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Dienstwagen: 1-Prozent-Regel - Netto ist nicht Brutto minus X

30.09.2023 06:08 Uhr | Lesezeit: 2 min
Eine Entscheidung des BAG vom 31.5.2023 bezüglich der zu berechnenden Nettoeinkünfte eines Dienstwagenfahrers trägt interessante Punkte in sich.
© Foto: Brian Jackson / stock.adobe.com

Pfändungsfreibetrag: Beim Überlassen des Dienstwagens zur privaten Nutzung ist "netto nicht gleich netto". So können Sie Nachzahlungen vermeiden.

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Zunächst unspektakulär erscheint eine Entscheidung des BAG vom 31.5.2023 (Az. 5 AZR 273/22) bezüglich der zu berechnenden Nettoeinkünfte eines Dienstwagenfahrers, der sein Fahrzeug auch privat nutzen durfte. Doch wie so oft liegt der Teufel im Detail.

Dabei ist es zunächst keine Überraschung, dass die vereinbarte Überlassung eines Dienstwagens an den Arbeitnehmer, den dieser auch privat nutzt, eine Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung und damit ein abzurechnender Sachbezug (§ 107 Abs. 2 Satz 2 Gewerbeordnung) in der Lohnabrechnung des Arbeitnehmers ist.

Dienstwagen: 1-Prozent-Regel

Dass der Wert des Sachbezugs, wenn kein Fahrtenbuch geführt wird, sich grundsätzlich mit 1% des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs (zusätzlich Sonderausstattung) zum Zeitpunkt der Erstzulassung bemisst, ruft bei Fachleuten ebenfalls kein Erstaunen hervor. Ebenso wenig, dass der geldwerte Vorteil für die Nutzung des Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach der sogenannten 0,03%-Regelung (also 0,03% des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer) zu berücksichtigen ist.

Ebenso ist seit Langem anerkannt, dass der unpfändbare Teil des Arbeitseinkommens dem Arbeitnehmer in Geld und damit nicht in Sachleistungen auszubezahlen ist. Nach Satz 5 der oben genannten Norm, die die Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts gestattet, darf allerdings der Wert der Sachbezüge (beziehungsweise alternativ die Anrechnung von überlassenen Waren) die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Dem Arbeitnehmer muss der unpfändbare Teil seines Arbeitsentgelts verbleiben (BT-Drucksache 14/8796 S. 25; BAG vom 24.03.2009 – 9 AZR 733/07, Rn. 16).


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Der konkrete Fall

Ein (ehemaliger) Arbeitnehmer aus Niedersachsen machte gegen seinen (ehemaligen) Arbeitgeber Lohnansprüche, genauer gesagt Auszahlungsansprüche des Nettolohns, geltend. Er forderte für mehr als drei Jahre die Nachzahlung von Nettolohn in Höhe von knapp 30.000 Euro. Hatte das Arbeitsgericht die Lohnzahlungsklage zunächst abgewiesen, verpflichtete das Landesarbeitsgericht den Arbeitgeber zur Zahlung.

Der Arbeitgeber hatte das Bruttomonatsgehalt, den geldwerten Vorteil für die Pkw-Nutzung und die Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte berücksichtigt. Aus dieser Summe hat der Arbeitgeber das Nettoentgelt (also den Lohn nach Abzug der Steuern und der Sozialversicherung) berechnet und die beiden geldwerten Vorteile aus der Fahrzeugnutzung abgezogen.

Wer den Dienstwagen auch für private Fahrten nutzt, muss diesen Vorteil versteuern. Das passiert entweder pauschal mit der 1-Prozent-Regel oder per Fahrtenbuch.
© Foto: Hummel/Stark (Verlag Heinrich Vogel)

Naturalleistung Dienstwagen

Bei der Berechnung der Begrenzung nach § 107 Satz 2 Abs. 5 GewO (Gewerbeordnung) ist die Berechnung des pfändbaren Einkommens nach § 850e Nr. 3 Satz der Zivilprozessordnung vorzunehmen. Es sind Geld- und Naturalleistungen zusammenzurechnen. Zu den Naturalleistungen gehört eben auch die Überlassung des dienstlichen Fahrzeugs zur privaten Nutzung.

Richtungsweisend ist jedoch, dass der nach § 8 Abs 2 Satz EstG anzusetzende geldwerte Vorteil für die Nutzung des Fahrzeugs zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (0,03 %) nach Klarstellung des BAG nicht bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens einzubeziehen ist.

Es handelt sich hierbei nicht um eine Naturalleistung im Sinne der Regelung der Zivilprozessordnung (ZPO), sondern um einen rein steuerlichen Korrekturposten für einen pauschalen Werbungskostenabzug. Dieser ist bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens nach § 850e Nr. 3 Satz der ZPO nicht zu berücksichtigen. Mithin kann sich hieraus ein höherer Auszahlungsbetrag im Nettolohnbereich ergeben, wenn der Abzug durch den Wert der Sachbezüge zu einer Unterschreitung des pfändbaren Einkommens führt. Von dem sich daraus ergebenden Nettoeinkommen darf gem. § 107 Abs. 2 S. 5 GewO ein Nettoabzug für die Zurverfügungstellung des Pkw nur in der Höhe erfolgen, wie es die Pfändungsfreigrenzen zulassen (vgl. zur Berechnung BAG vom 24.03.2009 – 9 AZR 733/07).


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Pfändungsgrenzen

Weiterhin sind die weiteren einschlägigen Regelungen zur Pfändungsfreigrenze und zum pfändbaren Einkommen aus der ZPO nicht zu vergessen. Da die Vorinstanz zu diesen Aspekten (zum Beispiel zu berücksichtigende Einkünfte der unterhaltsberechtigten Personen, etwa des Ehegatten) und den für die Steuerberechnung und Berechnung der Sozialversicherungs-Beiträge erforderlichen Tatsachen nichts festgestellt hatte, wurde die Sache wiederum zur „Nachbesserung“ an das LAG verwiesen.

Es bleibt jedoch bei der Tatsache, dass die Berechnung des Nettolohns nicht einfach durch den Bruttolohn abzüglich der steuer- und sozialrechtlichen Abgabe und minus Sachbezüge / geldwerten Vorteil erfolgen kann. Im Zweifel ist immer der Fachmann zurate zu ziehen, der die richtigen Zusammenhänge der Normen, die bei der Auszahlung des Nettolohns zu berücksichtigen sind, kennt und zu interpretieren weiß. Ansonsten kann es bei dem wohlmeinenden Arbeitgeber, der ein Dienstfahrzeug zur Verfügung stellt, zu erheblichen Nachzahlungen kommen.

© Foto: Michael Blumenstein/Autoflotte

Unsere Autorin

Inka Pichler ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht sowie
Head of Legal Fleet bei der Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH.




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