im Doppelpack. Denn klar ist: Die Infrastruktur ist das A und O ohne die Elektromobilität nicht funktioniert. Als Erfolgsgaranten zählen eine gute Vorbereitung und die Wahl des passenden Partners. Dann findet fast jeder Fuhrpark seinen E-Anschluss als Ergänzung zur aktuellen Flottenstrategie.
Wichtig aus Sicht der Fuhrparkbetreuenden: Es ist schön, wenn alles aus einer Hand kommt, man sich nicht mit zu vielen Vertragspartnern auseinandersetzen muss und das System auf bestehende Module aufbaut. Eine monatliche Rechnung, die alles auf einen Blick aufschlüsselt, gehört ebenso dazu wie die nahtlose Integration weiterer Fahrzeuge und beispielsweise die Erweiterbarkeit der Wallboxen im Unter - nehmen sowie die Austattung "zu Hause" – denn laut Linke finden 55 Prozent der Ladevorgänge von Dienstwagenfahrern in deren privater Umgebung statt.
Dass Volkswagen Financial Services, Elli und Seat sowie Cupra hier Hand in Hand gehen, leuchtet beim Blick ins Volkswagen-Konzern-Universum durchaus ein – und vereinfacht in einigen Fällen eben die Arbeit. "Alles aus einer Hand" ist daher auch ein Slogan von Elli. Reicht eine Ladekarte aus? Dass es durchaus gerade beim Laden außer Haus Herausforderungen gibt, erklärte Peter Siegert vom Energiedienstleister EnBW, die nach eigener Aussage größter Schnellladesäulenanbieter in Deutschland sind. Denn ob eine Lademöglichkeit ausreicht oder man ein besseres Gefühl hat, wenn man eine zweite Ladekarte dabei hat, ist persönliches Empfinden. Ebenso wurde das Thema Bezahlmöglichkeiten auf dem Fuhrparktag heiß diskutiert. Bei einer Umfrage auf autoflotte.de stimmten zuletzt gut 200 Leser darüber ab, welche Lademöglichkeit sie bevorzugen.
Giro- und Kreditkarte lagen dabei klar vor der Plug&Charge-Lösung (also das Auto anstecken und alles weitere wird automatisch erledigt) und der heute üblichen Möglichkeit, via App und Ladekarte zu zahlen. Das Abstimmungsergebnis fiel mit rund 70 Prozent pro Giro- und Kreditkarte aus. Doch Siegert erklärte, was das wirklich bedeutet. Der Beschluss der Bundesregierung, der das Laden mit den üblichen Bezahlkarten, die jeder in der Geldbörse hat, ermöglicht, bedeutet, dass an allen neuen Ladesäulen ein Kassenbelegdrucker direkt am Automat angebracht sein muss, dessen Papierrolle verständlicherweise regelmäßig erneuert werden muss.
Ist das Praxisnah? Nein, klagte Peter Siegert und auch die Teilnehmer am Bilster Berg waren erstaunt, denn viele hörten von diesen Konsequenzen zum ersten Mal. Und es wirkt wie aus einer längst vergessenen Zeit. Vergessen ist das Stichwort, das Duraid El Obeid wohl hin und wieder in den Sinn kommt. El Obeid ist unter anderem Vorstandsvorsitzender der Initiative E-Fuel-Today des MEW Mittelständische Energiewirtschaft Deutschland e.V. E-Fuels, eine weitere Zukunft E-Fuel-Today kümmert sich darum, dass die Kraftstoffalternativen ins Bewusstsein der Menschen kommen. Denn für El Obeid und seine Mitstreiter ist berechtigterweise klar, dass nicht jeder mit einem E-Auto fahren kann und will – auf absehbare Zeit.
Denn eines der Argumente ist, dass zu viele Verbrennerautos, egal, ob Benziner oder Diesel, existieren und auch diese sauberer werden könnten. Möglich machen das E-Fuels oder anders ausgedrückt: synthetische Kraftstoffe. Im April 2021 ergab eine Umfrage der DAT (Deutsche Automobil Treuhand), dass 40 Prozent der potenziellen Pkw-Käufer noch nie etwas von jenen E-Fuels gehört haben und weitere 31 Prozent lediglich den Namen kennen, aber nichts damit verbinden können.
Auf www.efuel-today.com soll daher aufgeklärt werden, welchen Beitrag synthetische Kraftstoffe zur Emissionsreduzierung beitragen können. Der Verein vermittelt auch in Richtung Politik. Denn wenngleich derzeit der Aufwand und die Kosten für synthetische Kraftstoffe noch sehr hoch sind, ist eine Zielgröße von einem Euro pro Liter in der Herstellung (vor Steuern) in naher Zukunft wohl realisierbar. Zum Vergleich: Der Preis pro Liter Benzin liegt derzeit bei rund 60 Eurocent (vor Steuern). 25 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen werden dem gesamten Verkehrssektor zugeschrieben. Wobei dieser neben den Pkw eben auch Schwerlastverkehre sowie Schiff- und Luftfahrten kennt. Es gibt also einen großen Hebel, an dem die synthetischen Kraftstoffe ziehen und etwas bewirken können. Denn E-Fuels sind, wenn sie mit erneuerbarem Strom und aus atmosphärischem CO2 produziert werden, klimaneutral und können als Zugabe oder in Reinform in Verbrennungsmotoren wirken.
Ein weiterer Vorteil: Die Tankstelleninfrastruktur muss nicht verändert werden, es entstehen also keine Zusatzkosten für die Transporte und die Distribution an Endkunden. Der "European Green Deal" ist ein von der Europäischen Kommission Ende 2019 vorgestelltes Konzept mit dem Ziel, bis 2050 in der EU die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren und somit als erster Kontinent klimaneutral zu werden. Ohne einen gesunden Antriebsmix, der alle Möglichkeiten berücksichtigt, wird das nur extrem schwierig und mit Schmerzen an vielen Stellen umsetzbar sein. Vor allem für Deutschland wird es noch knapper, denn hierzulande will "man" bereits ab 2045 klimaneutral agieren.
E-Subventionen
Neben der Zeit dürfte bald auch das Geld für den Aufbau weiterer Testfelder knapp werden. Der Kostenfaktor muss hierbei differenziert betrachtet werden. Denn die aktuellen Subventionen und Maßnahmen zur Förderung der E-Mobilität kosten bereits Milliarden von Euro. Würden diese ebenfalls im Antriebsmix verteilt, ergäbe sich sicherlich ein anderes Bild – auch bei Ihnen im Fuhrpark. Denn sobald ein Plug-in-Hybrid weder mit der Einmalförderung von bis zu 7.500 Euro bedacht werden würde und gleichzeitig das Sparpotenzial bei der Versteuerung des geldwerten Vorteils entfiele, dann werden plötzlich zahlreiche "Alternativen" doch attraktiv.
Die Alternativen in Gänze haben die jeweils 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den beiden Fuhrparktagen am Bilster Berg erleben können. Das war der zweite Teil des Tagesprogramms. Denn Seat und Cupra bieten derzeit eine Bandbreite von Modellen, die vom Funktionswagen über den klassischen Dienstwagen bis hin zur User-Chooser-Wahl eigentlich alles abdeckt. Vom wendigen Stadtflitzer – wie erwähnt ab jetzt auch zweirädrig und elektrisch – bis hin zum supergeräumigen Seat Tarraco bietet kaum ein Hersteller dieses Portfolio.
Vor allem dann nicht, wenn man die wählbaren Antriebsarten mit einbezieht. 57 Modellvarianten gibt es bei Seat, weitere 25 bei Cupra. Einen kurzen Einblick kurz vorm Startschuss gab Steffen Enzenauer, Leiter Produktmanagement bei den Weiterstädtern. Auf die Strecke. Fertig. Los. Am Bilster Berg wurden je 15 Teilnehmer in die "Landstraßen-Gruppe" und die "Rennstrecken-Truppe" eingeteilt. Nach gut einer Stunde wurde gewechselt. So konnten beispielsweise der große Seat Tarraco e-Hybrid (Plug-in-Hybrid) und der Cupra Formentor TDI 4x4 mit DSG sowie der sparsame Seat Leon TGI (Erdgas) im natürlichen Umfeld getestet werden.
Ebenso erging es den Cupra-Versionen auf der Teststrecke. Hier durften Formentor VZ TSI 4 Drive (310 PS), Cupra Leon e-Hybrid (245 PS) und Cupra Ateca VZ TSI 4 Drive (300 PS) zeigen, wozu sie auch fähig sind. Denn wenn diese Fahrzeuge eingeflottet werden, wird wohl kaum jemand mit ihnen auf die Rennstrecken fahren – schön zu wissen, dass sie es können. Das bestätigten nicht nur die zwei Instruktoren – es bestätigten auch die Teilnehmer und es gab wohl niemanden, der nicht ohne ein Grinsen aus den Autos stieg. Das galt übrigens auch für fast alle, die von der Landstraßen-Runde zurückkamen. Kurzum: Seat und Cupra schaffen den Spagat zwischen Alltagsfahrzeugen mit dem gewissen Etwas und denen mit Performance-Gedanken extrem gut. Somit ist in diesem Antriebsmix für jeden Flottengeschmack etwas dabei.